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Das Beste aus 2023Geophysiker: „Erdbeben in der Eifel sind die tiefsten jemals in Deutschland bestimmten“

Lesezeit 3 Minuten
3 Dauner Maare (Gemündener, Weinfelder, Schalkenmehrener). Die 75 Maare der Eifel, darunter 9 wassergefüllte, sind das klassische Maargebiet der Erde. Auch in europäischen und außereuropäischen Ländern gibt es maarbildende Vulkane.

Das Gemündener, Weinfelder, und das Schalkenmehrener Maar. )

Für die Geologie werden kleinste Erschütterungen unter der Eifel aufgezeichnet. Der Geoforscher Torsten Dahm erklärt, welchen Zweck das Ganze hat.

Was ist das Ziel des Experiments, bei dem mehr als 350 Geofone installiert worden sind?

Torsten Dahm: Wir wollen damit tief unter die Erdoberfläche blicken und herausfinden, wie der Untergrund beschaffen ist und was dort passiert, also die Dynamik beobachten. Vor allem geht es um vulkanische Aktivitäten. Es gab vor rund 13.000 Jahren einen riesigen Ausbruch am Laacher See, der gewaltige Mengen an Asche und Gestein empor schleuderte, vergleichbar etwa mit der Pinatubo-Eruption 1991.


Dieser Text gehört zu unseren beliebtesten Inhalten des Jahres 2023 und wurde zuerst am 23. Juli veröffentlicht. Mehr der meistgelesenen Artikel des Jahres finden Sie hier.


Dabei bildete sich der Krater, in dem sich heute der Laacher See befindet.

Aber gilt der Vulkanismus in der Eifel nicht als erloschen?

Das stimmt strenggenommen. In der Wissenschaft spricht man ab einer Ruhephase von 10.000 Jahren von erloschenem Vulkanismus. Wir würden die Eifel-Vulkane allerdings eher als langzeitschlafend bezeichnen. Denn die 13.000 Jahre Ruhe sind sehr kurz, wenn man bedenkt, dass es dort seit rund 60 Millionen Jahren Vulkanismus gibt. Außerdem herrscht dort keineswegs völlige Ruhe. Es gibt neben Eruptionen eine ganze Reihe von Beobachtungen, die auf vulkanische Aktivität hindeuten.“

Torsten Dahm lacht in die Kamera

Torsten Dahm, Direktor des Departments Geophysik am Geoforschungszentrum

Zum Beispiel?

Kleine Erdbeben, die besonders tiefe Frequenzen anregen, gewissermaßen der Bass im Chor der Erdbeben. Der englische Begriff dafür lautet ‚deep low-frequency earthquakes‘, was wir mit DLF abkürzen. Derartige Ereignisse hat der Erdbebendienst Südwest, der für die Überwachung der Eifel zuständige Verbund der Landeserdbebendienste von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, vor wenigen Jahren erstmals nachgewiesen. Dazu kommen Hebungen des Rheinischen Schiefergebirges im Umfeld der Eifel, die wir mit hochpräzisen globalen Navigationssatelliten-Messungen feststellen.

Sind diese DLF-Beben ein neues Phänomen?

Das wissen wir nicht. Wir nehmen aber an, dass es sie schon lange gibt, sie aber vorher nicht registriert werden konnten. Unsere Messgeräte sind empfindlicher und die Messungen durch neue Verfahren genauer geworden. So hat der Landeserdbebendienst Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren sein seismisches Netzwerk insbesondere in der Osteifel stark ausgebaut und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Damit wurden die Beobachtungen der DLF-Beben ab 2013 möglich.

Was unterscheidet diese DLF-Beben von herkömmlichen Erdbeben?

Abgesehen von der deutlich niedrigeren Frequenz der DLF-Erdbeben im Vergleich zu tektonischen Erdbeben ist deren Herdtiefe größer. Die tektonischen Erdbeben ereignen sich meist in der Oberkruste bis in etwa 15 Kilometer Tiefe. Die DLF-Beben ereignen sich in der Unterkruste in einer Tiefe von etwa 10 bis 30 Kilometern und im obersten Erdmantel, in 30 bis 45 Kilometern Tiefe. Dort ist es sehr heiß und es werden keine tektonisch verursachten Erdbeben erwartet. Die DLF-Erdbeben in der Osteifel reichen bis in Tiefen unterhalb von 40 km und sind die tiefsten jemals in Deutschland bestimmten Erdbeben.

Und wo sind die Geofone aufgestellt?

Überwiegend in den Landkreisen Mayen-Koblenz und Ahrweiler und dort möglichst auf Flächen, die der öffentlichen Hand gehören, also Kommunen beispielsweise. An manchen Orten haben wir auch Privatleute gefragt. Erste Erfahrungen damit waren überaus positiv. Die Menschen sind sehr interessiert und stehen unseren Forschungsarbeiten sehr aufgeschlossen gegenüber.

Müssen die Menschen in der Eifel Angst vor einem drohenden Vulkanausbruch haben?

Nein. Dafür sehen wir derzeit keine Anzeichen. Unsere Forschung dient in erste Linie dem besseren Verständnis der vulkanischen Systeme tief unter der Erdoberfläche der Eifel.