Arbeit im RisikogebietDer Sistiger Mediziner Karl Vermöhlen über die Lage in St. Vith
Kreis Euskirchen – In der vergangenen Woche hatte es Karl Vermöhlen geahnt. „Wir müssen sofort bereit sein für stationäre Aufnahmen“, sagte der Leiter der Covid-19-Abteilung des Krankenhauses im ostbelgischen St. Vith. Am Dienstag nun meldete der Mediziner, der in Sistig wohnt: „Wir betreuen hier mehr Corona-Patienten als die Krankenhäuser im gesamten Kreis Euskirchen.“ Das St. Vither Krankenhaus sei für 40 000 Einwohner ausgelegt, im Kreis Euskirchen leben hingegen 192 000 Menschen.
Im Kreis Euskirchen wurden am Montag acht Corona-Patienten betreut, keiner musste beatmet werden. In St. Vith waren es am Dienstag neun – „wir müssen leider auch eine Person beatmen“. Die Abteilung sei inzwischen zu klein, so Vermöhlen: „Wir ziehen in eine größere um.“ Nicht dringliche Operationen würden verschoben.
Inzidenzwert von fast 600
587 Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen vermeldete die Deutschsprachige Gemeinschaft am Montag – bei rund 78 000 Einwohnern bedeutet das eine Inzidenz nahe der Marke 600.
In Ostbelgien wird nun heftig diskutiert, ob Kirmesfeiern es dem Virus zu leicht gemacht haben könnten. Am 5. Oktober wurde in Weywertz gefeiert, eine Woche später in Bütgenbach-Berg. Für Vermöhlen war es ein Fehler, diese Veranstaltungen zu genehmigen: „Leider war der starke Anstieg der Neuinfektionen zu erwarten“, sagt er.
Saalveranstaltungen als Superspreader-Ereignisse
Saalveranstaltungen seien nun mal Superspreader-Ereignisse, so der Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, der für die SPD im Euskirchener Kreistag und im Kaller Gemeinderat sitzt – und der gerade in den letzten Tagen vor Panik warnte, aber zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen mahnte.
Dass nämlich auf einer Kirmes die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden, sei sehr unrealistisch: „Da helfen am Ende auch die besten Hygienekonzepte nichts.“ Es sei ja auch kein Zufall, dass im Kreis Euskirchen, wo Kirmesveranstaltungen abgesagt worden seien, die Zahl der Neuinfektionen gemessen an der Einwohnerzahl erheblich niedriger sei. Wie sehr sich die Lage im Grenzgebiet zum Kreis Euskirchen zugespitzt hat, zeigt auch eine Mitteilung des St.-Nikolaus-Hospitals in Eupen, dem Verwaltungssitz der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
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„Eine Covid-19-Station ist bereits mit 15 bestätigten Patienten voll, die zweite füllt sich ebenfalls“, teilte die Klinik am Montag mit. Sieben Frauen und Männer mit Covid-19-Symptomen würden dort isoliert und versorgt, bei zweien sei der Test positiv ausgefallen, bei fünfen stehe das Resultat noch aus: „Die Dynamik in der Entwicklung bereitet allen Beteiligten große Sorge.“
Auch das Personal bleibe trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht verschont, hieß es weiter: „Während manche Zeitgenossen noch behaupten, das Virus sei harmlos oder gar eine Erfindung, kämpfen unsere Ärzte und Pflegekräfte um das Leben von Infizierten.“ Zwei Menschen aus der Region hätten diesen Kampf in der letzten Woche leider verloren – einer 70 Jahre und einer 79 Jahre alt.