Waltraud Prick-Schorn ist gehörlos. Die Zülpicherin wird von Jessica Rau trainiert und gehört zu den besten Taekwondo-Sportlerinnen des Landes.
Schwarzer GürtelGehörlose Taekwondo-Sportlerin aus Zülpich träumt vom Bundeskader
Das Training ist anspruchsvoll und die gesetzte Marke hoch. „Das Ziel ist der Bundeskader“, sagt Landestrainerin Jessica Rau unmissverständlich über die Taekwondo-Sportlerin Waltraud Prick-Schorn, die sie zweimal in der Woche in der Turnhalle in Gemünd betreut. Eine Sonderbehandlung verbietet sich – auch wenn Rau genau weiß, welche Herausforderung das für die Sportlerin bedeutet.
Denn Prick-Schorn leidet nicht nur an Rheuma, sondern ist auch so gut wie gehörlos. Vor 13 Jahren, als sie mit dem Taekwondo begonnen habe, habe sie sich kaum noch bewegen können, berichtet die 63-Jährige. Doch das Training in der Disziplin Poomse, in der festgelegte Bewegungsabläufe gezeigt werden müssen, habe ihr gutgetan.
Dank Taekwondo in Schleiden und Zülpich: Die Krücken können zu Hause bleiben
Mittlerweile habe sie keine Entzündung und keine Schmerzen mehr, könne problemlos aufstehen. Rollstuhl und Rollator brauche sie nicht mehr. „Die Krücken stehen zu Hause“, sagt Prick-Schorn. Der Arzt könne es kaum glauben. Und sie ist nicht nur schmerzfrei, seit sie Taekwondo macht, sie ist auch noch gut. Bei den German Open errang sie den ersten Platz in ihrer Klasse.
Im NRW-Landeskader ist sie bereits Mitglied, wodurch sie in den Genuss kommt, von der zweimaligen Europameisterin Jessica Rau, die in Gemünd Stützpunkttrainerin ist, den entscheidenden Schliff zu erhalten. Aber auch für Rau ist die Arbeit mit einer Gehörlosen ein besonderes Training. „Waltraud liest perfekt von den Lippen ab“, sagt sie.
Auch über Gebärdensprache könnten sie kommunizieren. „Ich habe das zu Hause und mit einem gehörlosen Freund geübt“, berichtet Rau. Manchmal aber müssten sie auch gar nicht miteinander sprechen: „Dann reichen einfach Blicke.“
Normalerweise trainiert Prick-Schorn beim TuS Zülpich bei Torsten Wanasek und Philipp Riße. Zweimal in der Woche macht sie sich auf den Weg nach Gemünd, um an dem Stützpunkttraining teilzunehmen. Und noch mehr: Einmal in der Woche fährt sie nach Frankfurt zur Bundestrainerin Imke Turner, die sie nach den German Open unter ihre Fittiche genommen hat.
„Ich mache jeden Tag Sport“, sagt Prick-Schorn. Das sei wichtig für sie, denn ohne das Training könne es sein, dass das Rheuma wiederkomme. Im Keller habe sie einen Sportraum, wo sie die Dehnübungen machen könne, die so wichtig für sie seien. „Das ist nicht einfach, für mich ist das schwer“, betont sie. Doch die Mühe und Überwindung seien es wert. „Sport ist wichtig für mich, ich bin beweglich und habe Freunde“, sagt sie.
2013 kam Prick-Schorn zum TuS Zülpich. „Sie hatte schon mit Taekwondo begonnen, sich aber aufgrund ihrer Bedürfnisse nicht so angenommen gefühlt“, erinnert sich Heimtrainer Wanasek.
Deutsche Meisterschaft steht für den Schützling von Jessica Rau im Fokus
In Zülpich sei sie in einer normalen Gruppe, da sie in einer Para-Gruppe die Einzige wäre. Wenn der ganzen Gruppe etwas gezeigt worden sei, bekomme sie es noch einmal vorgeführt. „Wir führen ihr die Arme und Beine, was bei Corona ein Problem war“, berichtet er. Als auf Abstand Wert gelegt werden musste, sei als Hilfsmittel ein Stab genommen worden. „Wir können mit Stolz sagen, wir haben den Grundstein gesetzt“, freut er sich über die Erfolge.
Manchmal müsse sie in ihrem Ehrgeiz gebremst werden. „Sie sieht dann eine 20-jährige Dan-Trägerin neben sich und will das, was die macht, auch können“, beschreibt er die Probleme. Mittlerweile wird ihr Training in Absprache mit Landestrainerin Rau gestaltet. 2019 habe sie Prick-Schorn zum ersten Mal gesehen, sagt diese. „Ihr Ehrgeiz und ihre Motivation hatten mich interessiert“, so Rau.
2018 hat Prick-Schorn die Prüfung zum ersten Dan, dem schwarzen Gürtel, bestanden. Doch dabei soll es bleiben. „Wir wollen nicht Prüfungen und Leistungssport gleichzeitig machen, sondern uns auf den Leistungssport konzentrieren“, beschreibt die Landestrainerin ihr Konzept: „Wir nehmen die Deutsche Meisterschaft im Herbst ins Visier“, sagt sie.