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Beim WandernMarietta Schmitz zeigt Eifeler Naturspezialitäten am Wegesrand

Lesezeit 4 Minuten

Ein wunderbarer Blick ins Ländchen: Die Ackerterrassen links im Bild sind Relikte der historischen Landwirtschaft in der Eifel.

Hellenthal-Wildenburg – Am Ende sind wir knapp zwei Kilometer unterwegs gewesen, haben dafür aber zweieinhalb Stunden gebraucht. Wie das geht? Ganz einfach, wenn man sich mit jemandem wie Marietta Schmitz auf den Weg macht, die zu nahezu jedem Gewächs am Wegesrand interessante Geschichten und köstliche Zubereitungsvorschläge auf Lager hat.

Wir starten unsere Mini-Wanderung, die nach Belieben ausgeweitet werden kann, vom Parkplatz an der Wildenburg und genießen zunächst den Blick ins Hellenthaler Ländchen, wie die Einheimischen das Gebiet bezeichnen. Offene Flächen, Grünland, auf dem im Sommer unter anderem Orchideen blühen, und Ackerterrassen aus alten Zeiten, die seinerzeit das Bewirtschaften der steilen Hangflächen ermöglichten.

Weiter geht es Richtung Burg, der einzigen nicht zerstörten Höhenburg in der Eifel. Im 18. Jahrhundert wurde sie zur Klosterkirche umgebaut, in deren ehemaligen Gärten nach historischen Vorbild Kräutergärten angelegt wurden. Rechts ab gelangen wir auf einen schmalen Wanderweg entlang der historischen Burgmauer. Marietta Schmitz wird sofort fündig: Ein lila blühendes Kraut mit dem wenig schmeichelhaften Namen Stinkender Storchschnabel.

Auch Hagebutten sind wahre Vitamin-C-Bomben.

„Im Lateinischen Geranium robertianum, was Hinweis geben soll auf den Assistenten des Wissenschaftlers, der das Kraut entdeckte. Jener Robert soll sehr unangenehmen Mundgeruch gehabt haben“, erzählt Schmitz lachend und zerreibt eines der Blätter, die im Herbst jedoch kaum mehr riechen.

Am bewaldeten Steilhang stehen hüfthohe Brennnesseln, deren getrocknete und geröstete Samen köstlich auf Salaten schmecken. „Mönche durften die Brennnessel im Mittelalter nicht essen, da man ihr eine lustfördernde Wirkung nachsagte“, weiß Schmitz, die sich auch noch an die Behauptung ihrer Großmutter erinnert: „Sieben Mal Brennnesselgemüse machen einmal neues Blut.“

Leckeres Konfekt

Zutaten: 500 g Vogelbeeren, 500 g Zucker, 1 Zitrone (Saft), 2 EL Himbeergeist.

Zubereitung: Vogelbeeren mit etwas Wasser unter ständigem Rühren weich kochen und durch ein Sieb passieren. Zucker und Zitronensaft dazugeben; bei milder Hitze dick einkochen; zum Schluss den Himbeergeist unterrühren.

Den Brei auf einem Backblech (Backpapier) etwa 3 cm dick ausstreichen; bei 50 Grad mit leicht geöffneter Tür ca. 2 Std. trocknen lassen. Kleine Quadrate schneiden und ein paar Tage auf einem Rost trocknen lassen. (eb)

Der Weg führt bergab durch den herbstlichen Laubwald. Die Agraringenieurin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der wissenschaftliche Mitarbeiterin der Biologischen Stationen Nettersheim und der Städteregion Aachen, zeigt auf Bäume, Büsche und Pflanzen, erzählt von köstlichen Gerichten mit gekochten jungen Haselnussblättern, von Ersatzkaffee aus Eicheln und Bucheckern, von aromatischen Walderdbeeren, herzstärkendem Weißdorntee und Holzäpfeln, die zwar „grässlich schmecken“, durch ihren hohen Pektingehalt aber wunderbar bei der Gelierung von Fruchtgelees helfen.

Unten angekommen, folgen wir dem Weg nach links entlang des Manscheider Bachs. Im windstillen, sonnigen Tal gedeiht so manches in Hülle und Fülle. Vor allem Hagebutten- und Schwarzdornschlehenbüsche sind üppig behangen mit Früchten. „Aus den Vitamin C reichen Schlehen kann man nach dem ersten Frost ein hervorragendes Mus herstellen. Oder aber Aufgesetzten“, so Schmitz. Auch die Hagebutten sind wahre Vitaminbomben, ihre Verarbeitung aber deutlich schwieriger.

Hübsche Blüte, strenger Geruch: der Stinkende Storchschnabel.

„Wenn man die Arbeitszeit rechnet, um die Frucht von den Kernen zu befreien, ist das Ergebnis vermutlich so teuer wie Safran“, lacht Schmitz. Auf den Wiesen entlang des Baches wachsen im Frühling zahlreiche Kräuter, die man essen kann oder die bei Beschwerden helfen: Mädesüß etwa, das dank der Salizylverbindungen bei leichten Kopfschmerzen helfen kann, wenn man die Blätter kaut.

Am Waldrand deutet die 59-Jährige auf eine bekannte Pflanze: „Das ist Besenheide, auch als Erika bekannt.“ In früheren Zeiten, ehe die Aufforstung mit Fichten begann, sei die Pflanze in der Eifel weit verbreitet gewesen und hätte die Landschaft stark geprägt. Die Einheimischen haben aus ihr ihre Besen gebunden.

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Gegenüber der Brücke biegen wir auf den steil nach oben führenden Waldweg ab. Marietta Schmitz zeigt auf Brombeeren, auf Wurmfarn, früher als Wurmkur für Mensch und Tier genutzt, auf Waldmeister und Labkraut, das als feines Gemüse zubereitet werden kann, und auf Sauerklee, dessen zerkaute Blätter eine kleine Erfrischung für Zwischendurch bereithalten.

Im Hinterkopf lauert bei all den Köstlichkeiten am Wegesrand jedoch der Fuchsbandwurm. Der Parasit ist zwar gefährlich für den Menschen, eine Infektion durch Früchte aber äußerst selten. „Meiner Meinung nach ist die Gefahr, durch einen Zeckenbisse an Borreliose zu erkranken, weitaus höher“, sagt Marietta Schmitz.

In der Serie „Unterwegs auf Spuren und Schleifen“ stellt die Redaktion einzelne Rundwanderwege, Eifelspuren und -schleifen, vor. Jeweils im Hinblick auf ein spezielles Thema. Wegen der Flutkatastrophe wurde die Veröffentlichung der Serie ausgesetzt. Dies wird nun in loser Folge nachgeholt.