Haushalt EuskirchenKommunen drohen schwere Zeiten mit Defiziten
Kreis Euskirchen – Es ist gerade mal sechs Wochen her, dass der Haushalt 2020 vom Mechernicher Stadtrat verabschiedet wurde. Kämmerer Ralf Claßen hatte den Politikern zum sechsten Mal in Folge einen Haushalt ohne Defizit vorgelegt. In den letzten Jahren wurden sogar Überschüsse erwirtschaftet.
Doch damit ist es wohl vorbei. Corona dürfte die Schwarze Null auch in den Kommunen kippen, die sich bereits an defizitfreie Haushalte gewöhnt haben. Von denen, die sich ihr erst noch nähern wollen, ganz zu schweigen. In welchem Maße das die Bürger treffen wird, ist noch unklar.
Gewerbestuer brechen weg
Es könne auch noch niemand sagen, wie sich die Corona-Krise letztlich auf die finanzielle Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden auswirke, so Claßen. Das hänge auch davon ab, wie lange das Virus das Land noch lahmlegen werde: „Wir werden aber nicht ungeschoren davongekommen.“ Bereits der Haushalt 2020 werde wahrscheinlich nicht so realisiert werden können, wie noch vor wenigen Wochen beschlossen.
Abzusehen ist schon jetzt, dass große Teile der Gewerbesteuer für die Kommunen wegbrechen werden, wenn kleine Geschäfte und größere Firmen schließen oder die Produktion herunterfahren müssen. So werden die Kommunen bei ihren Anteilen an der Einkommenssteuer Abstriche machen müssen. Wenn Jobs ganz wegfallen oder Beschäftigte in der Kurzarbeit nur noch 60 Prozent für die Zeit, in der sie nicht arbeiten, erhalten, verkleinern sich zwangsläufig der Einnahme-Kuchen beim Bund und folglich auch die Stücke, die unten in den Rathäusern ankommen.
Einschnitte wahrscheinlich für April bis Juni
Da diese Anteile in Quartalen abgerechnet werden, rechnet Claßen damit, dass schon geringere Zahlungen für die Monate April bis Juni schmerzhafte Einschnitte für die Städte und Gemeinden bringen werden – und der beschlossene Haushalt für dieses Jahr bereits in Teilen aus den Fugen gerät.
Hinzu komme, dass sich Land und Bund mit ihren „sicherlich notwendigen Schutzschirmen“, so Claßen, für die Wirtschaft und für den Kampf gegen das Virus um mehrere 100 Milliarden Euro verschulden.
Das werde sich mittelfristig auf die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommunen auswirken – und zwar nicht zum Vorteil der Städte und Gemeinden.
Geringere Steuereinnahmen - höhere Sozialleistungen
Auch die Überweisungen der Kommunen an den Kreis dürften künftig höher ausfallen. Wenn die Wirtschaft schwächelt, wird es mehr Menschen geben, die der Unterstützung bedürfen. Noch könne niemand sagen, wie viele Bürger davon betroffen sein werden, stellt auch Kreiskämmerer Ingo Hessenius klar, „da das Ausmaß der Pandemie kaum zu prognostizieren ist“.
Er befürchte geringere Steuereinnahmen des Staates und höhere Sozialleistungen. Soweit Letztere vom Kreis zu zahlen seien – etwa die Kosten der Unterkunft – und kein entsprechender Ausgleich durch Bund oder Land fließe, belaste das automatisch die Kreisumlage, die die Städte und Gemeinden aufbringen müssen.
Halbe Millionen Euro für Bewältigung der Pandemie
Bereits in den Kreishaushalt 2020, über den der Kreistag an diesem Mittwoch in kleinerer Besetzung und im größeren Saal des Euskirchener City-Forums entscheiden soll, hat Hessenius kurzfristig zusätzliche Ausgaben von mehreren 100 000 Euro eingearbeitet. Die Politik will Eltern die Kita-Beiträge erlassen, solange die Einrichtungen der Krise wegen geschlossen sind. Eine halbe Million Euro sollen zudem für die Bewältigung der Pandemie eingetragen werden.
Weniger Gewerbesteuer
Die Stadt Euskirchen rechnete schon vor Beginn der Corona-Krise mit sinkenden Gewerbesteuer-Einnahmen. Kämmerer Klaus Schmitz kalkulierte bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 2020 mit rund 28,5 Millionen Euro. Das sind 7 Millionen Euro weniger als im Jahr 2019, in dem die Stadt ungewöhnlich hohe Einnahmen verzeichnete. Im Rat wies Schmitz jetzt darauf hin, dass die Pandemie massive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben werde – und damit auch auf die Steuereinnahmen. Bezifferbar seien die Folgen noch nicht.
Die Stadt reagiere gegenüber Unternehmen unterstützend, so der Kämmerer weiter: In begründeten Einzelfällen werde der Vollzug anstehender Forderungen bis zum 31. Mai 2020 zinslos ausgesetzt. (ejb)
Ob das reicht? „Wir müssen uns vor Augen führen“, so Hessenius, „dass das finanzielle Ausmaß der Pandemie derzeit nicht verlässlich abzuschätzen ist. Sollten daher die eingeplanten Mittel am Ende des Jahres nicht ausreichen, wird dies gegebenenfalls zu einer Inanspruchnahme des Eigenkapitals führen.“
Hoffen auf Hilfe
Und was können die Städte und Gemeinden tun? Nicht allzu viel. „Wir sind die Letzten in der Kette“, stellt Claßen fest. Ein Drehen an der Gewerbesteuer-Schraube könnte die Wiederbelebung der lokalen Wirtschaft nach der Krise gleich wieder abwürgen und sei deshalb zurzeit nicht angedacht, so der Mechernicher Kämmerer.
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„Ich gehe davon aus, dass auch den Kommunen geholfen wird“, hofft Claßen auf Berlin und Düsseldorf – und darauf, dass auch der ländliche Raum davon ausreichend profitieren wird. Wie groß die Einschnitte durch Corona sein werden, sei heute noch nicht abzusehen, sagt Claßen; „Es wird sie aber geben, da muss man kein Prophet sein.“