Corona-Gewinner in EuskirchenSportgeschäfte sind auf Pandemie-Trends eingestellt
Euskirchen – Mannschaftstrikots, Schienbeinschoner, Trainingstaschen: Wolfgang Fröhling (54) hat in seinem Sportgeschäft am Münstertor in Zülpich alles, was das Mannschaftssportherz begehrt und sein Sortiment gut auf die örtlichen Vereine abgestimmt. Zu Corona-Zeiten geht die Nachfrage nach all diesen Dingen allerdings gegen Null, denn seit mehr als einem Jahr darf so gut wie kein Mannschaftssport mehr stattfinden. Fröhling merkt das deutlich: „Als Einzelhändler und Schalke-Fan stehe ich kurz vor einer Delfintherapie.“
Seit vergangenem Frühjahr setzt der gelernte Physiotherapeut vor allem auf Individualsportarten, wie Laufen, Skaten oder Wandern. „Viele Leute haben sich neu ausgestattet“, sagt Fröhling. Zwar gab es schon immer eine Nachfrage und damit bei Fröhling auch das Angebot nach Outdoorbekleidung, der Absatz für Lauftextilien und -schuhe sowie Nordic-Walking-Zubehör und Fahrradbekleidung habe aber stark zugenommen. „Und Jogginghosen für die Couch“, fügt der 54-Jährige lachend hinzu, seien auch sehr gefragt. Einen richtigen Nachfrageboom gäbe es aktuell auch bei Hula-Hoop-Reifen. „Die sind frühestens im Juni wieder lieferbar. Die Hersteller sind alle ausverkauft“, berichtet Fröhling. Besonders auf den Social-Media-Plattformen sind die Reifen derzeit sehr prominent.
Im vergangenen Spätsommer habe er kurz Hoffnung auf Besserung gehabt, berichtete Fröhling. Als die Mannschaften wieder mit dem Training starten durften. Doch die Hoffnung hielt nicht lange an. „Die Vereine waren sehr zurückhaltend was Trikotbestellungen anging. Die Finanzierung war bei vielen weggebrochen“, sagt Fröhling. So war es auch bei den Karnevalsvereinen: Ohne Session brach die Nachfrage nach neuer Trainingskleidung komplett weg, so Fröhling. Am Anfang unterstützen die Sport- und Karnevalsvereine Fröhling noch mit dem Kauf von Gutscheinen. Doch nach einem Jahr ist auch dort die Nachfrage eingebrochen. Und auch die Kooperation mit den Fitnessstudios brach weg, seit Trainieren dort nicht mehr erlaubt ist.
„Wir Einzelhändler haben seit Monaten keine Perspektive. Man denkt immer, jetzt wird es besser, aber das wird es nicht“, sagt Fröhling. Er wünsche sich einen harten Lockdown, um für die Zeit danach planen zu können: „Ich weiß nicht was ich Einkaufen soll. Brauche ich Bademoden für den Sommer?“ Die Wintermode, die Fröhling für die nächste Saison schon bestellen musste, habe er komplett auf Individualsport beschränkt. Doch auch da ist die Unsicherheit groß. „Brauche ich Skibekleidung? Keiner kauft eine Skijacke für 160 Euro, wenn er nur zuhause spazieren gehen kann“, sagt Fröhling. Seit 16 Jahren kommt der Inhaber in seinen Laden. Sein grenzenloser Optimismus, so Fröhling, macht ihm Hoffnung, dass es den Laden auch in weiteren 16 Jahren noch geben wird. „Aber wir müssen die Lage innerhalb der nächsten vier Monate in den Griff kriegen“, fügt er hinzu.Pläne hat Fröhling trotzdem. „Ich möchte mein Angebot im Bereich Tennis erweitern“, sagt der Inhaber. Schließlich seien Einzel im Tennis erlaubt.
„Haben vorausschauend gearbeitet“
Bei Sport-Peters ist es dunkel. Von den Schaufenstern, die zur Dreiborner Straße, der Gemünder Fußgängerzone hinausgehen, dringt kaum Licht in die hinteren Regionen des langgestreckten Ladenlokals. Doch wer sollte sich daran stören? Bis auch Helmut Peters, den Inhaber, ist niemand hier, und er scheint sich auszukennen. Es ist Corona. Manchmal klingelt es an der Ladentür und jemand holt eine bestellte Ware ab, die Peters in einer Tüte bereitgestellt hat. Es ist fast so, wie in vielen anderen Geschäften in Gemünd und anderswo. Bis auf eine Kleinigkeit: Dafür, dass die Sportvereine nicht mehr trainieren und die Kunden nicht mehr in sein Geschäft kommen dürfen, ist Peters entspannt. Der Grund: „Wir haben vorausschauend gearbeitet und bereits vor zehn Jahren einen Onlineshop eingerichtet“, berichtet er. Doch von alleine gehe so etwas nicht. Mittlerweile würden drei Mitarbeiter ausschließlich die über das Internet hereinkommenden Bestellungen bearbeiten, neue Waren einstellen und die Seiten pflegen. „Man braucht auch die entsprechende Hardware, eigene Server, und muss wissen, wie man so etwas bewirbt“, sagt er.
So konnte er, als im November der Lockdown ausgerufen wurde, auf eine seit vielen Jahren gewachsene und bestehende Infrastruktur zurückgreifen, über die er die Ware an den Kunden bringt. Schnell seien seine Stammkunden darauf ausgewichen.
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Auch eine zweite Entscheidung erwies sich als goldrichtig. Peters hat sein Sortiment schon vor Jahren auf zwei Säulen gebaut: Laufen und Wandern, und Artikel für andere Sportarten wie Tennis oder Fußball aus den Regalen genommen. „Das sind die Aktivitäten, auf die jetzt alle Leute machen“, sagt er. Bewegung draußen liege im Trend, und gerade Sportler, die zur Zeit nicht trainieren könnten, würden auf das Laufen ausweichen. Dazu sei ein Wanderboom entstanden, Schuhe, Ausrüstung und Nordic-Walking-Stöcke lägen im Trend. „Es gibt auch Corona-Gewinner“, lächelt er.