Hamsterkäufe und KurzarbeitDachdecker in Euskirchen schlagen wegen Holzmangel Alarm
Kreis Euskirchen – Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher? Der Chef eines Dachdeckerbetriebs mit 21 Mitarbeitern aus dem Kreis Euskirchen schließt das nicht mehr aus. Er habe noch Material, das bis zum 7. Juni reiche, berichtete der Handwerker kürzlich im virtuellen Gespräch der Kreis-Dachdecker-Innung mit Elisabeth Winkelmeier-Becker, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, das MdB Detlef Seif vermittelt hatte.
Vertreter des Dachdecker-, Zimmerer-, Tischler- und Bauhandwerks sowie kommunale Waldbesitzer wiesen auf die aus ihrer Sicht dramatische Situation hin. Der Baustoffhandel berichtete, dass die Belieferung durch Sägewerke und andere Zulieferer um bis zu zwei Drittel pro Woche zurückgegangen sei. Mehr und mehr Produzenten und Großhändler begrenzten, bei maximaler Auslastung ihrer Werke, die Belieferung von Handwerkern, um Hamsterkäufe zu vermeiden.
Ursache seien eine hohe regionale und internationale Nachfrage nach Bauleistungen. Der Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum sei hoch. Die Niedrigzinspolitik der EZB und infolgedessen aller Banken und Sparkassen habe zu einer hohen Investitionsbereitschaft im Bausektor geführt. In der Pandemie 2020/2021 werden im privaten und im öffentlichen Bereich Bau- und Ausbauprodukte nachgefragt. International sei eine Verknappung von Bauholz und anderen Holzprodukten festzustellen.
Explosive Preisentwicklung
Die hohe Nachfrage führt nach Meinung von Experten zu einer spekulativen Marktentwicklung und treibt die aktuellen Holzpreise um das Zweieinhalb- bis Dreieinhalbfache im Vergleich zum Vorjahr hoch. „Die explosive Preisentwicklung bedroht die wirtschaftliche Stabilität von Unternehmen“, so Uwe Günther, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rureifel und der Dachdecker-Innung für den Kreis Euskirchen.
Insbesondere die Handwerker, die für den öffentlichen Bausektor, Bauträger und Wohnungsbaugesellschaften arbeiten, schließen ihre Verträge längerfristig ab. Sie könnten auf die unvorhersehbare Marktentwicklung, speziell seit Januar/Februar 2021, kaum oder gar nicht reagieren.
Eingreifen des Gesetzgebers gefordert
Die Betriebe fordern ein ordnungspolitisches Eingreifen des Gesetzgebers. Der unverschuldete Wegfall einer Geschäftsgrundlage ermögliche auch rechtliche Maßnahmen. Eine „Stoffpreisgleitklausel“ etwa ermögliche eine faire Kostenverteilung. Dazu bräuchten die Kommunen eine entsprechende Erklärung der Bundesregierung.
Auf Bauzeitverzögerungen infolge nicht gelieferten Materials müsse flexibel reagiert werden – durch kulante Regelungen und Schutz vor Konventionalstrafen. Die Kurzarbeitergeldregelung sollte bis zum Jahresende verlängert werden.
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Um die Belieferung des heimischen Baumarktes abzusichern, seien Maßnahmen zu ergreifen, die den Export in außereuropäische Länder einschränken. Für die Forstwirtschaft könnte eine Aussetzung oder Aufhebung des Einschlagverbots nach dem Forstschäden-Ausgleichsgesetz zusätzliche Spielräume zur Versorgung des heimischen Marktes schaffen. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden.