Kreis Euskirchen – Kleine Bäche sind jetzt große, Flussläufe andere als vorher: Die Flutkatastrophe hat auch die Gewässer im Kreis durcheinandergebracht. Auf Wasserverbände wie den Erftverband kommt in den nächsten Monaten einiges an Arbeit zu. Aber nicht überall soll der ursprüngliche Zustand der Gewässer wiederhergestellt werden. Einige Flüsse und Bäche sind laut der Wasserexperten nach dem Hochwasser sogar in einem besseren Zustand als zuvor.
Nur wenige Flussläufe hätten sich verändert und das auch nur auf kleinem Raum, sagt Dr. Dietmar Jansen, Bereichsleiter Gewässer beim Erftverband. Das zeige eine vorläufige Bestandsaufnahme der Schäden. „Bei dem Großteil handelt es sich um Uferabbrüche oder um Verlegungen des Gewässerprofils mit Flussgeschiebe oder Treibgut.“ Flussgeschiebe ist Gestein natürlicher Herkunft, das von den Wassermassen mitgerissen wurde und nun an anderer Stelle zu finden ist.
Kein Grund zur Sorge
Grund zur Sorge ist das für die Experten nicht – ganz im Gegenteil sogar: Dies wirke sich positiv auf Gewässerstruktur und -ökologie aus, erläutert Jansen. Außerhalb der Orte versuche der Erftverband deshalb, die Veränderungen soweit wie möglich zu erhalten. „Dies gilt natürlich nur, wenn hierdurch weder die Hochwassersicherheit bebauter Bereiche noch die Standsicherheit von Bauwerken oder Versorgungsleitungen gefährdet ist.“
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Innerhalb der Orte will der Erftverband die Gewässerprofile größtenteils wiederherstellen. Das kann laut Jansen aber dauern: „Wie lange diese Mammutaufgabe in Anspruch nehmen wird, lässt sich aktuell noch nicht abschätzen.“ Wie viel für den Erftverband zu tun ist, zeigt sich etwa am Erftbett in Iversheim. Aktuell arbeitet ein vom Verband beauftragtes Bauunternehmen daran, den Bach zurückzuverlegen. In Arloff, Kirspenich und Kreuzweingarten führen die Wasserexperten ebenfalls Sohlräumarbeiten und Gewässerprofilierungen durch.
Lebewesen verkraften Katastrophe recht gut
Auch die Lebewesen in den Gewässern sind vom Hochwasser betroffen gewesen – und sind es noch immer. Allerdings verkraften sie laut Jansen die Naturkatastrophe recht gut. „Aufgrund immer wieder vorkommender Hochwässer sind die Organismen der Fließgewässer an diesen sogenannten hydraulischen Stress angepasst“, erläutert er. Fische etwa würden in ruhigere Bereiche oder Nebengewässer ausweichen. Betroffene Gewässerabschnitte, aus denen Lebewesen abgewandert seien, würden aus den Nebengewässern heraus recht schnell wiederbesiedelt.
Nicht selten haben Hochwasser negative Folgen für Lebewesen wie Vögel, die in Ufernähe leben und brüten. Doch es gibt auch viele Pflanzen und Tiere, die vom Hochwasser profitieren. Dazu gehören etwa Insekten, die im Wasser leben oder deren Eier auf feuchten Boden angewiesen sind. Für den Lebensraum Aue sind regelmäßige Hochwasser unverzichtbar. Überschwemmungen können laut Bundesamt für Naturschutz sogar indirekt die Wasserqualität verbessern: Überflutete Auen etwa nehmen Stoffe wie Nitrat und Phosphor aus dem Wasser auf und reinigen es so.
Starke Verdriftung von Organismen
Jansen geht davon aus, dass wegen des extremen Hochwassers eine starke Verdriftung von Organismen stattgefunden hat. Viele Lebewesen sind nicht mehr dort zu finden, wo sie ursprünglich beheimatet waren. Weil „mehr oder weniger alle Gewässer“ im oberen Einzugsgebiet der Erft betroffen seien, werde das wahrscheinlich nur langsam wieder ausgeglichen.
Der Eintrag von Feinsedimenten könne zudem den Lebensraum der Gewässersohle verändert haben. Den Artenbestand der Erft und ihrer Nebenläufe will der Erftverband deshalb so bald wie möglich überprüfen. Die gesammelten Daten sollen dann mit älteren verglichen werden. So wollen die Experten das Ausmaß aufgetretener Veränderung beziffern und die weitere Entwicklung des Lebensraums dokumentieren.