Postleitzahlen-Wirrwarr in EuskirchenAnwohner müssen immer falsche Adresse angeben
- Die „Euskirchener Heide“ hat eigentlich dieselbe Postleitzahl wie Euskirchen.
- Doch gibt man diese ins Navi ein, wird der Ort nicht gefunden. Deshalb kommen Pakete nicht an und Online-Anmeldeformulare funktionieren nicht.
- Die Anwohner sind genervt: „Damit Zustellungen und Anmeldungen reibungslos funktionieren, wird man eben ständig gezwungen, die falsche Adresse anzugeben“
Euskirchen – Von der Bielefeld-Verschwörung hat man ja bereits gehört. Aus einer studentischen Schnapsidee heraus entstand die kühne These, die Existenz der Stadt Bielefeld werde der Bevölkerung nur vorgetäuscht, um an dieser Stelle etwas ganz anderes zu verbergen.
Die Verschwörungstheorie „Euskirchener Heide“ muss erst noch geschrieben werden, jedoch scheint hier Gegenteiliges im Schilde geführt zu werden: Obwohl die Siedlung am südwestlichen Rand der Kernstadt gerade ihr 60-jähriges Bestehen gefeiert hat, spricht man ihr die Existenz ab – bisweilen zumindest.
Neue Postleitzahl in Euskirchener Heide war ein Irrtum
Am Anfang der Geschichte steht die alte Postleitzahl Euskirchens. Briefe und Pakete mit der 5350 fanden stets ihren Weg, auch in die Euskirchener Heide, in deren drei Straßen etwas mehr als 30 Häuser stehen. 1993 wurden die fünfstelligen Postleitzahlen eingeführt – mit markigen Sprüchen wie „Fünf ist Trümpf“.
Die Geschichte der Postleitzahlen
Während des Zweiten Weltkrieges stieg die Zahl an Brief- und Paketsendungen vor allem durch Feldpostsendungen stark an. Gleichzeitig wurden viele erfahrene Postbedienstete zur Wehrmacht eingezogen.
Die Einführung der Postleitzahlen im Jahr 1941 sollte die Zustellung in Deutschland vereinfachen und auch beschleunigen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Regelung der Reichspost zunächst übernommen. Ab 1961 gab es ein neues, vierstelliges Postleitzahlensystem in der Bundesrepublik, das bereits ein geeintes Deutschland berücksichtigte. Man reservierte hierfür eine ganze Reihe von Kennzahlen, insgesamt 2699 Stück für die damalige DDR.
Ab 1990 existierten im nunmehr vereinigten Deutschland zwei vierstellige Postleitzahlensysteme. Manche der Zahlen waren doppelt belegt – Bonn hatte wie Weimar die 5300.
Nach der Wiedervereinigung wurde 1993 deshalb das einheitlich fünfstellige System eingeführt. (hn)
Damals versendete die Deutsche Post Benachrichtigungen an alle Bundesbürger und teilte ihnen ihre neue Postleitzahl mit. Auch Bernhard Herter, der im Salamanderweg in der Euskirchener Heide lebt, bekam seinerzeit das Schreiben. Man teilte ihm mit, dass er fortan zum Postleitzahlenbereich 53881 gehöre.
„Kurze Zeit danach erhielten wir von der damaligen Deutschen Post die Nachricht, dass dies ein Irrtum gewesen sei und wir doch zur Kernstadt gehören, somit also die Postleitzahl 53879 hätten“, so der 52-Jährige. Anbei hatte man noch 20 Gratis-Briefmarken gelegt, damit die Herters Freunde und Bekannte über die korrigierte Postleitzahl in Kenntnis setzen konnten.
„Offenbar hat man uns einfach vergessen“
„Vermutlich“, so Herter, „lag dies damals daran, dass wir kein eigenständiger Ortsteil sind wie Billig oder Euenheim.“ Diese beiden Dörfer liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Siedlung und bekamen damals, wie alle Außenorte der Kreisstadt, die 53881 als Kennzahl. „Wir liegen irgendwie dazwischen, offenbar hat man uns einfach vergessen“, sagt Herter schmunzelnd.
