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GemeinschaftsgrabstättenKriegstote aus Polen und der UdSSR ruhen in Euskirchen

Lesezeit 3 Minuten

Die Stele der Grabstätte für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der UdSSR schmückt ein Sowjetstern.

Euskirchen – Sie starben als Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene. Ihre letzte Ruhestätte fanden sie tausende Kilometer entfernt von ihrer Heimat: Männer und Frauen aus der damaligen Sowjetunion, die im Zweiten Weltkrieg auf dem Friedhof in Euskirchen begraben wurden.

Die Gefangenen hatten in der Roten Armee Dienst getan, die Zwangsarbeiter – darunter Frauen – waren überwiegend in der Zuckerfabrik oder in der zu dieser Zeit noch existierenden Euskirchener Konservenfabrik beschäftigt gewesen. Auch einige ihrer Kinder fanden hier den Tod. So hat es auf Anfrage dieser Zeitung Kurt Lingscheidt von der städtischen Friedhofsverwaltung recherchiert.

Umbettung im März 1946

Die Kriegstoten wurden in verschiedenen Gräbern beigesetzt. Schon Anfang 1946 – der Krieg war noch kein Jahr vorbei – fiel die Entscheidung, für sie eine Gemeinschaftsgrabstätte anzulegen. Bereits eine Woche nach Beginn der Arbeiten, am 22. März 1946, „wurden die sterblichen Überreste umgebettet“, so Lingscheidt.

Volkstrauertag

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gedenkt an diesem Sonntag, dem Volkstrauertag, der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Die Feier auf dem Euskirchener Friedhof beginnt um 11.30 Uhr. In Kuchenheim gehen die Ortsvereine nach dem 10.30-Uhr-Gottesdienst geschlossen zum Ehrenfriedhof. (ejb)

Die Anlage, entstanden unter der Leitung des Euskirchener Architekten Heinrich Dahmen, umfasst 39 Einzelgrabstätten. Bei den Verstorbenen, die „durch Not und unmenschliche Behandlung“ umkamen, so Lingscheidt, handelte es sich um fünf Soldaten sowie um 34 Zivilisten, darunter sieben Kinder.

Euskirchener Anlage ist auch in Russland dokumentiert

Auf der Gemeinschaftsgrabstätte steht eine schlichte Stele aus Muschelkalk, die auf der Schauseite das Staatswappen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, kurz UdSSR, zeigt: einen Sowjetstern mit Hammer und Sichel. Auf der Stele thront eine vergoldete Kugel, die das Sternmotiv aufgreift. An drei Seiten sind Gedenktafeln mit einer Inschrift in drei Sprachen – Russisch, Deutsch, Englisch – angebracht: „Ewige Ehre für unsere Kameraden, die während deutscher Nazi-Sklaverei gefallen sind 1941 – 1945“.

23 polnische Gefallene sind in Euskirchen bestattet.

Die Anlage in Euskirchen ist auch in Russland dokumentiert. Ende 2017 hatte sich die Botschaft an die Stadtverwaltung gewandt und um Auskünfte gebeten, um für jede der Grabstätten eine Registerkarte erstellen zu können. Erst vor zwei Monaten, so Kurt Lingscheidt, trat auch der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge an die Stadt heran. Er sammelt Informationen zu den Schicksalen sowjetischer Weltkriegstoter und will alle in Deutschland beigesetzten sowjetischen Staatsbürger, die durch den Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen, namentlich erfassen.

Polnische Geldmünze als Vorbild

Gleich neben der sowjetisch/russischen Gedenkstätte liegt eine Grabanlage für 23 gefallene polnische Staatsangehörige. Auch hier fällt auf einer Stele das Staatswappen – ein weißer Adler auf rotem Grund – ins Auge, darunter steht in polnischer und deutscher Sprache diese Inschrift: „Unseren gefallenen Kameraden zum ewigen Gedenken 1939 – 1945“.

Tod im Lager

Auch auf Friedhöfen in Euskirchener Ortsteilen befinden sich nach Angaben von Kurt Lingscheidt sowjetische Kriegsgrabstätten. In Dom-Esch wurden drei, in Billig und in Weidesheim jeweils zwei UdSSR-Bürger bestattet.

In Flamersheim liegen ein sowjetischer Bürger, der im Zweiten Weltkrieg umkam, und zwei Russen, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben ließen: der damals 36-jährige Landwirt Muchamedjan Minugulow, Soldat des 49. Sibirischen Infanterie-Regiments, und der Landarbeiter Achmetgarej Chamidulin (30), Gefreiter des 6. Sibirischen Infanterie-Regiments. Sie starben am 21. Oktober 1918 im Kriegsgefangenenlager Nr. 1256 in Flamersheim. (ejb)

Anders als im Fall der russischen Anlage sind auch die Namen der Verstorbenen in den Grabstein integriert. Die Gedenkstätte geht auf einen Entwurf von Walter Stoll zurück. Er war städtischer Bauzeichner und hatte 1946 als 17-Jähriger den Auftrag erhalten, eine entsprechende Zeichnung anzufertigen, so Lingscheidt: „Als Vorbild diente ihm eine polnische Geldmünze.“

Die Anlagen für die sowjetischen und die polnischen Kriegstoten stehen seit 2005 in der Denkmalliste. Um die Pflege kümmert sich die Stadt.