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Kunst- und KulturtageSo hat das neue Konzept der KKK in Kronenburg funktioniert

Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau und ein Mann tragen Sommerhüte. Sie sind von hinten zu sehen, wie sie in einem Haus in Dahlem-Kronenburg Kunstwerke betrachten.

Kunst im Sommer: Im Haus Jovy stellten Monica Breuer und Jennifer Finke Entwurfszeichnungen für die Betonhohlformen ihrer „Freilichtgalerie“ am Kyllradweg aus.

Die Kunst- und Kulturtage in Kronenburg fanden an einem neuen Termin statt und setzten mit viel Musik auf den Festival-Charakter.

Es war ein Risiko, und es klappte so gerade: Die Verlegung der Kronenburger Kunst- und Kulturtage (KKK) vom gewohnten Termin am Tag des offenen Denkmals, der am zweiten September-Wochenende stattfindet, auf das NRW-Sommerferienwochenende Anfang August bezahlte das veranstaltende Freie Forum Kronenburg zwar einerseits mit dem Verlust zahlreicher Kunstfreunde. Andererseits scheint das neue Konzept, das vor allem auf Livemusik setzt, aber aufzugehen.

Anders kann man etwa die Begeisterung des Publikums am Ende des zweistündigen Konzerts des saarländischen Silent Explosion Orchestra kaum deuten. Diese Big Band besteht aus 19 Musikstudenten und jungen Profimusikern unter Leitung und mit Arrangements des in Kronenburg lebenden Jazz-Dozenten und Arrangeurs Frank Reinshagen. Die Mischung aus Duke Ellington, Thelonious Monk oder Snarky Puppy sorgte für verschiedenste, immer hörbare Spielarten des Jazz im schönen Open-Air-Ambiente im Innenhof des Hauses für Lehrerfortbildung.

Nur ein altes Haus in Kronenburg wird für die Kulturtage geöffnet

Kultur braucht Räume – und die Kronenburger Kunst- und Kulturtage boten sie auch in der 28. Auflage, allerdings an deutlich weniger Adressen als einmal gewohnt. Wurden vor Jahren noch in zahlreichen der alten Häuschen im Burgbering die Türen geöffnet, um Ausstellungsflächen zu bieten, ist es 2024 eigentlich nur noch eins.

Frank Reinshagen steht in der Mitte und dirigiert ein Oechester, das links zu sehen. Rechts ist ein Teil des Publikums in einem Innenhof in Dahlem-Kronenburg zu sehen.

Das Silent Explosion Orchestra unter der Leitung von Frank Reinshagen war einer der Hauptacts im Konzertteil der Kronenburger Kunst- und Kulturtage.

Der Musiker Tom Dolan steht vor dem Nordtor in Dahlem-Kronenburg und spielt auf einer Gitarre.

„Gute Vibrations“ will Tom Dolan aus dem niederländischen Vaals bringen. Er spielte vor dem Nordtor auf der Gitarre Beatles-Klassiker.

Dan Hepperle steht vor drei Kunstwerken und spielte auf einer japanischen Shakuhashi-Flöte.

Dan Hepperle zeigte seine meditative Kunst und spielte dazu auf der japanischen Shakuhashi-Flöte.

Im Haus Jovy zeigten Monica Breuer und Jennifer Finke Entwurfsarbeiten ihrer Freilichtgalerie am Kyllradweg in Kronenburgerhütte. Dort hatte praktisch nebenan Dietrich Schubert eine Fotoausstellung im ehemaligen Kronenburger Bahnhof geöffnet. Beide Adressen waren bei dem am Sonntag parallel zu den KKK stattfindenden Radaktionstag auf dem Kyllradweg zwischen dem belgischen Büllingen und Jünkerath an der oberen Kyll gut besucht.

Auch diese Neuerung, die KKK aus dem Bereich des historischen Ortskerns oben auf dem Berg hinab ins Kylltal zu verlängern, war für die Veranstalter ein Risiko. Eine andere Traditionsadresse wie das sehenswerte Kunstkabinett der Dr. Axe-Stiftung lebt schon lange damit, dass sie außerhalb der Hauptmeile der KKK- Besucher zu finden ist und trotzdem ihr Publikum hat. In diesem Jahr bot die Stiftung ihre Tenne als Pop-up-Kino für zwei Abende mit zwei Eifel-Dokumentarfilmen von Dietrich Schubert und zwei Jazz-Musikfilmen an.

