Euskirchener HauswändenAusstellung im Stadtmuseum widmet sich den Stuckarbeiten
Euskirchen – Häufig sind die Mobiltelefone der Grund, dass die Menschen beim Gang durch die Stadt mehr nach unten als nach oben schauen. Doch in Euskirchen sind etwas oberhalb der gewohnten Sichtachse zahlreiche Figuren zu entdecken, die interessante Hinweise auf die Vergangenheit geben können.
Bildung liegt im Stadtgebiet sozusagen auf dem Weg – und hängt nun auch an der Wand: In einer Ausstellung im Stadtmuseum wird auf die kleinen Schätze an den Häuserwänden aufmerksam gemacht, die zahlreich in Euskirchen zu finden sind.
Stuckarbeiten an Fassaden hatten eine Message
Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen erklärt, dass die Ornamente, Engel, Götter und Fabelwesen aus Stuck und Stein mehr sind als nur Dekoration: „Sie sind eine Art Visitenkarte derjenigen, die das Haus gebaut haben.“ Durch die Skulpturen und Halbplastiken erzählten die Besitzer den Passanten und Besuchern von ihrer Bildung, ihren Neigungen, von geachteten Persönlichkeiten, ihrem Wohlstand oder einfach von ihrem Beruf.
„Sie haben eine Message nach außen getragen,“ übersetzt Lützenkirchen deren Absicht ins Moderne. Diese Message ist in den ausgestellten Fotografien von Jürgen Gregori festgehalten und wird in einer Begleitbroschüre interessant erklärt.
Sparende Engel
An der Ecke Wilhelmstraße und Neustraße begegnet man beispielsweise beim Hochsehen drei Göttern, die symbolisieren, woher der Wohlstand der einstigen Hausbewohner einmal stammte. Links schreitet Saturn mit Sense und einem Fruchtkorb daher, als Sinnbild für die Landwirtschaft. Rechts steht auf einem Paket Hermes mit Flügeln an seinen Füßen und Schlangen um einen Stab. Er steht für den Handel. Und in der Mitte bewegt sich eine neu erfundene Göttin, die Platzhalterin für die Industrie ist. Die ursprünglichen Besitzer des Geschäftshauses, die Familie Schweizer, haben damit ihre drei wirtschaftlichen Säulen in Stein meißeln lassen. Auch am Alten Rathaus verblüfft eine kleine Plastik mit zwei Putten um ein Gelddose. Die eine wirft eine Münze hinein, eine andere geht mit einem Beutel Geld davon. Die Botschaft: Wenn du sparst, vermehrt sich dein Geld. Warum die knuffigen Figürchen gerade dort hängen, erklärt sich daraus, dass das Rathaus früher auch eine Sparkasse beherbergte.
Ob im Jugendstil oder klassizistisch: Die um 1900 entstandenen Kunstwerke verschafften den Häusern eine Individualität, die sie bis heute sehenswert macht. „Die Ausstellung ist eigentlich eine Notlösung, weil wir wegen Corona ein anderes Projekt nicht durchführen konnten“, erzählt die Leiterin, die in ihrer Verlegenheit auf das Archiv zurückgegriffen hat. Das hat sich gelohnt. So nah kommt man den Stuckarbeiten sonst nicht. Wer sich selber auf Entdeckungstour begeben möchte, erhält einen kostenlosen Stadtplan mit Adressen, so dass man sich leicht zu Fuß auf die Suche nach den Verzierungen machen kann. Eine schöne Idee für den Familienausflug, besonders in Corona-Zeiten.
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Die Ausstellung ist bis zum 6. September zu sehen. Das Museum ist dienstags bis freitags von 15 bis 18 Uhr geöffnet, samstags von 11 bis 15 und sonntags von 11 bis 18 Uhr.