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Gammelfleisch auf dem DrehspießGastronom von Euskirchener Amtsgericht verurteilt

Lesezeit 5 Minuten

Das Gyros, das ein Gastronom in einer Sinzenicher Gaststätte zubereitete, war nach Ansicht der Lebensmittelkontrolleure – anders als das Fleisch auf diesem Bild – für den Verzehr ungeeignet.

Euskirchen – Hackfleisch und Gyros verdorben, die Theke von Schimmelpilz befallen, Bierleitung und Dunstabzugsfilter verschmutzt: So schilderten zwei Lebensmittelkontrolleure des Kreises Euskirchen als Zeugen vor Gericht die Zustände, die am 17. Juli 2019 in einer Gaststätte in Sinzenich herrschten.

Der Gastronom, der den Betrieb damals wegen massiver hygienischer Mängel dichtmachen musste, wurde jetzt am Euskirchener Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 1100 Euro verurteilt. Richter Felix Marienfeld sah es als erwiesen an, dass Dimitrios D. (Namen geändert) zum einen Lebensmittel in Verkehr gebracht hatte, die für den Verzehr ungeeignet waren. Zum anderen hatte er sich einer amtlichen Anordnung widersetzt, indem er trotz Verbots seinen Gästen weiter Speisen und Getränke servierte.

Vergammeltes Fleisch verkauft

Der 62 Jahre alte D. räumte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zum Teil ein. Dass er am Drehgrill Gyros aus vergammeltem Fleisch zubereitet haben sollte, bestritt er aber. Richter Marienfeld jedoch sah keinen Grund, an den Aussagen der Kreismitarbeiter zu zweifeln, die als Zeugen gehört worden waren und ihre Schilderungen mit Fotografien illustrierten.

Sie hatten an jenem Tag bei einer Routinekontrolle eine Reihe von Verstößen festgestellt, wie eine der beiden, die 38-Jährige Carla G., sagte. Die Mängel seien so gravierend gewesen, dass sie per mündlicher Anordnung die Schließung des Betriebs verfügt hätten.

Schimmelpilze in der Küche

Die Zeugin und ihr Kollege Frank K. (39) berichteten von Schimmelpilz an der Spülvorrichtung und in der Abtropfrinne für Trinkgläser, von rohem Hackfleisch, das nach den Worten des Prüfers schon grün war, und geraspelten Möhren, bei denen der Gärprozess eingesetzt hatte. Im Bierkeller habe in einer Wanne ein „ekelhaft“ riechender Gyros-Spieß mit einer Kerntemperatur von plus 9,4 Grad gelegen, fügte er hinzu. Fleisch dürfe aber nur bei maximal 7 Grad aufgetaut werden.

Unter den Augen des Wirts warfen die Kontrolleure den Spieß – so ihre weitere Schilderung – in einen Müllsack und übergossen das Fleisch mit Spülmittel, um eine Weiterverwendung auszuschließen. Dem Wirt erklärten sie, dass eine Grundreinigung fällig sei. Wenn eine Nachkontrolle ergebe, dass die Mängel behoben seien, könne er wieder öffnen. Nur rund zwei Stunden später bat D. die beiden telefonisch zur zweiten Inspektion.

Nur Oberflächliche Grundreinigung

Die Grundreinigung sei allerdings nur oberflächlich ausgefallen, sagten die Kreisbediensteten übereinstimmend. Auf dem vertikalen Drehgrill habe sich über ordnungsgemäß durchgegartem Gyros, das wohl vom Vortag übrig gewesen sei, eine Schicht aus offenbar erst kurz zuvor aufgestecktem Fleisch befunden.

„Bei unserem ersten Besuch hatten wir in den Kühltruhen nur gefrorenes Fleisch gesehen, das man aber in so kurzer Zeit nicht aufgetaut bekommt“, sagte die Zeugin. Für sie und ihren Kollegen sei deshalb klar gewesen, dass der Angeklagte Teile des entsorgten Gyros-Spießes aus dem Müllsack genommen und abgewaschen haben musste, um damit den Drehgrill zu bestücken. Das Fleisch habe muffig gerochen, sagte Frank K.

Inhalt des Müllsacks

Sie hätten ihren Verdacht bestätigt gesehen, so G. und K., als sie den Inhalt des Müllsacks unter die Lupe genommen hätten. Der Gyros-Spieß sei ursprünglich komplett gewesen, jetzt aber „zerpflückt“ und um zwei bis drei Kilogramm reduziert. Die Kontrolleure erklärten Dimitrios D., dass die Schließung aufrechterhalten werde. In diesem Zusammenhang habe der Wirt erklärt, dass er für den Abend einen Kegelklub erwarte. Da er keine Telefonnummer der Kegler kenne, wisse er nicht, wie er der Gruppe absagen solle.

Als Frank K. und Carla G. gegen 19 Uhr ein weiteres Mal nach Sinzenich kamen, war die Terrasse des Hauses trotz der Schließungsanordnung voll mit Gästen besetzt, wie sie im Zeugenstand sagten. Nach Rücksprache mit ihrer Vorgesetzten, so G., hätten ihr Kollege und sie die Polizei um Amtshilfe gebeten. Die Gäste mussten gehen. Am nächsten Tag wurde die Gaststätte amtlich versiegelt.

Kein verdorbener Gyrosspieß

Dimitrios D. stritt ab, verdorbenes Gyros auf den Grill gesteckt zu haben. Das Fleisch habe, anders als die Kontrolleure sagten, aus Vorräten in einem Kühlschrank gestammt. Er habe es am Vorabend zum Auftauen aus der Kühltruhe geholt. Dass es in der Gaststätte „unsauber“ gewesen sei, sei richtig. „Daran bin ich schuld“, ließ er die vom Gericht eingesetzte Dolmetscherin erklären. Er betonte auch, seine Gäste hätten sein Essen stets gelobt.

Er sei zwar offizieller Pächter gewesen, habe die Gaststätte aber an die Tochter seiner Lebensgefährtin „untervermietet“. Er habe als Aushilfe gearbeitet. Die Tochter seiner Partnerin habe überrascht auf die Schließungsverfügung reagiert und den Betrieb nach der Versiegelung nicht mehr geöffnet. Das Gasthaus wird mittlerweile von einem anderen Inhaber geführt, unter altem Namen, aber mit neuer Speisekarte. Dimitrios D. lebt heute am Niederrhein, wie er in dem Prozess zu Protokoll gab.

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Sein Verteidiger Gerd Vossen hatte versucht, einen Teil der Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Kontrolleure bei ihrer ersten Inspektion sachgemäß aufgetautes Gyros übersehen hätten. „Deshalb ist nicht zu beweisen, dass mein Mandant verdorbenes Fleisch in Verkehr gebracht hat.“ Unter Hinweis auf die Deutschkenntnisse des Angeklagten sagte Vossen, es sei denkbar, dass er die Verfügung nicht verstanden habe.

Richter Marienfeld widersprach: Es sei davon auszugehen, dass D. den Sinn der Anordnung, wie von den Kontrolleuren geschildert, begriffen habe. „Sonst hätte er nachmittags nicht erwähnt, dass er keine Telefonnummer des Kegelklubs hatte.“ Auch darüber hinaus habe die Beweisaufnahme ergeben, dass die Vorwürfe der Anklagebehörde zuträfen. Mit seinem Urteil blieb das Gericht 300 Euro unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.