Die 26-jährige Nina Koep aus Euskirchen-Kuchenheim begleitet blinde Menschen beim Laufen und beim Skifahren – und betreibt selbst Hyrox.
Begleiterin aus EuskirchenNina Koep ist eine Extremsportlerin mit sozialer Ader
„Durch Taime nehme ich die Welt ganz anders wahr“, sagt Nina Koep. Taime Kuttig ist blind, 33 Jahre alt, spielt in der deutschen Blindenfußball-Nationalmannschaft und läuft leidenschaftlich gerne Marathon. Beim jüngsten R(hein)-Inklusiv-Köln-Marathon absolvierte Kuttig mit der 26 Jahre alten Kuchenheimerin die letzten 12,7 Kilometer und führte die Staffel ins Ziel. Dabei habe weder die Zeit noch die Platzierung eine Rolle gespielt. Viel wichtiger bei der Laufveranstaltung, die sich speziell an Menschen mit Behinderungen richtet, sei das gemeinsame Erleben von unvergesslichen Momenten.
Und diese Momente werden ganz unterschiedlich wahrgenommen. Während Koep vor allem alles visuell aufnimmt, verarbeitet der 33-Jährige seine Eindrücke hauptsächlich über Geräusche. „Wenn wir im Wald joggen, spürt er eine Lichtung durch die einfallende Sonne. Wenn ein Hund noch drei Kilometer entfernt ist, hört er ihn schon“, sagt die Kuchenheimerin, die während des Laufens mit ihrem blinden Partner über ein Band verbunden ist.
Während der Ausbildung meisterte Nina Koep eine Ski-Abfahrt „blind“
„Wir laufen praktisch Faust an Faust. Während ich als Sehende mitunter etwas kaum wahrnehme, ist es für ihn ein starkes Ziehen, an dem er erkennt, wie scharf die Kurve ist, die wir laufen müssen“, so Koep, die nicht nur als Laufbegleitung für sehbeeinträchtigte oder blinde Menschen ehrenamtlich aktiv ist, sondern sich auch im Behinderten-Skilauf engagiert.
Für die Ausbildung musste die 26-jährige Berufsschullehrerin in Köln-Buchheim auch selbst, ohne sehen zu können, eine Abfahrt meistern – und zwar in Kühtai in Österreich. „Das war die krasseste Erfahrung in meinem Leben“, sagt die Sportlerin. Es sei völlig anders, sehend Ski zu fahren oder eben blind – wenn auch nur zu Ausbildungszwecken.
Nina Koep findet, dass es nur Grenzen gibt, wenn man sich welche setzt
Die Ausbildung habe sie zu keiner Sekunde bereut. „Das ist eine sehr offene und herzliche Community unter Leitung von Rolf Kroseberg, bei der jeder Mensch so genommen wird, wie er ist, und sich alle gegenseitig helfen und der Passion des Skifahrens gemeinsam nachgehen können“, so Koep, die ihr ehrenamtliches Engagement nicht eine Sekunde missen will.
„Ich denke, dass ein Engagement für Menschen mit jeglicher Behinderung unabdingbar ist, weil es die Grundlage für eine inklusive Gesellschaft bildet, in der alle Menschen gleichberechtigt am sozialen, beruflichen und kulturellen Leben teilhaben können“, sagt Koep: „Und der Sport, beispielsweise das Laufen und das Skifahren, sind Beispiele, dass es nirgendwo Grenzen gibt, wenn wir sie uns nicht selber setzen.“
Die Kuchenheimerin träumt von einer Teilnahme an der Hyrox-WM
Doch Koep macht nicht nur Sport mit und für andere Menschen, sie treibt auch selbst unheimlich viel Sport. Der große Traum der 26-Jährigen: die Teilnahme an der Hyrox-Weltmeisterschaft. Hyrox ist ein Indoor-Wettbewerb, der als Parcours aufgebaut ist. Die Teilnehmenden absolvieren an acht Stationen Kraftübungen an Fitnessgeräten. Zwischen den Stationen liegt jeweils ein 1000-Meter-Lauf auf Zeit.
Die Stationen haben es in sich und mit dem herkömmlichen Besuch im Fitnessstudio mal so gar nichts gemeinsam. Beim Sled-Push wird ein Metallschlitten mit Gewichten geschoben – zweimal über eine Distanz von 12,5 Metern. Koep schiebt den Schlitten mit 152 Kilogramm.
Die 1000-Meter-Läufe zwischendurch dienen zur Erholung
Oder es müssen über eine Distanz von 100 Metern Ausfallschritte mit einem gefüllten Sandsack über der Schulter gemacht werden. Die Höhe des Gewichts ist wieder abhängig von der Leistungsklasse. Bei Koep, die beim Hyrox im Wettbewerb mit ihrem Bruder Tim antritt, sind es 20 Kilogramm. Und wäre das noch nicht anstrengend genug, muss bei der letzten Disziplin ein Medizinball je nach Leistungsklasse zwischen 75- und 100-mal an eine Wand geworfen werden. Der Ball muss dabei eine festgelegte Höhe erreichen. Nicht zu vergessen sind aber eben auch die jeweiligen 1000-Meter-Läufe. „Im Idealfall dienen die der Erholung“, erklärt die 26-Jährige.
