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Streit um Kita-NeubauNun ist die Kommunalaufsicht in Schmidtheim am Zug

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So wie hier in Jüchen könnte der neue Kindergarten in Schmidtheim aussehen. Markantes Kennzeichen sind die Pultdächer über den Gruppenräumen.

Dahlem – Der Bau eines neuen Kindergartens in Schmidtheim wird die Kommunalaufsicht bei der Kreisverwaltung beschäftigen. Die Prüfung eines Gemeinderatsbeschlusses hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen nach der jüngsten Sitzung des Gremiums veranlasst.

In der Beanstandung, die der Redaktion vorliegt, fordert Fraktionssprecher Ulrich Böttger die Kommunalaufsicht auf, den vergebenen Auftrag an die Baugesellschaft Eugebau GmbH in Euskirchen zum Bau eines dreigruppigen Kindergartens sowie den Verkauf des dafür vorgesehenen Grundstücks an das Unternehmen auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Der Verwaltung wirft er vor, die Beschlüsse zur Direktvergabe an einen Investor ohne vorherige Information der Öffentlichkeit und Beratungspflicht im Gemeinderat veranlasst zu haben, was gegen das Gesetz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gemäß des Haushaltgrundsatzgesetzes verstoße. Zudem sei sie ohne Festlegung von Kriterien und Qualitätsanforderungen für das Gebäude erfolgt: „Es fehlt eine übliche Wirtschaftlichkeitsberechnung und Risikobewertung.“ Im Fall der Klage eines ebenso qualifizierten Investors gegen die unterbliebene Ausschreibung sei mit weiterem Schaden für die Gemeinde zu rechnen.

Eskalation wegen Kita-Neubau

Die Einschaltung der Kommunalaufsicht ist der vorläufige Höhepunkt einer sich seit der Bauausschusssitzung abzeichnenden Eskalation zum Kita-Neubau, dessen Dringlichkeit von niemandem im Gemeinderat bestritten wird: Nach Berechnung des Kreises muss die Gemeinde mittelfristig weitere rund 110 Kindergartenplätze vorhalten. Aber erst im Gemeinderat wurden die Pläne für den Neubau von der Verwaltung öffentlich gemacht.

Die Kommunalaufsicht schaltet Ulrich Böttger ein.

Die umfangreiche Vorlage erläutert die Gründe für den Grundstücksverkauf und die Abgabe der Trägerschaft an die Eugebau, verbunden mit der Anmietung der fertigen Kita. Im Wesentlichen sieht man im Rathaus angesichts des Zeitdrucks, stark steigender Baupreise und mangels ausreichender Personalkapazitäten keine Alternative zur gewählten Direktvergabe. Im Rat stellten Architekt Heinz Berger und Oliver Knuth, Geschäftsführer der Eugebau, die Planung in einer modulartigen Bauweise vor. Die neue Kita soll etwa über eine Küche verfügen, aus der Mittagessen auch für den bestehenden zweigruppigen Kindergarten im Ort gekocht werden kann.

Solaranlagen und Gründächer geplant

Der Kindergarten soll den Plänen zufolge eine Ziegelfassade und ein Wärmedämmverbundsystem haben, Solaranlagen auf den Pultdächern sowie Gründächer und eine Energieversorgung für die Heizung mittels Erdwärmepumpe. Nachhaltigkeit und „kein Billigbau“ seien für das Unternehmen Standard, so Knuth. Wie der Kindergarten im Innern aussieht, geben weitestgehend die strikten Vorgaben des Landschaftsverbands Rheinland und der Landesunfallkasse vor. Was andererseits aber auch die Arbeit der Bauingenieure vereinfache und Planungskosten senke. Spielraum bleibt der Gemeinde als Mieter des Objekts oder dem künftigen Betreiber bei der Wahl des Konzepts – Gruppeneinteilung oder themenbezogene Räume ohne Gruppen –, ansonsten aber praktisch nur bei der Dekoration, etwa der Farbe? Schon die Größe des Außenspielbereichs ist wieder vorgegeben. In diesem Fall sind es rund 600 Quadratmeter.

Die Gemeinde tritt mit dem Direktverkauf alle Risiken für das aktuell rund 3,1 Millionen Euro teure Projekt ab – und sie verdient mit dem Geld aus dem Grundstücksverkauf sogar. Wie passt das zusammen?

Baukostenzuschuss vom LVR

Das wollten unter anderem Friedel Krumpen (FDP) aus Schmidtheim und Ortsbürgermeister Franz-Josef Bohnen (CDU) von Knuth wissen. „Wir werden mit der Kita in den nächsten 20 Jahren keinen Gewinn erzielen. Die Gemeinde wird in dieser Zeit keine Miete zahlen müssen“, so Knuth. Die einzigen Einnahmen seien der LVR-Baukostenzuschuss von rund 1,65 Millionen Euro. Und: „Auch falls es steigende Baukosten gibt, auch die Betriebskosten sind unser Risiko.“ Des Rätsels Lösung ist die langfristige Strategie des Unternehmens: Nach einer gewissen Betriebszeit werden die Objekte auf dem Markt als Mietwohnungen angeboten.

Doch wie wird der Kindergartenplatzbedarf in 20 Jahren sein? Die Gemeinde müsste dann eine Miete pro Platz bezahlen. Fest steht: „Die Höhe der Kindergartenbeiträge legt der Kreis für alle Kommunen fest“, so Martin Diefenbach aus Schmidtheim (CDU). Wenn sich dann die Vermietung auf dem Wohnungsmarkt mehr rechnet – wie würde sich die Eugebau entscheiden? Auch das ist offen.

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Ob das alles seriös sei, zweifelte Ulrich Böttger an. Die Diskussion fuhr sich allerdings zunehmend zwischen ihm und Bürgermeister Jan Lembach fest. Ein Antrag zur Geschäftsordnung von CDU-Sprecher Werner Lorse beendete abrupt den Austausch. Es folgte die Abstimmung, von den Grünen als namentliche beantragt: 16 für, zwei gegen die Vergabe. Danach zeichnete sich ab, was nun folgen wird: Die Kommunalaufsicht ist am Zug. Die Eugebau allerdings, so Knuth, stehe in den Startlöchern: „Wenn es nach uns geht, wir könnten nach Ende der Vogelschutzzeit im Oktober anfangen zu bauen.“