Kronenburg bot den Gästen viel Hörens- und Sehenswertes

Die beiden Hauptveranstalter Pit Igelmund und Martin Schöddert bewiesen also Mut. Das galt auch für die Verlängerung der KKK auf sechs Tage, vom 6. bis zum 11. August, und die Einführung eines Festivaltickets für insgesamt vier Jazz- und Swingkonzerte sowie vier Kinofilme. Man habe auf Anhieb gut ein Drittel der Einnahmen aus dem KKK-Pass generiert, freute sich Schöddert.

Musikalisch waren so neben dem Silent Explosion Orchestra das Maik-Krahl-Quartett und das Martin-Sasse-Trio jeweils mit CD-Release-Konzerten zu hören. Dazu gab es am Sonntag als Gute-Laune-Frühschoppen Joe Wulf und seine Gentlemen of Swing mit Gastsängerin Angela van Rijthoven sowie am Samstagnachmittag den Musikverein Kronenburg in der Alten Schule. Kronenburgs neue Gute Stube diente auch als Galerie mit Werken von Nina Klinkhammer, Reinhold Müller und Rietje van den Berg.

Martina Werheit aus Köln steeht an einer von ihr gefertigten Steinskulpturen. Diese trägt denTitel „Rose“ aus besteht aus grünem Marmor.

Martina Werheit aus Köln stellte Steinskulpturen aus, auch die „Rose“ aus grünem Marmor.

Zwei Männer, Martin Schöddert (links mit einer schwarzen Schulterschlinge) und Pit Igelmund, stehen an einem Plakataufsteller der Kronenburger Kunst- und Kulturtage.

Martin Schöddert (links) und Pit Igelmund waren mit dem Verkauf des erstmals angebotenen Festival-Passes zufrieden.

Kultur braucht Räume – und die gibt es in geradezu idealtypischer Form im heutigen Haus für Lehrerfortbildung, das bekanntlich eine umstrittene Vorgeschichte aus der Zeit des Nationalsozialismus als „Hermann-Göring-Meisterschule“ hat. Hier zeigten bei den KKK Gisela Groß, Martina Werheit, Kurt Waldvoel, Leslie West, Tina Schöddert und Dan Hepperle ihre Arbeiten.

Tina Schöddert bespielte mit ihrer Installation „BLIND“ den halben Innenhof: 30 an Stahlseilen befestigte, weiße Stoffbahnen sind mit Begriffen in Klar- und Blindenschrift bedruckt. Begriffe wie Toleranz und Demokratie, aber auch Fake-News, Polemik und Rechtsruck sind vertikal zu lesen und flattern im Wind. „Ich möchte Hoffnung und Freiheit symbolisieren“, so Schöddert, „und mich bewusst gegen gesellschaftliche Blindheit, Respektlosigkeit und Anfeindung wenden.“

Das inhaltliche Konzept der „neuen“ KKK sollte beibehalten werden

Dan Hepperles 19 meditative, abstrakt reduzierte Gemälde ziehen die Betrachter schnell in ihren Bann. Der Künstler spielt dazu die japanische Shakuhachi-Bambusflöte. Die brachte er auch bei der Eröffnungsfeier der KKK in der Alten Schule zum Klingen. Dahlems Bürgermeister Jan Lembach und die stellvertretende Landrätin Christine Bär lobten das ehrenamtliche Engagement der KKK-Macher und ihres Teams. Bär wies auf die widerständige Rolle von Kunst hin, die auch auf gesellschaftliche Missstände hinweist.

Kunst- und Kulturtage unter neuen Vorzeichen und mit neuem Termin – doch ein Versäumnis hat sich gehalten: Der Kunststall von Wolfgang Martens, der ebenfalls am Wochenende geöffnet hatte, war im Programmflyer keiner Erwähnung wert. Damit tut man Martens, der einer der Gründer der KKK war, bei allen inhaltlichen Divergenzen schlicht unrecht. Vielleicht ist der Fehler ja bei der 29. Ausgabe 2025 behoben.

Für das kommende Jahr müssen die Macher überlegen, ob es wirklich eine gute Idee ist, den Publikums-Booster „Tag des offenen Denkmals“ aufzugeben. Dem Zuspruch hat das dieses Mal nicht gutgetan. Der Burgbering wirkte zeitweise wie verwaist. Es gibt natürlich Gründe für die Vorverlegung: Im September herrscht im Haus für Lehrerfortbildung des Landes NRW normalerweise Seminarbetrieb. Für die KKK ist da wenig Platz.

Andererseits haben die Kronenburger Kunst und Kulturtage in den vergangenen Jahren so manche Häutung überstanden. Warum nicht auch eine Terminrolle rückwärts? Das erstmals ausprobierte neue inhaltliche Konzept allerdings sollte beibehalten werden.