Festival „Futur21“LVR-Museum stellt sich aktuellen Fragen
Euskirchen-Kuchenheim – Linien ziehen über die Fassade des Innenhofs der Tuchfabrik Müller. Ein Klang wie von Webstühlen nimmt den Zuschauer hinein in die Welt der Textilfabrikation. Verschiedene Sequenzen von Lichtbewegungen abstrahieren den Produktionsweg von der Faser bis zum Tuch.
Die faszinierende Videopräsentation wurde für das Festival „Futur21“ entworfen. Dieses Festival ist eine Zusammenarbeit zwischen 16 Industriemuseen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). In Kuchenheim findet es vom 19. bis zum 26. März statt. Jeweils vier der Museen präsentieren parallel.
Offene Debatten der Gesellschaft
Der Museumsleiter in der Tuchfabrik Müller, Detlef Stender, erläutert die Absicht der Veranstaltungen: „Wir müssen uns als Industriemuseen den offenen Debatten der Gesellschaft stellen und sie mit einbauen. Die Kunst ist insofern hilfreich, weil sie Fragen offenlässt und keine Festlegung in Falsch und Richtig vornimmt.“
Festivalwoche
Fortgesetzt wird die Festivalwoche in der Tuchfabrik außerdem mit weiteren Veranstaltungen:
Mittwoch, 23. März, 18 Uhr, Themenabend „Braunkohle -Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft“.
Freitag, 25. März, ab 15 Uhr Kuratorenführung, Experteninput und Diskussion zum Thema „Das „Gute Leben“ für alle?
Samstag, 26. März, 11 bis 13 Uhr, Lightpainting-Workshops für Acht- bis Zwölfjährige „Malen mit Licht“.
16 bis 19 Uhr, fotografische Tour durch das Museum für Jugendliche ab 13 Jahren.
Für beide Veranstaltungen bitte vorab anmelden. (fkn)
Das japanische Künstlerduo Flightgraf hat die Videoinstallation unter dem Titel „230 Millionen +1“ für das LVR entworfen. Eine Anspielung auf die 230 Millionen Tonnen produzierter Kleidung, die nie getragen wird und entsorgt werden muss. Die beiden Künstler konnten coronabedingt selbst nicht vor Ort sein. Der künstlerische Leiter des Festivals, Clemens Walter, hat sie stattdessen mit Fotos vom Museum versorgt. Herausgekommen ist eine passgenaue Präsentation auf den Mauern des historischen Gebäudes.
Kleidung aus Algen oder Kunstleder aus Pilzen?
Eine zweite Videoinstallation von Roman Hagenbrock befasst sich mit den Zahlen rund um die Textilproduktion. Wegstrecken vom Anbau bis zum Kunden, Produktionskosten und Wasserverbrauch spielen in der Installation „Less or More?“ eine Rolle. Vielen werden die harten Fakten unbekannt sein, manche könnten sie zum Umdenken bewegen. Walter hofft, dass auf diese Weise interessante Fragen ins Spiel kommen: „Wie sieht es aus mit Kleidung aus Algen oder Kunstleder aus Pilzen?“
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Besonders für junge Besucher dürfte zu diesen Fragen die dreidimensionale Schnitzeljagd interessant sein. Sie lässt sich mit eigenen Handys, Tablets oder einem vor Ort geliehenen Gerät durchführen. „Follow the future“ nennt sie sich. „Etwa 30 virtuelle Objekte können gefunden werden, die sich mit Wolle, Baumwolle und Kunstfasern befassen und deren Berechtigung und Problematiken aufzeigen“, erklärt Walter die besonders auf junge Menschen ausgerichtete künstlerische Arbeit von Anita Augustin und Tobias Raschbacher.
Zwei Jahre war die wissenschaftliche Referentin des Museums, Maike Lammers-Kallus, mit den Vorbereitungen des Festivals beschäftigt: „Wir haben durch die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen Museen der Landschaftsverbände sehr viel gewonnen“, berichtete sie dankbar am Vorabend des Ausstellungsbeginns und hofft auf reges Interesse an allen Standorten. Der Besuch im Kuchenheimer Museum dürfte jedenfalls manche Anregung geben, über das Kaufverhalten und den Umgang mit Textilien neu nachzudenken.
Der Eintritt zu „Futur21“ ist frei, das Festival ist jeden Tag ist geöffnet. Über Führungen, Workshops und Sonderveranstaltungen kann man sich auf den Webseiten informieren. Die Videoinstallationen sind allerdings nur abends ab 19.30 Uhr zu sehen.