Von Erholung ist die Sportlerin gerade weit entfernt. Zu sehr träumt die Kuchenheimerin von einer Art Geheimbund der Hyrox-Sportler: den SUB-60-Club. Darin sind diejenigen Athleten, die die acht Disziplinen samt der 1000-Meter-Läufe in unter einer Stunde absolviert haben. Davon ist Koep derzeit etwa fünf Minuten entfernt.
Fast jeden Tag ist Nina Koep im Fitnessstudio oder läuft
Im Idealfall soll die magische Grenze von einer Stunde bei der Fibo in Köln fallen, wenn sie erneut mit ihrem Bruder an den Start gehen will. Aber beide wissen – es muss alles passen, um den schon recht einmaligen Traum Realität werden zu lassen. „Das Zusammenspiel mit meinem Bruder funktioniert richtig gut. Wir kennen unsere Stärken und unsere Schwächen. Wir ergänzen uns“, sagt Koep über ihren drei Jahre jüngeren Bruder.
Ihren Trainingsplan stellt sich die 26-Jährige selbst zusammen. Dabei wird akribisch auf die großen Bestandteile Ausdauer und Kraft geachtet. Bei der Ernährung achtet sie allerdings nach eigenen Angaben nicht so sehr auf Kalorien. „Wir verbrennen beim Training so viel Kalorien. Da kann man auch mal eine Pizza oder Ähnliches essen“, sagt Koep, die fünf bis sechs Mal in der Woche ins Fitnessstudio geht oder über die Straßen im Kreis Euskirchen läuft.
Aus dem Ski-Urlaub aufs Treppchen beim Silvesterlauf in Euskirchen
„Hyrox ist ein Sport für jedermann. Das Besondere ist, dass man dabei schnell lernen kann, über die eigenen Grenzen hinauszugehen, und was es heißt, an sich selbst zu glauben“, sagt die Sportlerin, die beim Laufen ein großes Vorbild hat: Nora Schmitz. Die Wahl-Euskirchenerin belegte beim Silvesterlauf an der Steinbachtalsperre den ersten Platz, Koep kam als Dritte ins Ziel. Dabei war sie am Wettkampftag selbst erst aus einem Ski-Kurztrip aus Winterberg zurückgekehrt und ließ sich von LC-Euskirchen-Athlet Ralf Ulmer aufs Podest ziehen.
Während sich bei der Fibo gemeinsam gequält wird, hat die Kuchenheimerin auch schon Wettkämpfe allein absolviert – beispielsweise in Mailand. Auszuschließen, dass sie noch mal international an den Start gehen will, sei es nicht – das bringe allein der Traum von der Weltmeisterschaft mit sich. Aber das gemeinsame Erleben und die Vorbereitung darauf mit ihrem Bruder sei dann doch noch etwas Besonderes. „Die ganze Community ist toll. Es wird alles gemeinsam erlebt“, sagt Koep: „Und es verbindet Generationen.“ Einige Berufsschüler haben ihre Lehrerin in den sozialen Netzwerken entdeckt – dort wurde der Lauf von Taime in Köln nämlich vom Veranstalter geteilt – und seitdem nehmen auch die Buchheimer Berufsschüler die Welt der Lehrerin ganz anders wahr.
Auch Crossfit und Functional Fitness werden immer beliebter
Nicht nur Hyrox ist ein trendiger sportlicher Wettbewerb. Auch Crossfit oder Functional Fitness erfreuen sich immer steigender Beliebtheit. Ähnlich wie im Hyrox geht es bei den verschiedenen Disziplinen um Kraft und Ausdauer – und teilweise auch Schnelligkeit.
Die Euskirchenerin Sabrina Wurzinger nimmt gerne an sportlichen Wettkämpfen teil. Die Zollbeamtin, die bei X-Fit in der Alten Tuchfabrik zwischen Euskirchen und Euenheim trainiert, startete im vergangenen Jahr unter anderem bei der deutschen Meisterschaft der Funktionalen Fitness in Düsseldorf. Dabei belegte Wurzinger einen starken achten Platz in der Kategorie Ü40. Der Deutsche Bundesverband funktionaler Fitness strebt nach Angaben von Wurzinger sogar an, Teil der Olympischen Spiele zu werden.
Beim funktionellen Training steht im Gegensatz zum Krafttraining nicht der Muskelaufbau im Vordergrund. Der Fokus liegt darauf, den Körper zu stabilisieren sowie Muskelapparat, Muskelansätze, Sehnen und Gelenke für den Alltag oder für intensive sportliche Belastungen fit zu machen. Besonders der Rumpf, unser Hauptstabilisator, sowie die tiefe Bauchmuskulatur und Schulterblattstabilisatoren werden trainiert.
Muskeln werden nicht isoliert trainiert, die Belastung ist auf mehrere Muskelsysteme verteilt. Functional Training ist also immer ein Ganzkörpertraining. Eine klassische Übung aus dem Functional Training: der Burpee. Er ist eine Mischung aus Kniebeuge, Liegestütz und Strecksprung mit Händen hinter dem Kopf. Oder der Liegestütz, bei dem bei einer Wiederholung etwa 20 Muskeln zusammenarbeiten.