Es folgten einige Jahre, in denen nicht weiter an der Verschwörungstheorie „Euskirchener Heide“ gestrickt werden musste. Dann aber wurde das Zeitalter des Internets, der Navigationssysteme und des Versandhandels eingeläutet. Und auf einmal musste Bernhard Herter – und mit ihm zahlreiche weitere Bewohner der idyllischen Siedlung – feststellen, dass sie eigentlich gar nicht existieren.
„Gibt man unsere Adresse mit der Postleitzahl 53879 ins Navi ein, sind wir nicht zu finden. Das Ausfüllen eines Online-Paketscheins bei DHL besagt, dass unsere Adresse nicht korrekt ist. Melden wir uns bei Online-Versandhäusern an, führt die Adress-Verifizierung zu Fehlermeldungen. Und bei Bestellungen mit der Angabe der offiziellen Adresse, meldet sich oft der Lieferant und erklärt, dass er uns in seiner EDV nicht finden kann“, zählt der 52-Jährige die regelmäßigen Malässen auf, die man als Bürger der Euskirchener Heide so haben kann.
Verzeichnisse wurden womöglich nicht korrigiert
Bernhard Herter freilich hat im Laufe der Jahre etliche Male versucht, die Unklarheiten zu beseitigen. „Von der Stadt Euskirchen haben wir eine klare Aussage, dass wir zur Kernstadt gehören.“ Behördliche Unterlagen wie Personalausweis oder KFZ-Zulassung tragen demnach immer ein „53879 Euskirchen“ im Adressfeld.
Helters Theorie zu dem Problem, dass er selber als „zugegebenermaßen nicht lebenswichtig, aber im Alltag doch nervig“ bezeichnet: „Die damals von der Deutschen Post geführten Verzeichnisse scheinen blöderweise nicht korrigiert worden zu sein. Diese Verzeichnisse aber dienen offensichtlich bis heute vielen Unternehmen und Dienstleistern als Grundlage für ihre Datenbestände.“
Wo auch immer diese Grunddatensätze lagern – sie scheinen nicht mehr korrigierbar zu sein. In der Euskirchener Heide nimmt man diese postalische Verwirrung weitestgehend gelassen hin. „Klar, jeder mault mal drüber, wenn man bei einem Bierchen zusammensteht, aber man weiß sich ja zu helfen“, so der selbstständige Informations-Elektroniker. „Damit Zustellungen und Anmeldungen reibungslos funktionieren, wird man eben ständig gezwungen, die falsche Adresse anzugeben“, meint er.
Postleitzahl für Euskirchener Heide hat sich laut DHL 2005 nocheinmal geändert
Dieter Pietruck, Pressesprecher Deutsche Post DHL Group, sagt auf Anfrage, dass seit Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen im Jahr 1993 viele Zustellgebiete neu zugeschnitten worden seien. Dies habe dazu geführt, das Postleitzahlen (kurz: PLZ) neu eingeführt, gelöscht oder umverteilt wurden: „Die betroffenen Haushalte wurden meist im Vorhinein schriftlich informiert.“
Im Postleitzahlenbuch von 1993 sei für die besagten Straßen, Salamanderweg, Leguanstraße und Euskirchener Heide, die PLZ 53879 eingetragen gewesen. 2005 habe der Eintrag 53881 gelautet. Der, so der Post-Sprecher, sei bis heute gültig: „Das ist die Botschaft an die Anwohner.“
Post sieht kein großes Problem
Pietruck räumt ein, dass sich das Areal im Bereich der Euskirchener Heide tatsächlich an der Grenze beider PLZ-Fläche befinde, aber: „Sollte eine Briefsendung die alte PLZ 53879 haben, wird sie nicht an den Absender zurückgesandt.“ Über den Zustellpunkt der Deutschen Post in Euskirchen gelange dieser Brief mit der falschen PLZ an den Zusteller, der diese Sendung an den Empfänger ausliefere: „Der Zusteller wird seit vielen Jahren im betreffenden Gebiet als Stammzusteller eingesetzt und stellt in beiden PLZ-Gebieten die Post zu.“
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Der Post-Sprecher geht davon aus, dass dies auch funktioniere: „Dem Zustellpunkt Euskirchen liegen zum Sachverhalt jedenfalls keine Reklamationen vor.“ Auch diese Aussage dürfte man in der Euskirchener Heide und den beiden angrenzenden Straßen mit großer Gelassenheit registrieren. Die Anwohner werden weiterhin die falsche Adresse angeben, damit alles seine Richtigkeit hat. (mit pws)