Windpark DahlemBaugenehmigung des Kreises Euskirchen für fünf weitere Windräder
Dahlem – Fünf neue Windkraftanlagen sollen in den kommenden Monaten auf Dahlemer Gemeindegebiet entstehen. Der Kreis Euskirchen hat die vorzeitige Baugenehmigung für den Endausbau des Windparks Dahlem IV und den Neubau von Dahlem V erteilt. Das teilten die Gemeinde Dahlem und die Duno-Air Windpark Planung GmbH aus Trier in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit.
Die Genehmigung wurde nach Paragraf 8a des Bundesimmissionsschutzgesetzes erteilt und gilt für den Endausbau von zwei Windenergieanlagen (WEA) im Gebiet Dahlem IV, wo bereits drei Rotoren laufen. Drei neue Anlagen sollen ebenfalls innerhalb des Gebietes von Dahlem IV als dann fortan Dahlem V genannter Windpark gebaut werden.
Die neuen WEA sollen eine Gesamthöhe von jeweils 228 Metern haben und eine Nennleistung von je 5000 kW.
21 Anlagen in der Gemeinde
Mit den jetzt genehmigten fünf Anlagen erhöht sich die Zahl der Windräder im Dahlemer Gemeindegebiet auf 21. „Damit erfüllt die Gemeinde Dahlem einen wichtigen und weit überdurchschnittlichen Beitrag zur Erneuerung von regenerativer Energie und damit zur Energiewende und zum Klimaschutz“, so Bürgermeister Jan Lembach in einer ersten Stellungnahme. Er hatte schon im Mai 2021 auf Anfrage erklärt, dass damit der Endausbau auf Gemeindegebiet erreicht sei: „So ist auch der Gemeinderatsbeschluss.“Zum einen können mit dem Baugenehmigungsbescheid des Kreises nun zwei Anlagen des Typs Enercon E-147 im Bereich Dahlem IV errichtet werden. Im August soll Dahlem IV vollständig am Stromnetz sein. Jahrelange Verzögerungen beim Bau hatten hier vor allem juristische Gründe.
Der lange Rechtsstreit hat zudem ganz praktische Konsequenzen. Da Duno-Air zwischenzeitlich neue und höhere, aber auch in der Stromausbeute ergiebigere Rotorenanlagen bauen will, wurden die schon gegossenen Fundamente für die zwei noch nicht gebauten Türme gesprengt und sollen neu aufgebaut werden.
Naturschützer fassungslos
Neu ist vor allem Dahlem V. Drei Windräder sollen an den bewaldeten Hängen des Rotbachtals gebaut werden. „Wir sind fassungslos“, stellte Claudia Rapp-Lange, Länder- und Fachbeirätin der Naturschutzinitiative (NI) in NRW und Sprecherin im Kreis Euskirchen, hierzu schon nach Bekanntwerden der Pläne im vergangenen Mai fest. Zum einen seien in dem Bereich wichtige Habitate des in der Region seltenen Schwarzstorches. Zum anderen gebe es dort mehrere Horste des Rotmilans.
Aus Sicht von Duno-Air werden diese Hinweise auf mögliche Verstöße gegen den Artenschutz relativiert. Man werde beim Bau von Dahlem V wie bei der Vervollständigung von Dahlem IV durch den Einsatz einer neuartigen Krantechnik die nötigen Eingriffsflächen deutlich verringern. Der Kran benutze dabei ein im Hochhausbau gängiges Verfahren: Er wächst mit dem Rotorturm in die Höhe, den er als eine Art Klettergerüst nutzt. „Große Flächen für die Montage des bis zu 179 Meter langen Kranmastes entfallen so“, heißt es von Duno-Air in der Mitteilung.
