Bis 2026 wird in drei Abschnitten im ehemaligen Kloster gebaut. Ein katholischer Verein investiert 2,5 Millionen Euro.
Maria FriedenSo wird das ehemalige Kloster in Dahlem umgebaut
In drei Bauabschnitten wird aus dem vor gut einem Jahr von den Trappistinnen verlassenen Kloster Maria Frieden eine neue Adresse für von Wohnungsnot betroffene oder bedrohte Frauen. 30 Zimmer sollen bis 2026 entstehen. Investor und Käufer der weitläufigen Klosteranlage ist der Rheinische Verein für Katholische Arbeiterkolonien aus Aachen, der in der Region durch das Clemens-Josef-Haus (Vellerhof) bei Blankenheim seit Jahrzehnten bekannt ist.
„Die Lage, das was wir hier planen, die Atmosphäre des ehemaligen Klosters – das alles passt zu uns“ so Vereinsvorstand Frank Brünker. Er und Vellerhof-Geschäftsführer Werner Hoff sind überzeugt. Brünker öffnet die Tür zur ehemaligen Klausur der Zisterzienserinnen strenger Observanz. Er betritt fast beiläufig den einstigen exklusiven Rückzugsraum der Schwesterngemeinschaft, die sich oberhalb von Dahlem zurückgezogen hatten und nach dem Schweigegebot lebten.
Vor einem Jahr sind die Trappistinnen nach Steinfeld gezogen
Am 22. Juni 2022 haben die Trappistinnen Maria Frieden – erbaut und erweitert in den 1950er- und 1960er-Jahren für einst 40 Ordensschwestern – verlassen. Das Kloster war zu groß für nur noch zehn Schwestern. Es wurde ein Investor gesucht, der sich dem Geist und der Geschichte des Hauses verpflichtet fühlen würde.
Wo Frauen in selbstgewählter Abgeschiedenheit ein ihrem Glauben geweihtes Leben führten, sollen nun Frauen, die fast alles verloren haben, ein neues und geschütztes Zuhause finden, das ihnen die Chance für ein strukturiertes Leben gibt. „Wir sind davon überzeugt, dass die Abgeschiedenheit und wohltuende Ruhe in Maria Frieden den wohnungslosen Frauen helfen wird, ihrem Leben einen neuen Impuls zu geben, neue Kraft zu tanken und der Hektik der Städte ein wenig zu entfliehen“, so Werner Hoff.
Ja, man habe sich mit dem Kauf schon was aufgeladen, geben Hoff und Brünker zu. Doch dann erklären sie beim Gang entlang der ehemaligen Klausurzimmer, was ihnen so alles vorschwebt in den alten Mauern. Wo einst etwa Besucherzimmer mit der großen, holzgetäfelten Öffnung in der Wand den Übergang zwischen der Welt draußen und der des Klosters markierte, sollen nun Funktionsräume entstehen. Ein Klausurzimmer bleibt erhalten, wie es ist. „Das gehört zur Geschichte des Klosters einfach dazu“, sagt Brünker.
Die Sanierung in Dahlem dauert bis 2026 und kostet 2,5 Millionen Euro
Drei Bauabschnitte sind zur Sanierung der Anlage geplant. Wo Jahrzehnte Stille herrschte, wuseln jetzt die Handwerker. Im alten Gästehaus sollen zehn Zwei-Zimmer-Wohnungen für wohnungslose Frauen schon im Juli bezugsfertig sein. Alleine dieser Abschnitt wird rund eine Million Euro kosten. Anfang des kommenden Jahres und bis Mitte 2025 soll der zweite Bauabschnitt folgen und weitere 20 Wohnungen entstehen. Ab 2025 werden die Wirtschaftsgebäude saniert. „2026 wären wir froh, wenn wir bei Abschluss aller Arbeiten bei rund 2,5 Millionen Euro landen“, so Brünker.
Eine der vielen Aufgaben ist der Bau der Zwei-Zimmer-Wohnungen. Wände werden durchbrochen, damit aus zehn Zimmern fünf Wohnungen mit je einem Wohn- und Schlafraum und Bad werden. Im gesamten Kloster werden zudem alle Versorgungsleitungen erneuert. Und unweit der einstigen Pforte wurde ein 50.000-Liter Löschwassertank verbuddelt, um einen ausreichenden Vorrat sicherzustellen. „Das Kloster war im Prinzip ja ein privater Wohnraum. Jetzt wird daraus ein öffentlicher“, so Werner Hoff zum Tankbau.
In der Klosterkirche finden weiterhin Gottesdienste statt
Ein Baudetail im Kloster ist dabei ein Kuriosum: Ein Verbindungsgang hat an einem der beiden Zugänge nur eine Deckenhöhe von 1,70 Metern. Es ist ein Baumangel, der offenbar in Kauf genommen wurde. Die Schwestern haben handgeschriebene Warnaufkleber angebracht: „Vorsicht, sehr niedrige Decke“.
