Botschaften aus dem HimmelFörster findet über 100 Karten an Ballons im Wald
- Jürgen Wittler ist Förster, seit 44 Jahren bereits.
- In seiner Amtszeit hat er sich aber nicht nur um Wälder gekümmert.
- Etwa seit der Jahrtausendwende ist er auch regelmäßig Therapeut, Postbote oder unbekannter Brieffreund.
Euskirchen-Kirchheim – In den 44 Jahren, in denen Jürgen Wittler als Förster tätig war, hat er sich nicht nur um die Wälder gekümmert. Seit der Jahrtausendwende etwa hat er hin und wieder auch als eine Art Therapeut, Postbote oder unbekannter Brieffreund gedient.
„Um die 100 Karten habe ich im Wald gefunden, die an Luftballons gebunden waren und in meinem Revier in Euskirchen, Weilerswist oder Zülpich gelandet sind“, erzählt der 69-Jährige. „Eine Karte habe ich zwei Jahre lang in der Baumkrone hängen sehen, bevor sie auf die Erde gefallen ist.“
Lieblingskarte
Diese eine Karte, die er Anfang des Jahres im Billiger Wald zwischen Euskirchen und Mechernich gefunden hat, ist seine liebste. Der Luftballon, an dem sie hing, ist aus der Nähe von Brüssel, Nivelles, bis in die Voreifel geflogen. Auf Französisch ist darauf geschrieben, dass er bei einer großen Familienfeier mit 120 weiteren Ballons steigen gelassen wurde. Der Anlass der Feier sei der 100. Geburtstag der verstorbenen Großmutter gewesen.
„Ich habe bislang auf jede einzelne Karte geantwortet“, erzählt der Förster, der seit 2015 im Ruhestand ist. „Manchmal habe ich einfach nur einen netten Gruß draufgeschrieben. Oft wollen die Absender auch wissen, wie weit der Ballon geflogen ist. Dafür habe ich sogar manchmal die Adresse recherchieren müssen, wenn sie nicht mehr lesbar war.“
„Bringt einen zum Schmunzeln“
Auf der Karte am Luftballon von André, der Schrift nach zu urteilen ein Schulkind aus Deutschland, steht: „Der den Ballon findet ist nett.“ „Sowas bringt einen natürlich zum Schmunzeln“, sagt der Kirchheimer. Bei den vielen Karten mit Hochzeitsgrüßen habe er immer an seine eigene Hochzeit denken müssen. Auf der Karte von AnnKa und Romain aus Belgien war sogar ein Foto der Brautpaares mit dabei, dem er 2015 kurz nach dem Fund geantwortet hat. „Ich bin ja nun schon was länger verheiratet, da weiß man, was man Ehepaaren wünscht“, schmunzelt Wittler.
Andere Karten hätten ihn aber auch nachdenklich gemacht. Etwa wenn sie darauf schließen ließen, dass sie nach dem Tod eines geliebten Menschen in den Himmel geschickt wurden. „Egal, wo du jetzt bist, in unseren Herzen und Erinnerungen wirst du immer bei uns bleiben“, steht in Handschrift auf einem roten Stück Pappe. „Da habe ich mich gefragt, warum die Leute das machen. Haben sie zu Hause niemanden, mit dem sie über den Verlust reden können?“
Brieffreundschaften sind nicht entstanden
Wittler hat alle Karten, die er in den letzten Jahren gesammelt hat, zuhause aufbewahrt. Ab und zu habe er auf seine Antworten etwas zurückbekommen. „Einmal war sogar ein Lesezeichen von Hundertwasser als Geschenk mit dabei.“ Brieffreundschaften seien durch die Karten aber nicht entstanden. „Für den Moment war es immer eine schöne Aktion. Irgendwie ist man den Leuten nähergekommen, ohne sie je gesehen zu haben. Aber das reicht dann auch.“
In seinem Ruhestand ist er noch jeden zweiten Tag im Wald unterwegs. „Der Wald gibt mir so viel Kraft“, sagt er. Wahrscheinlich wird auch in Zukunft hier und da wieder etwas Buntes im Grünen aufblitzen.
Ballons und Bänder, die abbaubar sind
„Ich kann ja nachvollziehen, wieso man sowas macht. Allerdings vergessen die meisten, dass sowas auch der Umwelt schaden kann“, so Wittler. „Ich würde mir wünschen, dass die Leute Ballons und Bänder nehmen, die abbaubar sind. Wenn ich die Karten nicht finden und den Müll wegräumen würde, lägen die Sachen hier Jahrzehnte lang rum“, erklärt er.
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Gefährlich würde dies, wenn Tiere die Kunststoffbänder oder Ballons aus Gummi oder Plastik versehentlich fressen oder sich darin verhaken würden. „Ich meine, mittlerweile gibt es schon abbaubare Ballons, und als Schnur könnte man doch einfach ein Stück Kordel aus Naturprodukten nutzen“, schlägt er vor.
Richtlinien rund um den Aufstieg von Ballons
Grundsätzlich brauchen Veranstalter keine Genehmigung, wenn sie Ballons bei Hochzeiten, Kindergeburtstagen oder anderen Festen steigen lassen. Das Ordnungsamt des Kreises Euskirchen weist allerdings auf einige Richtlinien hin, die es zu beachten gilt.
Die deutsche Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) schreibt vor, dass bei einem Aufstieg in der Nähe von Flughäfen und Flugplätzen eine Genehmigung eingeholt werden muss, die man online auf der Seite der Flugsicherung beantragen kann. Diese ist auch erforderlich, wenn mehr als 500 Ballons in den Himmel aufsteigen. Der Antrag sollte mindestens fünf Tage im Voraus gestellt werden.
Die Ballons dürfen unabhängig vom Aufstiegsort und der Anzahl nur einzeln und nicht aneinandergebunden aufsteigen. Außerdem darf zum Befüllen kein brennbares Gas genutzt werden, Helium ist in Ordnung.
Harte Gegenstände wie Holz oder Metall dürfen nicht an den Ballons befestigt werden. Auch Wunderkerzen, Knicklichter oder LEDs sind laut der LuftVO nicht erlaubt.