Carola Holzner nimmt in der Hellenthaler Grenzlandhalle das Publikum mit in die Welt von „Doc Caro“ – als ein Martinshorn zu hören ist.
Tränen auf der BühneDoc Caro zeigt sich in Hellenthal von ihrer persönlichen Seite
„Hallo Hellenthal!“ Fröhlich und mit gepflegtem ripuarischen, dicken L begrüßte Dr. med Carola Holzner, besser bekannt unter ihrem Spitznamen Doc Caro, ihr Publikum in der Hellenthaler Grenzlandhalle. Im Rahmen der „Lit Eifel“ war sie am Freitagabend (3. November) zu einer Lesung aus ihrem Buch „Keine halben Sachen“ gekommen.
Und auch noch zu mehr, denn sie hatte sich mit der Monschauerin Janine Köster Verstärkung für einige gepflegte Plaudereien mit auf die Bühne geholt. Herzlich war die Begrüßung der unprätentiösen Mülheimerin, doch mit der recht verhaltenen Reaktion des vollbesetzten Saales hatte sie offensichtlich nicht gerechnet.
„Ihr seid so ein bisschen ruhiger?“, fragte sie das Publikum. Der Eifeler sei wohl zurückhaltender, habe es aber faustdick hinter den Ohren, mutmaßte sie. Sie komme ja aus dem Ruhrgebiet, und wenn man da ankomme, sei man da.
Doc Caro: Jüngstes Buch schon auf der Spiegel-Bestsellerliste
Das war sie auch. Sehr präsent zeigte sich die blonde Frau mit der markanten Undercutfrisur, doch genauso unverstellt und authentisch. Doch vor allem ist sie äußerst umtriebig. Die promovierte Medizinerin (Thema der Dissertation: Humane Amniozyten zeigen neuronale Eigenschaften nach adenoviraler Transformation in vitro und in vivo), Fachärztin für Anästhesie, ist nicht nur als Notfallmedizinerin in mehreren Staffeln im Privatfernsehen zu sehen, sondern sie produziert auch einen wöchentlichen Podcast und hat mehrere Bücher und einen Comic veröffentlicht.
Das neueste Buch mit dem Titel „Bleibt das Herz stehen, wenn man niest?“ ist in der vergangenen Woche erschienen und hat bereits den ersten Platz der „Spiegel“-Bestsellerliste erreicht. Derzeit ist sie auf dem Fernsehsender VOX in der Doku-Reihe „Doc Caro – Jedes Leben zählt“ zu sehen.
Als das Martinshorn erklingt, reagiert Doc Caro in Hellenthal spontan
Wie eine derartige Arbeitsbelastung mit ihrer familiären Situation als zweifache Mutter zu vereinbaren sei, wollte denn auch Bühnenpartnerin Köster wissen. „Orga ist alles, die Kinder ziehen knallhart mit“, bekannte Holzner. Für die habe es auch Vorteile, da sie immer eine Ausrede hätten, einen misslungenen Vokabeltest zu verschweigen. „Mama, Du hattest so viel Stress, da wollte ich Dich nicht stören“, zitierte sie ihren Nachwuchs. Und einen Podcast könne man auch abends auf dem Sofa aufnehmen, verriet sie die kleinen Tricks.
Dann kam sie auf ihre Bücher zu sprechen, die ja das eigentliche Thema seien. Darin gebe sie ihre Welt ungeschönt wieder. Die Notaufnahme, in der sie derzeit arbeitet, habe ihre Sicht auf die Welt verändert. Als Beleg las sie aus „Keine halben Sachen“ die Geschichte von einer Frau, die mit ihrem kleinen Sohn und einer Blinddarmentzündung in die Notaufnahme gekommen sei.
Eine Operation sei unvermeidlich gewesen, doch die Frau habe sich nicht operieren lassen, da sie befürchtete, dann ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Außerdem habe sie niemanden, der sich um ihren Sohn kümmern könne. „Ich habe jetzt keine Kapazitäten für eine Blinddarmentzündung“, so habe die Frau gesagt und sich Medikamente verschreiben lassen.
Das sei in Holzners Welt bis dahin nicht vorgekommen, da sie nie Angst um ihren Arbeitsplatz oder mangelnde Betreuung der Kinder gehabt habe. Beim Lesen dieser Passage wurde es dann Holzner feucht um die Augen. Mit einem aus dem Publikum gereichten Taschentuch rückte sie den Tränen zu Leibe, um anschließend ihre Erfahrungen vom Anmeldetresen in der Notaufnahme zum Besten zu geben.
Auch hier verlor sie ihre Spontaneität nicht. „Die spielen mein Lied“, rief sie, als von draußen ein Martinshorn zu hören war. Von Lebensrettungen berichtete sie genauso wie von skurrilen Erfahrungen in der Notfallpraxis der kassenärztlichen Vereinigung und gab auch ihr Motto preis: „Das Leben ist zu kurz für Sekt, mach den Champagner auf“.
Zum Schluss bat sie das Publikum, den Rettungsdiensten und Notärzten einmal ein Dank zukommen zu lassen. Denn diese würden, wenn die Patienten schließlich im Krankenhaus seien, in der Regel vergessen werden. „Bedankt Euch bei denen, das wünschen die sich am meisten“, verriet sie.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Textes wurde der Name von Carola Holzner fälschlicherweise als Caroline genannt. Wir haben das korrigiert.