Kein Kuriosum ist die überraschend große und hohe Klosterkirche mit der Gästekapelle. Die Schwestern haben sogar einige Missale dagelassen. Nicht ohne Hintersinn: Denn an drei Dienstagen im Monat findet um 10 Uhr eine Eucharistiefeier statt, die von den Dahlemern gerne besucht wird, so Hoffs Beobachtung: „Die Menschen interessiert eben, was hier geschieht.“ Pfarrer Andreas Züll von der GdG Blankenheim-Dahlem hat es begrüßt, dass das Kloster in neuer Nutzung von einem christlichen Sozialwerk weitergeführt wird.
Der Backofen könnte fürs Schaubacken genutzt werden
Bis zur Fertigstellung wird die Küche in Maria Frieden vom Vellerhof beliefert – danach wird, wie über Jahrzehnte hier im Kloster üblich, zur Selbstversorgung zurückgekehrt. Gemüsebeete sind im hinteren Teil des Klostergeländes denkbar. Ein Hühnerstall, eine kleine Schaffarm, auch eine kleine Schreinerei sollen aufgebaut werden. Die Schnapsbrennerei für den Klostertropfen jedoch wird wohl nicht wiederaufgenommen. Dafür könnte der große Backofen an Wochenenden fürs Schaubacken aktiviert werden.
Eine teilweise öffentliche Nutzung ist in einem der beiden Gebäude der ehemaligen Schäferei vor dem eigentlichen Klostergebäude mit einem Wochenendcafé denkbar. Im anderen Häuschen vielleicht eine in Zusammenarbeit mit Vogelsang konzipierte Gedenkausstellung zur Geschichte des Klostergeländes in der NS-Zeit als Zwangsarbeiterlager.
Der Friedhof am alten Dahlemer Kloster wird 70 Jahre erhalten
Die Trappistinnen von Maria Frieden, die das ehemalige Benediktinerinnenkloster Maria Heimsuchung in Steinfeld übernommen haben, können jederzeit ihren alten Klosterfriedhof besuchen, um der dort bestatteten Schwestern zu gedenken. „Das haben wir in den Kaufvertrag genauso aufgenommen wie die Zusicherung, den Friedhof für die nächsten 70 Jahre zu erhalten“, so Frank Brünker.
Werner Hoff öffnet derweil am Ende des Rundgangs eine Tür im zweiten Obergeschoss: In einem hellen Arbeitsraum stehen sechs große Handwebstühle in dichter Reihe hintereinander. Hier wurden bis zuletzt Paramente gewoben. „Auf den Webstühlen liegt noch die letzte Arbeit, die die Schwestern begonnen hatten, bevor sie das Kloster verließen“, so Hoff. Er blickt auf die Schiffchen und die bunten Fäden. „Das wirkt so, als wären die Schwestern gerade von ihrem Arbeitsplatz aufgestanden und in die Pause gegangen.“
Hoff und Brünker wollen die scheinbar unvermittelt unterbrochene Arbeit weiterführen lassen als eines der Angebote für die Frauen, die in Maria Frieden einziehen werden. Nun suchen sie Lehrerinnen, die wissen, wie man an den alten Webstühlen arbeitet. Eine Tradition soll in Maria Frieden erhalten werden. Auch wenn es keine Paramente mehr sein sollten, die entstehen.
Arbeitsplätze entstehen in Dahlem
Die Idee, aus Maria Frieden eine neue Heimat für wohnungslose Frauen zu machen, kommt nicht von ungefähr: Der Bedarf an solchen betreuten Adressen ist groß, doch das Angebot klein. „Wir haben am Vellerhof derzeit maximal sieben Wohnplätze und es ist eine gemischtgeschlechtliche Einrichtung, was für die Frauen nicht unbedingt die beste Alternative ist“, so Werner Hoff. „Im Gebiet des LVR gibt es nach unserem Wissen kaum vergleichbare Einrichtungen für wohnungslose Frauen“, so Frank Brünker.
Entsprechend werden auch neue Arbeitsplätze für das Team der Betreuerinnen geschaffen. Werner Hoff geht von zunächst drei Sozialarbeiterinnen aus, vier bis fünf wären nötig bei voller Belegung der 30 Wohnungen in Maria Frieden. Dazu werden wohl ein bis zwei ambulante Fachkräfte für die medizinische Betreuung, Arbeitsanleiterinnen, Hauswirtschafterinnen, ein Hausmeister und auch ein Fahrdienst zum Bahnhof Dahlem gesucht. (sli)