Zapfen oder nicht?So bereitet sich die Gastronomie in Euskirchen auf Öffnungen vor
Kreis Euskirchen – Die Tränen sind längst getrocknet, das Lachen ist zurück im Gesicht von Werner Berg. Vor wenigen Wochen brach der gelernte Koch seine Zelte auf Mallorca, genauer gesagt in Cala Rajada, ab. Mit dem Auto und dem Schiff ging es in die Heimat. Seit Donnerstag betreibt der 59-Jährige nun die Gaststätte „Op d’r Kinat“ in Zülpich.
„Die Menschen freuen sich auf Normalität“, sagt Berg, der bereits in London und Singapur als Koch gearbeitet hat. Die Küche werde in der Kinat aber zunächst noch kalt bleiben. Es gehe ihm jetzt darum, in den Rhythmus zu kommen. Über zu wenig Gäste dürfte sich Berg nicht beklagen. „Das Telefon stand nicht still“, berichtet er. Und am Donnerstag? Da sind die ersten Gäste bereits um 10.30 Uhr in der Kinat gewesen.
Nico Falkenberg, Betreiber des „Maat-Stüffje“ am Alten Markt in Euskirchen, ist sich noch unsicher. „Wir wollen spontan entscheiden, weil wir abwägen werden, ob es sich lohnt oder nicht“, sagt Falkenberg. Es bringe ja nichts, so der junge Gastronom, nun sämtliche Getränke zu ordern, bei denen dann im Falle eines Anstiegs des Inzidenzwertes über 100 womöglich das Mindesthaltbarkeitsdatum ablaufe. Und noch eine Frage sei im Vorfeld zu klären: die des Personals. „Wir müssen Mitarbeiter finden, weil die jetzt eigentlich alle einen neuen Job haben“, so Falkenberg.
Marius Ruhroth, Betreiber der Alten Posthalterei, ist schon einen Schritt weiter. Er wird am Freitag um 17 Uhr öffnen. Die ersten Reservierungen seien bereits als E-Mail eingegangen, bevor man überhaupt publik gemacht habe, wieder zu öffnen. „Die Leute dürstet es im wahrsten Sinne danach, wieder in eine Gaststätte zu gehen. Sie haben echt Lust darauf “, sagt Ruhroth. Da verhagele auch die schlechte Wettervorhersage nicht die Stimmung.
„Uns wird eine Hand gereicht, jetzt müssen wir auch das Beste daraus machen“, sagt der Euskirchener. Die Speisekarte habe er bewusst reduziert. „Wir werden normalerweise von einem Großhändler beliefert. Das machen wir nun erst einmal nicht, weil wir nicht wissen, was nächste Woche ist“, erklärt der Gastronom. Nun wolle man „just in time“ einkaufen – auch auf die Gefahr, dass ein Gemüse am Abend schon mal ausverkauft sei.
Viel Betrieb auf dem Alten Markt
Auf dem Alten Markt herrschte am Donnerstag Betrieb in den Cafés und Restaurants. „Endlich“, sagt Silvia Becker und trinkt einen kräftigen Schluck. Essen gehen, es sich gut gehen lassen – das habe ihr gefehlt, sagt die Euskirchenerin, die sich für das italiensche Essen auf dem Alten Markt extra hat testen lassen. „Das ist Aufwand, der sich lohnt“, sagt Becker. Nebenan verbringen Marco Karsten und Ralf Zinken die Mittagspause gemeinsam. „Das mit einem leckeren Essen zu tun, ist ein Stück Lebensqualität“, so Karsten.
„Ich bin nicht optimistisch“, sagt die Inhaberin des Restaurants und Hotels Breuer in Ripsdorf, Monika Caspers, bei der Öffnung des Biergartens, „aber ich will es einfach probieren.“ Sie hofft auf Wanderer, die zum Pfingstwochenende in die Eifel kommen, schließlich liegt das Lokal mitten im Wandergebiet. „Jetzt muss das Wetter mitspielen“, sagt Caspers. Bisher sei allerdings nur ein Tisch für heute, Freitagabend, reserviert worden.
Auf das Pfingstwochenende setzt auch Mayer’s Restaurant und Café in Schleiden. Mit seinen Mitarbeitern hat Geschäftsführer Markus Mayer die letzten Tage die Außenterrasse für den Start vorbereitet. „Wir sind froh, dass wir wieder öffnen dürfen“, sagt Mayer. Auch wenn die Eingangskontrollen und Hygieneauflagen zusätzliche Arbeit bedeuten.
Manche der Stammgäste hätten gleich für mehrere Tage hintereinander reserviert, sagt Mayer. Dieser Rückhalt macht dem Geschäftsführer Mut. 45 Gäste passen auf die Terrasse, die Mayer mit Schirmen überdacht hat. Die letzten Tage hat der Gastronom alles für den Start vorbereitet: Leitungen und Kühlaggregate kontrolliert, die Kaffeemaschine gewartet und die Zapfanlage vorbereitet.
Trotz der schwierigen Einkaufsplanung durch die Unsicherheit, wie lange die Lokale geöffnet bleiben können, wird es aber keine kleinere Karte geben. „Wenn wir’s machen, dann machen wir’s richtig“, sagt Mayer. Es werde aber öfter pro Woche in kleineren Mengen eingekauft.
„Es ist eine Augenweide, ins volle Kühlhaus zu schauen“, sagt Ulrike Geuenich, Inhaberin des Gemünder Brauhauses. Am meisten freut sich Geuenich darauf, „dass Essen schön dekoriert auf Porzellantellern mit richtigem Besteck“ den Gästen servieren zu können und nicht mehr in Plastikschalen. Darauf freuen sich wohl auch die Gäste, die schon fleißig reserviert haben. Wer spontan vorbeikommen möchte, sollte vorher allerdings kurz anrufen, so Geuenich: „Wir können aber immer noch Tische dazustellen.“
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Die Gäste des Biergartens Mühlenpark in Kommern werden dagegen erst einmal noch vor verschlossenen Türen stehen. Denn Inhaber Helmut Wagner plant die Öffnung erst ab Anfang Juni. „Der Aufwand und das Risiko sind zu hoch“, sagt Wagner. Er habe keine Lust darauf, mit den Gästen über die Pflicht eines negativen Testergebnis zu diskutieren. Zudem traue er den Inzidenzwerten nicht – das Risiko, in wenigen Tagen erneut schließen zu müssen, sei zu hoch. Außerdem müsse er, wenn er jetzt öffne, die Subventionen für Mai zurückzahlen. Und das könne er sich nicht leisten.