Landwirtschaft im Kreis EuskirchenGetreideernte für Höhengebiete eigentlich zu früh
Kreis Euskirchen – Wer zu Wochenbeginn die Autobahn A1 von Weilerswist1 bis zum Ausbauende bei Tondorf befuhr, der konnte sie überall im Kreis Euskirchen beobachten: Mähdrescher, Traktoren und Strohballenpressen im Dauereinsatz – bei den Landwirten lief die Getreideernte auf Hochtouren.
Ungewöhnlich: Zeitgleiche Ernte in Börde und Eifel
Das besondere in diesem Jahr: „Normalerweise liegen zwischen der Getreideernte in der Zülpicher Börde und den Höhenlagen rund um Nettersheim oder Blankenheim mehrere Wochen – in diesem Jahr aber lief die Ernte nahezu zeitgleich“, meint Guido Müller aus Engelgau.
Das Problem: „Für die Eifel war der Erntezeitpunkt beim Getreide eigentlich viel zu früh“, so der Landwirt und Lohnunternehmer: „Die Trockenheit der vergangenen Wochen und die aktuellen Rekordtemperaturen in diesen Tagen haben zu einer Notreifung des Getreides geführt und die Erträge sind dadurch deutlich geringer, weil die Kornausbildung der Pflanzen eigentlich noch nicht abgeschlossen war“, so der Engelgauer.
Ausschlaggebend dafür sei neben den hohen Temperaturen vor allem fehlender Niederschlag in den Vorwochen gewesen: „Spätestens Anfang Juli hätte es nochmal gut regnen müssen – die Niederschläge von Mittwoch und Donnerstag kamen zu spät fürs Getreide, das ist jetzt durch“, zieht Müller eine erste Bilanz der Getreideernte in den Höhenlagen.
Wetter oder Klimawandel?
Ist das nur Wetter oder bereits eine Folge des Klimawandels? „Heiße Sommer hat es natürlich auch in meiner Kindheit immer mal wieder gegeben. Aber zum Beispiel die Bodenfeuchtigkeit hat in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter abgenommen“, berichtet Müller – das habe er immer wieder bei Baggerarbeiten festgestellt, die er neben seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit in seinem Lohnbetrieb ebenfalls ausführt. „Für mich steht fest, dass sich der Klimawandel bemerkbar macht, mit gravierenden Folgen für die Landwirtschaft“, so Müller.
Rund 6,5 Tonnen pro Hektar – mehr seien in diesem Jahr bei ihm und seinen Kunden in den Höhenlagen rund um Nettersheim, Tondorf und Blankenheimerdorf, in deren Auftrag er als Lohnunternehmer bei der Ernte hilft, nicht drin gewesen. „Das war bei der Wintergerste so. Und aktuell auch bei Triticale“, (Kreuzung aus Weizen und Roggen) berichtet Müller: „Ich habe aber auch von Landwirten aus dem Raum Düren gehört, die mit den diesjährigen Erträgen sehr zufrieden waren“, schaut der Eifeler etwas neidisch auf seine Berufskollegen in der Ebene.
Große Spannweite bei den Erträgen
Diesen Eindruck kann Hans Schorn aus Lommersum nur bedingt bestätigen: „Wir haben in diesem Jahr eine sehr breite Spannweite bei den Erträgen“, sagt Schorn: „Die Bodenqualität und die Fähigkeit der Böden, das Wasser zu speichern, ist entscheidend.“ Grundsätzlich sei es so, dass Wassermangel auch immer zu Ertragsmangel führe.„Außerdem kommt noch erschwerend hinzu, dass wir vielfach mit Qualitätsproblemen beim Getreide zu tun haben“, fasst Schorn die Sorgen seiner Berufskollegen zusammen.
Bei einigen Versuchen seien niedrige Proteingehalte im Getreide festgestellt worden, was zu Problemen bei der industriellen Verarbeitung des Weizens führen könne. „Die Ursachen für den geringen Eiweißgehalt stehen noch nicht fest. Ich vermute jedoch, dass neben der zu schnellen Abreife auch der geringere Düngereinsatz in diesem Jahr, den uns die EU vorschreibt, geführt haben kann“, sagt Schorn. Denn um Proteine bilden zu können, benötige die Pflanze Stickstoff – und der kommt auch über den Dünger in den Boden.
Die Trockenheit in diesem Jahr könnte sich aber auch bei anderen Feldfrüchten noch negativ auswirken: Auf etlichen Zuckerrüben-Äckern rund um Euskirchen waren in den vergangenen Tagen viele Pflanzen mit welkenden Blättern zu sehen. „Das gibt es schon mal bei den Zuckerrüben, dass die bei so hohen Temperaturen eine Sommerpause einlegen“, erklärt Helmut Dahmen, der seit diesem Jahr Vorsitzender der Kreis-Bauernschaft Euskirchen ist.
Rapsernte nur „zufriedenstellend"
„Aber wenn es jetzt noch mal Niederschläge gibt, dann bringt das der Pflanze tatsächlich noch etwas. Das ist auch beim Mais der Fall“, sieht Dahmen noch Hoffnung für die ausstehende Ernte. Nahezu abgeschlossen ist die Ernte bereits beim Raps. „Hier waren die Erträge aber meist nur zufriedenstellend “, so Dahmen weiter.
Den Regentag nach der Rekordhitze am Dienstag nutzte Lohnunternehmer Guido Müller unterdessen für notwendige Instandsetzungsarbeiten an seinem Mähdrescher. „Speziell wenn es so heiß ist können Defekte auch schnell zu Bränden führen, wovon die Maschine oder auch das Feld betroffen sein können“, so Müller.
Feuer sofort selbst gelöscht
Eine schleifende Bremse an seinem mehr als 300.000 Euro teuren Mähdrescher war so heiß gelaufen, dass sich das trockene Stroh entzündete. „Zum Glück habe ich das sofort gemerkt und konnte den kleinen Brand selbst löschen“, sagt Müller.
Wichtig sei es daher auch, Mähdrescher und Ballenpresse nach jedem Ernteeinsatz zu reinigen, damit sich Stroh und Staub an heißen Maschinenteilen nicht entzünden können. „Ich habe dafür immer einen Laubbläser an Bord, mit dem ich das noch vor Feierabend mache“, sagt Müller, der in seinem Lohnbetrieb zwei Festangestellte und fünf bis sechs Aushilfskräfte für die Wochenenden beschäftigt.
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„Die Mitarbeitersituation ist nicht einfach. Kaum jemand arbeitet gerne am Wochenende oder spät am Abend, aber das ist natürlich in der Erntesaison nicht vermeidbar“, sagt Müller.
Trotzdem sind zumindest in seinem Betrieb Nachteinsätze die absolute Ausnahme: „Zu 90 Prozent versuchen wir, nicht mehr nach 22 Uhr zu arbeiten. Das wirkt sich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus. Und auch die Unfallhäufigkeit ist dann geringer“, hat der Engelgauer in seinem Betrieb festgestellt.