Tragische Erinnerung29. September 1944 – Der Tag, an dem die Bomben fielen
- Am 29. September 1944 begannen die systematischen Luftangriffe auf Euskirchen.
- Mehr als 11 000 Sprengkörper sind über Stadt und Umgebung abgeworfen worden.
- Doch auch heute sind noch „Nachbeben“ zu spüren.
Euskirchen – Der 29. September 1944 ist aus der Geschichte Euskirchens nicht wegzudenken. Vor 75 Jahren erfolgte der erste große Luftangriff der Alliierten auf die Kreisstadt. 356 Bomben wurden damals über Euskirchen abgeworfen, 65 Menschen starben. Der 29. September war nur der Auftakt, 34 weitere Luftangriffe folgten. Auch sie brachten Zerstörung, forderten Todesopfer. Insgesamt fanden bei den Angriffen der Alliierten laut Dr. Gabriele Rünger, Leiterin des Euskirchener Stadtarchivs, 425 Menschen den Tod.
Die Alliierten hatten Euskirchen in der Operation „Queen“ zum Ziel erklärt, weil der Bahnhof für die deutschen Soldaten im Zuge der Ardennen-Offensive zu einem strategisch wichtigen Knotenpunkt und Euskirchen zur Frontstadt geworden war – das wurde spätestens im Dezember 1944 deutlich, als sich die Hauptkampflinie der Ardennen-Offensive im Schleidener Tal und auf den Anhöhen westlich von Düren befand. Den heftigsten Luftangriff erlebte Euskirchen kurz nach Weihnachten 1944. Am 27. Dezember fielen allein 1400 Bomben auf Euskirchen.
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Mehr als 11 000 Sprengkörper
4630 Bomben sind nach den Angaben von Regionalhistoriker Willibald Prüfer zwischen dem 20. Juni 1940 und dem 23. Februar 1945 auf Euskirchen abgeworfen worden. Hinzu kommen die Sprengsätze, die damals auf die Nachbardörfer niedergingen. „Insgesamt dürften auf Euskirchen und Umgebung mehr als 11 000 Spreng- und Brandbomben abgeworfen worden sein“, sagt Rünger.
Als der Krieg im März 1945 vorbei war, wurde das Ausmaß der Zerstörung deutlich. In der Kreisstadt hatten von den 2400 Gebäuden nur 170 die Kampfhandlungen ohne Schaden überstanden – in den Straßen lag der Schutt meterhoch.
Udenbrether versteckten sich im Wald
Das Vordringen der Amerikaner und die Kämpfe in den Ardennen erschwerten die Situation für die Menschen in der Eifel. Tausende versuchten sich Ende 1944 in Sicherheit zu bringen – ließen oft ihr Hab und Gut zurück. Im November 1944 lebten nach Angabe von Dr. Gabriele Rünger, Leiterin des Euskirchener Stadtarchivs, im Altkreis Schleiden noch etwa 3700 Zivilisten.
„Die Höhendörfer in der Eifel wurden fast ganz geräumt – teilweise gegen den Widerstand der Bevölkerung“, berichtet Rünger: „Da die Dreiborner sich weigerten, ihr Dorf zu verlassen, wurde die Zwangsevakuierung angeordnet.“ Am 14. September 1944 hatten laut der Expertin die Bronsfelder ihr Dorf freiwillig verlassen. 48 Menschen machten sich an diesem Tag mit fünf Ochsenfuhrwerken auf den Weg ins Rechtsrheinische.
Die Bewohner Udenbreths und Holleraths hofften Rünger zufolge auf ein schnelles Ende des Krieges und versteckten sich in den Wäldern. Aus Gemünd wurde die Flüchtlingstrecks im Herbst 1944 nach Thüringen, im Januar 1945 nach Ostfriesland geleitet. (tom)
Auswirkungen heute noch zu spüren
Die Auswirkungen der Bombardements sind auch heute immer mal wieder zu spüren. Nämlich dann, wenn Blindgänger im Boden entdeckt werden. So wie am 16. Juni dieses Jahres, als in Euskirchen 2600 Menschen Häuser, Wohnungen und Arbeitsstätten verlassen mussten. Auf dem Gelände der Hermann-Josef-Schule am Keltenring musste eine 500 Kilo schwere Weltkriegsbombe entschärft werden. Wie viele Bomben noch im Boden schlummern, ist nicht bekannt. Das ist den 330 000 Luftaufnahmen der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zu entnehmen.
Die Aufnahmen werden beim Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung Düsseldorf digital und als Papierabzug gelagert. Die Behörde ist für die Kampfmittelräumung in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf zuständig. Ob Blindgänger unter der Erde liegen, kann nach Auskunft der Bezirksregierung nur durch eine geophysikalische Auswertung mit anschließender Ausgrabung geklärt werden.