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Viele Lungenkrebsfälle in Euskirchen„Männer sind Untersuchungsmuffel“

Lesezeit 4 Minuten

Übermäßiges Rauchen ist eine Ursache für Lungenkrebs. Daran sterben im Kreis überproportional viele Menschen.

  1. Im Kreis Euskirchen sterben überproportional viele Menschen an Lungenkrebs. Gibt es eine Erklärung?
  2. Welche Ergebnisse hat der Gesundheitsreport noch parat? Wir schauen auf Übergewicht, Herzinfarkt und Co.

Kreis Euskirchen – Das Angebot an Kurzzeit-Pflegeplätzen im Kreis ist laut AOK „mangelhaft“. Das ist eines der Themen, die die AOK Rheinland/Hamburg in ihrem Gesundheitsreport für den Kreis Euskirchen vorgestellt hat.

Der Fokus wurde auf Prävention und Gesundheitsförderung, Zahngesundheit, stationäre Behandlungen, Kinder- sowie Jugendgesundheit und Pflege gelegt. Laut Regionaldirektor Helmut Schneider sind 67 000 Menschen im Kreis Euskirchen bei der AOK versichert. Der Gesundheitsreport basiere aber nicht nur auf den statistischen Erhebungen der eigenen Mitglieder, sondern auch auf denen des Landesbetriebs Information und Technik (IT NRW).

AOK-Chef Schneider macht sich für Impfpflicht stark

Laut der AOK Rheinland/Hamburg sind nur 84,9 Prozent der Kinder im Alter bis vier Jahren im Kreis vollständig gegen Masern geimpft. „Das ist ein total schlechter, ein erschreckender Wert“, sagte Helmut Schneider, Regionaldirekter der AOK.

An Masern zu erkranken, dürfe nicht auf die leichte Schulter genommen werden. „Das ist keine leichte Erkrankung. Daran kann man sterben“, so Schneider, der eine Impflicht nachdrücklich befürwortet.

92,8 Prozent der Kinder erhalten laut Schneider die erste Masernimpfung. Ein kompletter Schutz sei aber erst dann gewährleistet, wenn es die Folgeimpfung gebe. Zufrieden zeigte sich Schneider bei der Vorstellung des AOK-Gesundheitsreports mit dem statistischen Wert bei Früherkennungs-Untersuchungen der Kinder unter sechs Jahren. 96,4 Prozent der Kinder im Kreis haben diese Untersuchung absolviert. Bei Kindern des Geburtsjahrgangs 2008 sinkt diese Zahl der AOK zufolge bereits auf 56,6 Prozent. „Dabei ist diese Untersuchung sehr wichtig, da sie bei Kindern vor dem Wechsel auf die weiterführende Schule gemacht wird“, so Schneider. 17-jährige Jugendliche lassen sich laut AOK sogar nur zu 34,3 Prozent prophylaktisch untersuchen. (tom)

Todesursache Lungenkrebs

2016 sind laut IT NRW 180 Menschen im Kreis an Lungenkrebs gestorben. Das sind 89 pro 100 000 Einwohner. Im Vergleich zum Bundesschnitt sind das 34 Menschen mehr als im Rest der Republik. „Für die Auffälligkeiten haben wir keine Erklärung“, sagte Schneider. Auch die Ärzte im Kreis Euskirchen könnten sich die hohe Zahl nicht erklären. Bei der Zahl der Menschen, es waren 100, die wegen einer chronischen Erkrankung der Atemwege gestorben sind, belegt der Kreis ebenfalls einen Platz im oberen Drittel der Krankheitsskala. Im Bundesschnitt waren es 80.

Gesundheitsförderung

47200 Menschen sind im Kreis Euskirchen in einem Sportverein aktiv. Das geht aus einer Umfrage des Landessportbundes hervor. „Da geht noch mehr“, so Schneider. Überhaupt nicht glücklich zeigte sich der Regionaldirektor mit der Vorsorge-Bereitschaft von Frauen im Alter zwischen 35 und 64 Jahren. Weniger als jede zweite Frau nehme das kostenlose Angebot „Check up 35“ in Anspruch. Bei den Männern sind es laut Schneider sogar nur 42,4 Prozent. „Männer sind Untersuchungsmuffel“, sagte Schneider mit Blick auf die lediglich 19,3 Prozent der Männer zwischen 45 und 64 Jahren, die sich vorsorglich auf Krebs untersuchen lassen. Bei den Frauen sind es immerhin 47,7 Prozent.

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Übergewicht

6700 Menschen der bei der AOK-Versicherten im Kreis Euskirchen sind zuckerkrank. Das sind laut Schneider 0,5 Prozent mehr als vor neun Jahren. „Das ist ein echtes Sorgenthema“, so der Regionaldirektor. Auffällig sei, dass die soziale Herkunft eine große Rolle bei der Erkrankung spiele. „Menschen aus einer sozial besseren Schicht erkranken seltener an Diabetes“, berichtete Schneider. Die AOK wolle nun in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter in einem Pilotprojekt junge Mütter für die Gesundheitsvorsorge sensibilisieren.

Schneider hofft, dass der Anteil der übergewichtigen Menschen im Kreis sinkt. Aktuell sind laut Schneider 13,7 Prozent der AOK-Versicherten, also fast jeder siebte, übergewichtig. Deutschlandweit sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen (53 %) übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen (23 % der Männer, 24 % der Frauen) ist stark übergewichtig (adipös).

Herzinfarkt und Schlaganfall

Die Versorgung von Herzinfarkt-Patienten mit einem oftmals lebensrettenden Linksherzkatheter-Messplatz liegt laut AOK bei 100 Prozent. „Das ist ein ganz tolles Ergebnis“, lobte Schneider. Im Rheinisch-Bergischen Kreis liege die Versorgung nur bei 80,4 Prozent. Bei einem Schlaganfall liegt die Versorgung mit Stroke Units, also Krankenhäuser, die speziell für Schlaganfall-Patienten ausgerichtet sind, bei 86,2 Prozent. Der Wert steigt laut Schneider weiter an, da das Marien-Hospital im vergangenen Jahr weitere Betten in der Stroke Unit aufgestellt habe und so mehr Menschen versorgt werden könnten.

Pflege

5653 Menschen sind im Kreis Euskirchen pflegebedürftig. „Die Zahl der Kurzzeitpflegeplätze ist mangelhaft. Da muss etwas geschehen“, sagte Schneider mit Blick auf die laut IT NRW im Kreis Euskirchen 1248 stationäruntergebrachten Bürger.