Coronavirus-Pandemie im Kreis EuskirchenReisebüro Birkenheuer will helfen
- Das Reisebüro Birkenheuer in Euskirchen ist in seinem eigentlichen Geschäftsfeld wegen der Coronavirus-Pandemie zur Untätigkeit verurteilt.
- Deshalb hat Markus Birkenheuer dem Kreisgesundheitsamt ein Unterstützungsangebot gemacht.
- Doch der Kreis reagiert auf den Vorstoß zögerlich.
Kreis Euskirchen – Es sind keine rosigen Zeiten, die die Reisebranche in diesem Jahr durchlebt. „Wenn man von den 800 Stornierungen unserer Kunden einmal absieht, die wir bearbeiten mussten, haben wir gerade nichts zu tun. Das Virus hat uns seit Monaten fast jegliche Geschäftsgrundlage entzogen“, spricht Markus Birkenheuer Klartext.
Der Dom-Escher betreibt seit 20 Jahren in Euskirchen ein Reisebüro. Die drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien wegen der nicht vorhandenen Auftragslage in Kurzarbeit. Denn in diesen von der Corona-Pandemie und dem Lockdown light dominierten Zeiten stünden Reisen nicht gerade oben auf der To-do-Liste.
Misere fing Mitte Januar an
Die Misere habe bereits Mitte Januar angefangen, als in Asien erstmals das Corona-Virus ausgebrochen sei: „Dann kam Ischgl – und es wurde immer schlimmer.“ Doch wer jetzt denkt, dass sich im Büro Frustration oder Tristesse breitmacht, ist schief gewickelt. Dort läuft alles nach dem Motto „Angriff ist in Pandemie-Zeiten die beste Verteidigung“.
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Das neue Feuer, das nun in den Reise-Experten lodert, hängt laut Birkenheuer mit einem Gespräch über die zweite Corona-Welle zusammen, das er kürzlich mit einem Bekannten führte: „Er sagte zu mir '„ihr habt ja wenig zu tun, da könnt ihr doch das Gesundheitsamt unterstützen’“. „Da hat es plötzlich bei mir Klick gemacht“, so der 48-Jährige.
Die Idee war geboren: „Unser aller Ansatz ist es doch, die Pandemie zu bekämpfen. Daran wollen wir uns aktiv beteiligen.“ Gesagt, getan. Vor 14 Tagen, so Birkenheuer, habe er dem Kreis Euskirchen das Angebot unterbreitet, die Taskforce zur Pandemie-Bekämpfung zu unterstützen: „Allerorts klagen Städte und Gemeinden, dass ihre Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Covid-19-Infektionen an die Grenzen ihrer Kapazitäten stoßen. Das ist auch im Euskirchener Kreishaus so.“
Bundeswehrsoldaten helfen im Kreisgesundheitsamt
Das Kreisgesundheitsamt wird ab Montag von der Bundeswehr unterstützt. Wie Landrat Markus Ramers erklärte, werden zehn Mitarbeiter der Truppe bei der Kontakt-Nachverfolgung im Fall eines positiven Corona-Tests eingesetzt.
Fünf Soldaten werden nach Angaben von Ramers im Kreishaus arbeiten, die anderen fünf werden in der Eifelhöhen-Klinik in Marmagen eingesetzt: „Wir entlasten damit unsere eigenen Mitarbeiter.“
Untergebracht werden die Soldaten, die bis zum 4. Dezember im Gesundheitsamt aushelfen, in einem Hotel. (tom)
Ende August hatte der jetzige Landrat Markus Ramers, der zu dieser Zeit noch SPD-Kandidat für dieses Amt war, auf eine bundesweite Umfrage im April bezüglich der personellen Ausstattung der Gesundheitsämter hingewiesen. Demnach kamen auf 100.000 Bürger im Kreisgesundheitsamt lediglich 9,2 Mitarbeiter, also insgesamt 18.
Nur Leverkusen stand nach der Erhebung mit 7,3 Mitarbeitern noch schlechter da als Euskirchen. Als Sofortmaßnahme wurden Mitarbeiter anderer Abteilungen ins Gesundheitsamt abkommandiert – pensionierte Mitarbeiter meldeten sich freiwillig.
Kreis hat bisher nicht reagiert
Doch die Lage scheint sich entspannt zu haben. „Bisher ist es uns gelungen, die Kontaktnachverfolgung mit eigenen Kräften sicherzustellen“, sagt Kreissprecher Wolfgang Andres auf Anfrage. Doch wegen der stetig steigenden Zahl der Corona-Infektionen müsste doch jede helfende Hand vom Kreis mit Handkuss angenommen werden – sollte man meinen.
„Bis auf eine Eingangsbestätigung, die ich vom Kreis erhalten habe, ist bislang allerdings noch nichts passiert“, sagt der Reisebüro-Inhaber. So richtig nachvollziehen kann Birkenheuer das nicht: „Meine Mitarbeiter werden wegen der Kurzarbeit von der öffentlichen Hand bezahlt. Da können wir doch jetzt etwas zurückgeben. Da kann es doch nicht sein, dass unser Angebot auf die lange Bank geschoben wird.“
„Das ist ein tolles Zeichen der Solidarität“, sagt Landrat Markus Ramers auf Anfrage dieser Zeitung. Angesichts steigender Infektionszahlen sei der Kreis sehr dankbar für die Bereitschaft, den hauptamtlichen Kräften unterstützend zur Seite zu stehen, aber: „Aktuell sind wir mit eigenen Kräften und den Verstärkungen ausreichend personell besetzt. Doch keiner weiß, wie sich die Lage noch entwickelt. Daher ist jede Bewerbung willkommen.“
Laut Christian Ramolla, Leiter des Kreisgesundheitsamtes, könne zurzeit etwa in jedem zweiten Fall die ursprüngliche Ansteckungsquelle ermittelt werden. Die Kontaktnachverfolgung habe höchste Priorität.
Birkenheuer ist nach wie vor davon überzeugt, dass seine Reisebüro-Crew beste Voraussetzungen für den Telefon-Einsatz in der Pandemie-Taskforce mitbringt. Der Umgang mit sensiblen Daten, soziale Kompetenz und Flexibilität gehöre zum Job: „Wir sind bereit, neue Wege zu gehen.“
Existenzangst plagt Birkenheuer nicht: „Wir können dank eines Polsters aus der Zeit, als die Reisen boomten, trotz zweiter Welle überleben. Das gilt leider nicht für alle Kollegen.“