Alte Jugendherberge BaasemNeues Ditib-Ausbildungszentrum öffnet am Donnerstag
- Ditib führt in einer alten Jugendherberge zwischen Baasem und Kronenburg künftig Ausbildungen für den Islam durch.
- Religionsbeauftragte sollen dort entsprechend unterricht werden.
Dahlem-Baasem – In der ehemaligen Jugendherberge oberhalb der Kalköfen zwischen Baasem und Kronenburg werden künftig islamische Religionsbeauftragte ausgebildet. Die neue Bildungsstätte wird vom Ditib-Bundesverband (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) betrieben. Zur Eröffnung am Donnerstag (9. Januar) wird mit Dr. Markus Kerber auch ein Staatssekretär des Bundesinnenministeriums erwartet.
Werden in der Immobilie, die 1960 vom Deutschen Jugendherbergswerk gebaut wurde, auch Imame ausgebildet? Auf diese Frage schütteln zwei Tage vor dem Eröffnungstermin in einem der künftigen Schulungsräume vier Vertreter der Ditib die Köpfe. In der Eifel, so erklären sie, werden keine Imame ausgebildet, sondern Religionsbeauftragte.
Die Religionsbeauftragten
Rund 1100 Religionsbeauftragte der Ditib leiten vor Ort die seelsorgerische Arbeit. „Davon sind derzeit ungefähr 120 in Deutschland geboren und sozialisiert worden“, so Zekeriya Altug. Er ist Abteilungsleiter Außenbeziehungen des Ditib-Bundesverbands. An seiner Seite sind die Ausbildungskoordinatoren Eyüp Kalyan und Seyma Nur Akin sowie Seyda Can, die Leiterin der Ditib-Akademie in Köln.
Ditib
Die „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.“, kurz Ditib, wurde 1984 in Köln nach bürgerlichem Recht „für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der in ihr organisierten Gemeinden“ gegründet, so die Selbstdarstellung. Weitere bekannte Religionsverbände, die ebenfalls als eingetragene Vereine organisiert sind, sind etwa der Zentralrat der Muslime in Deutschland oder der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland. Die Ditib gilt als der größte Verband. Mittlerweile gehören dem Dachverband 960 in Deutschland selbstständige Gemeinden an.
Religionsbeauftragte sind laut Ditib in etwa den geistlichen Vorständen einer Pfarrgemeinde vergleichbar: Sie sind für die seelsorgerische Arbeit verantwortlich. Sie können auch Imame sein. Die Predigt ist eine Teildisziplin eines Religionsbeauftragten, er kann sie aber auch delegieren an einen Spezialisten der geistlichen Rhetorik und Koranauslegung. In der ehemaligen Jugendherberge, darauf legen Altug und die Kolleginnen und Kollegen Wert, werde es nicht um die Imamschulung gehen. Die finde derzeit immer noch vor allem in der Türkei statt.
Der Unterricht
Die künftigen Religionsbeauftragten, jeweils bis zu 25 Teilnehmer aus ganz Deutschland, werden nun binnen zwei Jahren zu maximal 18 je zweiwöchigen Seminaren in die Eifel kommen. Sie haben zuvor mindestens ein Bachelor-Studium in islamischer Theologie abgeschlossen und sind 22 bis 25 Jahre alt. In Theorie und Praxis werden sie an die Arbeit in den Moscheegemeinden herangeführt. Die Theorie erfolgt in der Jugendbildungsstätte Kronenburg.
Unterrichtet wird in praktischer Theologie, Gemeindepädagogik, Seelsorge und Spiritualität, in islamischen Wissenschaften, in den religiös-praktischen Diensten und im Koran für die religiöse Praxis. 22 Teilnehmer beginnen Ende dieser Woche ihre Schulungen. „Angeleitet werden sie von ausgebildeten Theologen als Referenten, darauf sind wir stolz“, so Zekeriya Altug.
Deutschkenntnisse sind bei den Studenten Voraussetzung. 7800 Euro Eigenanteil muss jeder Student zahlen. Die Fahrtkosten in die südlichste Ecke von NRW kommen hinzu. Die Ditib erhält für die Nutzung vom Eigentümer der Immobilie, dem Ditib-Dienstleister „Zentrum für Soziale Unterstützung e.V.“, eine Rechnung.
