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„Flutdispens“ ausgelaufenKreis Euskirchen hat kaum Kapazitäten für Geflüchtete

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Die verstärkten Zuweisungen beklagen auch Michael Huppertz und Sandra Lux von der Gemeinde Hellenthal. Die Kapazitäten der Kommune sind so gut wie erschöpft.

Kreis Euskirchen/Hellenthal – Keinen Zweifel lässt Michael Huppertz daran, was in der nahen Zukunft zu erwarten ist. „Wenn die Zuweisungen von Flüchtlingen so weitergehen, dann weiß ich in drei Wochen nicht mehr, wo ich die Leute hintun soll“, so der Ordnungsamtsleiter der Gemeinde Hellenthal.

Zuweisungsstopp lief Ende Juli aus

Denn seit dem Auslaufen des Zuweisungsstopps Ende Juli, der nach der Flutkatastrophe 2021 für die betroffenen Kommunen ausgesprochen wurde, kommen wieder mehr Geflüchtete in den Kreis – auch nach Hellenthal. „Im August sind auf einmal 46 Flüchtlinge gekommen, die konnten wir noch alle unterbringen“, so Huppertz. Doch nun werde der Raum knapp.

123 Geflüchtete sind derzeit in der Gemeinde untergebracht. 77 davon leben in Asylunterkünften, die anderen in Privatwohnungen. 80 Menschen stammen aus der Ukraine. 38 von ihnen leben in Asylunterkünften, 42 in gemieteten Wohnungen. „Bei uns gab es keine Probleme, dass Ukrainer nicht in Flüchtlingsunterkünfte gewollt hätten“, sagt Sandra Lux, Sachbearbeiterin bei der Gemeinde. Aber mittlerweile müssen die Menschen durch die Zuweisungen zusammenrücken – das führe doch zu Diskussionen. Bei den Geflüchteten herrsche große Dankbarkeit – doch langsam wachse der Unmut über die zunehmende Enge.

Bezirksregierung: Zuweisung streng nach Quote

Auch die Gemeinde Nettersheim hadert mit den veränderten Zuweisungspraxis. „Die Bezirksregierung Arnsberg hat den Flutdispens aufgekündigt“, benennt Bürgermeister Norbert Crump das Problem. Bislang habe die Behörde mit den von der Flut betroffenen Gemeinden die Zuweisung von Flüchtlingen abgesprochen. Doch in Zukunft, so habe die Bezirksregierung angekündigt, werde sie streng nach Quote zuweisen. Diese Quoten, die die Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu erfüllen haben, sind in vielen ländlichen Kommunen noch nicht ausgeschöpft.

Von der ZUE in die Kommunen

Der Weg der Asylsuchenden in NRW geht von der Landeserstaufnahmeeinrichtung Bochum zu einer der 28 Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes (ZUE). Im Kreis Euskirchen sind die etwa in Euskirchen und Vogelsang. Hier leben sie bis zu sechs Monate. Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern bleiben in der ZUE, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Anschließend erfolgt die Zuweisung an eine Kommune, die für die Unterbringung sorgen muss. (sev)

Wie in Hellenthal: 250 Flüchtlinge insgesamt müsste die Gemeinde aufnehmen, doch im Augenblick liegt die Gemeinde – zumindest nach Rechnung der Bezirksregierung – zum Stichtag 4. September 175 Flüchtlinge unter dem Soll und bei einer Quote von 29,94 Prozent. In Nettersheim sind es bei einer Quote von 32,76 Prozent 150 Flüchtlinge, die unterzubringen wären. „Wo sollen wir die denn unterbringen bei 21 freien Plätzen?“, fragt Crump.

Kommunen noch mit Folgen der Flut beschäftigt

Das wäre „der Worst Case“, wenn diese alle kommen würden. „Ich weiß nicht, ob denen in der Arnsberg klar ist, was hier los ist“, so Crump. Die Kommunen seien immer noch voll damit beschäftigt, die Folgen der Flut zu beseitigen – und nun das. Die Gemeinden in den Flutgebieten hätten wirklich andere Bretter zu bohren. „Was sollen wir denn noch machen? Wir fordern, dass dieser Blödsinn aufhört“, sagt er klar in Richtung Arnsberg über die Umsetzung der Quoten.

Nicht nur diese beiden Gemeinden beklagen zunehmende Probleme. „Seitens einzelner Kommunen wurde in der letzten Zeit von einer Verknappung kommunaler Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete berichtet. Aus diesem Grund findet am kommenden Mittwoch, 14. September, ein Austausch zwischen Kreis und Kommunen statt“, teilt Sven Gnädig, Sprecher des Kreis Euskirchen auf Anfrage mit.

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Die Flüchtlingszahlen seien aktuell angestiegen, informiert Huppertz. Auch sei ein Teil des Problems, dass Bundesländer im Süden ihre Aufnahmekapazitäten nicht ausschöpfen. „Wir wehren uns nicht gegen das Verfahren, wir wollen nur einen vernünftigen Vorlauf“, betont Huppertz. Eine Zuweisung werde er noch hinbekommen, dann sei Ende September Schluss. Zwei Wohnungen habe er auf dem Markt noch auftreiben können und sei auch weiterhin auf der Suche. Doch wenn sich da nichts finde, müsse wahrscheinlich ein Containerdorf gebaut werden.