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Zudem werden in beiden Windparks zum Schutz von windkraftsensiblen Vogelarten Kameras installiert, die den Luftraum über den Anlagen überwachen und bei „kritischer Annäherung die WEA abschalten“, so die Planer aus Trier. Das gewährleiste einen gefahrlosen Vorbeiflug.In einem ersten Schritt sollen nun im Bereich der Bauflächen und entlang der Zufahrten zu Dahlem V – „wo es nötig ist“, so Duno-Air und Gemeinde – der Baumbestand entfernt und die Fundamentegruben ausgehoben werden. Mit der Herstellung der Fundamente werde gegen Ende des Jahres gerechnet.
Aus der Gemeinde Dahlem wird, so es nach den Wünschen von Planer und Verwaltung läuft, nach vollständiger Inbetriebnahme jährlich Strom aus Windkraft für rund 200.000 Menschen geliefert werden können – rund 180 Millionen Kilowatt pro Jahr.
Naturschützer prüfen Klagemöglichkeit
Die vorzeitige Baugenehmigung für den Windpark Dahlem V lehnen die Naturschutzinitiative (NI) und der Naturschutzbund (Nabu) im Kreis Euskirchen ab. Die NI prüft derzeit eine Klagemöglichkeit. Das teilten beide Organisationen auf Anfrage mit.
Die Wahl des Baugebiets für die drei geplanten Rotorentürme an den Hängen des Rotbachtals sei aus artenschutzrechtlichen Gründen bislang bewusst aus den Planungen für Windkraftanlagen herausgenommen worden. Das Rotbachtal befindet sich innerhalb des genehmigten Gebietes von Dahlem IV. Für Dahlem V sei diese Bausperre nun aufgehoben worden.
Verfahrensfehler durch die Kreisverwaltung haben NI und Nabu nach eigenen Angaben bei der Baugenehmigung ausgemacht. Sie sehen insbesondere die artenschutzfachlichen Konfliktfelder für den Lebensraum der Europäischen Wildkatze und die windkraftsensiblen Vogelarten im Genehmigungsverfahren als bislang nicht hinreichend berücksichtigt an.
Eine Online-Konsultation als Ersatz für einen geplanten Erörterungstermin beginne erst am 21. Januar, am heutigen Freitag, mahnen die Naturschutzverbände an: „Im Rahmen dessen soll den Einwendenden die Gelegenheit gegeben werden, ihre Stellungnahme zu konkretisieren“, so NI und Nabu. Die zuvor bereits erteilte Baugenehmigung stehe aus ihrer Sicht nun einer „neutralen und ergebnisoffenen Auseinandersetzung entgegen und verhindert eine artenschutzfachlich korrekte Berücksichtigung“. (sli)
Historie mit 32 Monaten Baustopp
Anfang 2017 war erstmals die Baugenehmigung für Dahlem IV durch den Kreis erteilt worden. Alle fünf Fundamente wurden erstellt und drei Rotorentürme errichtet. Eine Klage des Naturschutzbundes stoppte den Bau im Juli 2017 für 32 Monate. Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen machte den Planern zur Auflage, einen neuen Antrag inklusive artenschutzrechtlicher Gutachten, eines Umweltverträglichkeitsgutachtens sowie der Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Am 10. Februar 2020 wurde dieser zweite Bauantrag genehmigt und der Bau fortgesetzt. Die drei Türme wurden mit Gondeln, Generator und Rotorblättern ausgestattet und gingen ans Netz.
Eine erneute Klage, dieses Mal von der Naturschutzinitiative (NI) vor dem Verwaltungsgericht Aachen eingereicht, stoppte das Projekt erneut. Das Gericht gab der Klage recht, die nach Beschwerde der Duno-Air vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) im März 2021 allerdings aufgehoben wurde. Der Zweitantrag auf Baugenehmigung wurde weiter von der Genehmigungsbehörde, dem Kreis Euskirchen, geprüft und jetzt positiv beschieden.
Weiterhin anhängig sind zwei Klagen der Naturschutzinitiative und des Naturschutzbundes, unter anderem wegen artenschutzrechtlicher Verletzungen und erheblicher Verfahrensmängel beim Genehmigungsbescheid vom Februar 2020, beim VG Aachen (Aktenzeichen 6L327/20) und OVG Münster (AZ 7B8/21). (sli)