Die Einrichtung
Die neue Bildungsstätte erinnert von außen noch an die Nutzung als Jugendherberge. Eine Aufstockung um ein Obergeschoss, wie vom Eigentümer beantragt, wurde im August vor zwei Jahren von der Gemeinde Dahlem abgelehnt, da dies unverträglich im Außenbereich sei. Dem schloss sich die Kreisverwaltung an. Bis jetzt geht Bürgermeister Jan Lembach (CDU) davon aus, dass die Beantragung einer Nutzungsänderung für die künftige „Internationale Bildungsstätte“ nicht nötig ist. Das Gebäude, das vor 13 Jahren verkauft wurde, stehe ja nach wie vor als Jugendherberge zur Verfügung.
28 Zimmer, darunter 24 Doppelzimmer, stehen zur Verfügung. In den vergangenen Monaten wurde vor allem in den Wohntrakt des zweistöckigen Gebäudes investiert. „Das Inventar ist neu, auch die sanitären Anlagen“, so Seyda Can, Leiterin der Ditib-Akademie in Köln. Auch wurde das Kellergeschoss umgebaut, wo Zwischenwände entfernt wurden, um Platz für große Schulungsräume zu schaffen. Hier befinden sich auch die künftigen Waschgelegenheiten für die vorgeschriebenen rituellen Reinigungen der Gläubigen. Die Kosten für den Umbau wollten die Ditib-Vertreter nicht nennen.
Historie
Eine wechselvolle Geschichte hat das Gebäude. Es gab mehrere Eigentümerwechsel, unter anderem war dort einst ein Sado-Maso-Club beheimatet, in dem auch zu schwarzen Messen eingeladen wurde. Dies sorgte 1998 für Aufregung. Nach einer Razzia zog der Mieter weg.
Zur Freizeitgestaltung stehen draußen ein Bolzplatz, ein Basketballplatz und Ruheplätze auf dem 15.000 Quadratmeter großen Grundstück zur Verfügung. Drinnen gibt’s zwei Kicker und eine Tischtennisplatte im großen Gemeinschaftsraum, der auch als Kantine dient.
Die weitere Nutzung
Hier überschneiden sich die Nutzungszwecke der neuen Bildungsstätte. „Sie wird unseren Jugendlichen und Jugendgruppen auch als Ferien- und Schulungsadresse zur Verfügung stehen“, so Altug. Ende Juni 2019 fand ein „Probelauf“ mit den Vorstandswahlen für den Bund der Muslimischen Jugend, der Nachwuchsorganisation der Ditib, statt. Delegierte aus 15 Landes- und Regionalverbänden kamen in die Bildungsstätte.
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Bleibt da noch Platz für die Nutzung als öffentliche Jugendherberge, die das Haus nach Auskunft der Kreisverwaltung Euskirchen nach wie vor sein soll? Altug glaubt das nicht: „Der Bedarf ist durch die Jugendlichen unserer Moscheen-Gemeinden gedeckt.“
Das Innenministerium
Eine gewisse Spannung erhält die Eröffnungsfeier am Donnerstag durch den angekündigten Besuch von Staatssekretär Dr. Markus Kerber, der in Begleitung von Kazim Türkmen, Vorstandsvorsitzender des Ditib-Bundesverbands, anreisen wird. Nach Angaben eines Ministeriums-Sprechers wird Kerber in seinem Grußwort betonen, „dass es ein Kernanliegen der Islamkonferenz des Bundesinnenministeriums ist, dass die Ausbildung der Imame und des geistlichen Personals in Deutschland unterstützt wird“.
Man wolle bis 2030 sukzessive die Ausbildung der Religionsbeauftragten aus der Türkei ganz nach Deutschland verlegen, bestätigt Altug für den Ditib-Bundesverband die vergleichsweise neue Strategie. Das vorgeschaltete Theologiestudium – derzeit findet es in der Regel in der Türkei statt – ist auch an einigen deutschen Unis möglich. Ein Modellprojekt an der Universität Osnabrück wird vom Bundesinnenministerium mit 400.000 Euro gefördert.
Hinweis:
Die Ditib stand nicht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, wie in einer ursprünglichen Fassung des Textes irrtümlich berichtet wurde. Darauf hat die Ditib hingewiesen. Ein Sprecher des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) bestätigt das: „Die Ditib ist an der Deutschen Islam-Konferenz beteiligt und kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder.“ (rha)