„1000 Menschen Angst gemacht“Schoeller-Betriebsrat sauer über geplanten Stellenabbau
- Schoeller hat angekündigt, am Standort Hellenthal 250 Stellen zu streichen.
- Der Betriebsrat hat für diese Zahl kein Verständnis und kritisiert das Vorgehen.
- Streiks oder weitere Maßnahmen werden aber erstmal nicht angekündigt.
Hellenthal – Der Frust beim Schoeller-Betriebsrat sitzt tief, nachdem die Geschäftsführung angekündigt hat, im Rahmen ihres Zukunftskonzepts nicht nur einen zweistelligen Millionenbetrag investieren, sondern auch bis zu 250 Stellen streichen zu wollen. Doch weder den Kopf in den Sand stecken noch direkt Pläne für Arbeitskampfmaßnahmen zu schmieden ist für die Vertreter der rund 1000 Schoeller-Mitarbeiter das Mittel der Wahl.
Frust und Verärgerung herrschen nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Heinz-Bert Weimbs vor allem wegen des Vorgehens der Geschäftsführung. In der Vergangenheit sei es üblich gewesen, dass die Dinge intern geregelt wurden. Es habe stets eine Kultur der Zusammenarbeit geherrscht, bei der mal die eine, mal die andere Seite Zugeständnisse gemacht habe.
Kein „Haufen von Verweigerern“
Als Beleg dafür führt er an, dass Schoeller den größten Betriebsrat im IG-Metall-Bezirk Bonn-Rhein-Sieg habe – es aber noch kein einziges Mal zu einem Arbeitsgerichtsprozess oder einem Einigungsstellenverfahren gekommen sei. „Wir sind kein Haufen von Verweigerern“, sagt Weimbs über den 15-köpfigen Betriebsrat, der durch einen Schwerbehinderten- und einen Jugendvertreter sowie eine Sekretärin ergänzt wird.
Ob es um die Streichung von Zuschlägen oder die Anordnung von Überstunden gegangen sei – man habe immer alles hinbekommen. „Wir kommen von einem hohen Niveau, früher wurde hier sehr viel verdient“, sagt Weimbs. Aber: „Inzwischen sind wir auf den Tarifvertrag reduziert.“
Tarifvertrag als rote Linie für Schoeller-Mitarbeiter
„Erpressung und Angstmacherei“ sieht auch IG-Metall-Bezirksgeschäftsführer Michael Korsmeier im Vorgehen der Geschäftsführung. Indem die Alternativen Personalabbau oder Standortwechsel suggeriert würden, gebe man den Mitarbeitern nicht die benötigte Sicherheit, sagte er in einer Pressekonferenz des Betriebsrats am Montag in der alten Schmiede des Unternehmens.
Froh sei man, so Weimbs, dass das Unternehmen in Hellenthal bleiben wolle. Die Standortfrage stellt sich für ihn nicht vordringlich: „Wenn Plan B der wirtschaftlichere gewesen wäre, wäre er automatisch Plan A geworden.“ In der Ukraine oder in Rumänien beispielsweise stünden nicht mal eben 120 gut ausgebildete Schweißer bereit. Eine Verlagerung in der Region sähe Weimbs eher gelassen: „Nach Mechernich oder Euskirchen würden wir eben mitfahren.“
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Im von der Geschäftsführung vorgelegten Plan sieht der Betriebsrat einige gute Ansätze. Dass die Produktion durch die quer durch Hellenthal verteilten Betriebsstätten und die deswegen nötigen Transporte ineffizient sei und dass technologische Neuerungen Einzug halten müssen, ist für ihn unstrittig. Auch, dass eine effiziente Produktion mit weniger Mitarbeitern einhergeht, stellt man nicht in Abrede. Doch was fehle, sei ein Personalkonzept. „Wir müssen erst mal wissen, was sie überhaupt wollen“, sagt Weimbs. Es gebe schließlich viele Dinge, die man anpacken könne.
Alte Belegschaft: 160 Mitarbeiter gehen bald in den Ruhestand
„Die pauschal in den Raum geschmissene Zahl von 250 Stellen ist ohne jede Grundlage. Damit macht man 1000 Mitarbeitern Angst“, sagt Weimbs. Mit Blick auf die teils recht alte Belegschaft – laut Betriebsrat gehen bis 2027 ohnehin 160 Mitarbeiter in den Ruhestand – zeigt sich Weimbs überzeugt, dass man binnen drei bis fünf Jahren vieles gut würde auffangen können. Im Betriebsrat habe man viele Ideen.
„Was der Geschäftsführung bisher einfiel, war, den Leuten ans Geld zu gehen“, so Weimbs. Nicht billiger, sondern besser solle die Devise sein. Ein erstes Gespräch mit der Geschäftsführung war für Montagnachmittag terminiert. Weimbs zeigt sich zuversichtlich, dass man Lösungen finden werde.
Der Grad der gewerkschaftlichen Organisation der Mitarbeiter ist hoch. Weimbs rechnet damit, dass er bis Ende des Monats bei 80 Prozent liegen wird. Unerfahren in Sachen Streik ist man nicht. Gerade durch die starken Schoeller- und Stocko-Mannschaften ist Hellenthal für die IG Metall bei Tarifauseinandersetzungen ein Streikzentrum im Kreis geworden. Doch ein Streik sei aktuell, das betonten Betriebsrat und Gewerkschaft, kein Thema. Man habe einen Tarifvertrag, und aufgrund dessen bestehe Friedenspflicht.
Beim Tarifvertrag sieht Weimbs Nuancen, über die man reden kann. Doch er zieht eine rote Linie: „Beim Tarifvertrag stehen wir wie eine Eins. Wenn der gekündigt wird, wird es auch Streiks geben.“