Die Gemeinde Nettersheim hat eine Reihe von Einzelmaßnahmen zum Hochwasserschutz ergriffen. Ein Gesamtkonzept soll bis 2026 fertig sein.
HochwasserschutzEin großer Rechen soll Nettersheim künftig vor Fluten bewahren
Mittlerweile sind mehr als zwei Jahre vergangen, doch noch immer ist die Flutkatastrophe in den Köpfen vieler Eifeler präsent. Genauso wie die Befürchtung, dass sich die Katastrophe wiederholen könnte. „Extremwetter werden sich mehren“, ist sich auch Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump sicher.
Und auch wenn die erste Sofortmaßnahme zum Hochwasserschutz in Nettersheim bereits in Arbeit ist, werde sie Extremhochwasser wie 2021 nicht verhindern. „Aber sie wird helfen“, ergänzte Wilfried Claesgens, Geschäftsführer der Ingenieurgesellschaft Gotthard und Knipper
In Nettersheim kam das Wasser auch von den Hängen in den Ort
Nicht nur von der Urft und dem Genfbach waren in der Ortslage von Nettersheim die Wassermassen gekommen, sondern auch von den Hängen. Doch vor allem waren es die Fluten der Urft, die vom Naturzentrum bis ins Rosenthal die Tallage überflutet und große Schäden an privatem Besitz wie an kommunaler Infrastruktur verursacht hatten. „Der Schutz muss vor den Orten stattfinden“, sagte Crump.
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Doch das ist Teil des Interkommunalen Hochwasserschutzkonzeptes, das nach derzeitiger Planung frühestens 2026 fertig sein wird. Zurzeit liege der Antrag dafür bei der Bezirksregierung, so Crump. „Dann erfolgt die Planung, so dass frühestens ab 2028 die Umsetzung erfolgen kann“, erläuterte der Bürgermeister.
Becken kann vier Millionen Liter Wasser aufnehmen
Neben diesem großräumigen Konzept gibt es in jeder Kommune auch Sofortmaßnahmen, die bereits jetzt umgesetzt werden können. Es sind sogenannte „No-Regret-Maßnahmen“, die sich einmal in das Gesamtkonzept einfügen und dessen Ziele nicht konterkarieren werden. Entwickelt wurden sie bei einem Workshop im vergangenen Jahr in Hellenthal. Neben der Retentionsfläche am Römerplatz sollen noch drei weitere verhindern, dass der Dorfkern von Nettersheim wieder überschwemmt wird.
„Im Prinzip wurde die Fläche abgesenkt, so dass mehr Volumen entstanden ist“, erläuterte Claesgens. Zur Bahn- und Dorfseite wird das so entstandene Becken mit einem Deich abgesichert. Bis zu 4000 Kubikmeter Volumen für rund vier Millionen Liter Wasser seien so entstanden. „Allerdings ist es kein Regenrückhaltebecken“, betonte der Ingenieur.
Ein Problem sei 2021 gewesen, dass der Durchfluss durch die Brücke am Römerplatz schnell durch Treibholz verstopft gewesen sei. Damit sich solche Verklausungen nicht wieder bilden können, wurde mit senkrecht in die Erde gebrachten Stahlträgern ein riesiger Rechen gebaut, der Baumstämme und Treibgut weit vor der Brücke aufhalten soll. „Die Stahlträger sind acht Meter tief im Boden, die sind stabil“, so Claesgens. Bei einer Förderquote von 100 Prozent wird die Maßnahme am Römerplatz mit 580000 Euro vom Land NRW finanziert.
Eine Hürde stellten die Besitzverhältnisse dar. „Das war Bauland und in privater Hand“, so Crump. Doch die Besitzer seien sehr kooperativ gewesen und haben die Flächen der Gemeinde verkauft. „Die Nutzer ziehen mit, ein einziger hätte alles blockieren können“, lobte er die Zusammenarbeit.
Deiche sollen den Ortskern von Nettersheim abriegeln
Bei einem sogenannten hundertjährlichen Hochwasser bleibe das Wasser etwa noch 1,22 Meter unter der Deichkrone, hat Claesgens errechnet. Dieser Deich wird am Naturzentrum vorbeigeführt, so dass das Wasser nach Pfaffenbenden weiterfließt. Hier soll der zweite Teil der Sofortmaßnahmen entstehen: Parallel zur Bahnhofstraße wird ein weiterer Deich den Ortskern abriegeln.
Der Kirmesplatz am Bahnübergang soll ebenfalls abgesenkt und eine weitere Mauer installiert werden. Durchlässe für Straßen sollen im Ernstfall mit mobilen Hochwasserschutzwänden verschlossen werden. Eine vierte Sofortmaßnahme ist am Café Hess geplant, wo die Wiese Röderpesch zur Retentionsfläche wird.
Der Erfahrung von 2021, dass vor allem das Wasser der kleinen Zuflüsse zum Hochwasser beigetragen hat, wird mit deren Bearbeitung Rechnung getragen. „Kleine Gewässer sind leichter zu bändigen als große“, so Claesgens. Allerdings müsse dies im Rahmen einer Gesamtbetrachtung geschehen: „Wenn dort alle Becken gleichzeitig überlaufen, kommt es zu einer großen Welle.“ Das sei wie bei einer Kreuzung, wenn alle Autos gleichzeitig fahren dürften. Wenn die Rückhalteeinrichtungen gestaffelt ihr Wasser ablassen, gebe es kein Problem.
Auch die Gestaltung des überörtlichen Hochwasserschutzes sei mit dem Straßenverkehr zu vergleichen, nur umgekehrt. „In den Orten muss das Wasser schnell durchfließen, während es zwischen den bewohnten Bereichen mit Retentionsflächen und Rückhaltebecken gedrosselt wird“, sagte er. Doch nicht alles könne verhindert werden, betonte Crump. „Die Menschen müssen sich und ihre Häuser auch selber schützen“, sagte er. „Keine öffentliche Maßnahme kann den Objektschutz ersetzen“, ergänzte Claesgens.
Bewilligung für Schutzmaßnahmen am Genfbach ist da
Mit Blick auf das Interkommunale Hochwasserschutzkonzept seien mehrere Bereiche am Oberlauf der Urft bereits in den Blick genommen, teilte Crump mit. Einige liegen allerdings im FFH-Gebiet, was komplizierte Planverfahren nach sich ziehe.
Die Bewilligung für die Planung der Schutzmaßnahmen am Genfbach sei am Freitagmorgen bei der Gemeinde eingetroffen, teilte Crump weiter mit. Mit 102.000 Euro bei einer Förderung von 80 Prozent könnte nun die Planung für Sofortmaßnahmen und das interkommunale Konzept in Angriff genommen werden.