Trotz BürgerentscheidZukunft der Grundschule in Reifferscheid ist wieder unsicher
Hellenthal – Wieder einmal beschäftigt die Schulpolitik die Hellenthaler Ratsvertreter. Doch sind es jetzt nicht mehr pädagogische Erwägungen, die bei der Debatte 2018 über eine Zusammenlegung der beiden Grundschulstandorte Hellenthal und Reifferscheid im Fokus standen. Nun drohen die gestiegenen Baukosten die Sanierung des Gebäudes in Reifferscheid zu gefährden.
Aus diesem Grund regte die Verwaltung in einer Vorlage für den Ausschuss für Bildung, Soziales und Jugend an, einen Neubau in Hellenthal in die Wege zu leiten.
Dabei hatten die Menschen in der Gemeinde im Rahmen eines Bürgerentscheids eigentlich anders entschieden. 63,3 Prozent hatten am 17. Dezember 2018 für den Erhalt beider Stadtorte votiert. Die Bindungsfrist des Entscheids ist allerdings nach zwei Jahren abgelaufen, so dass der Rat von Rechts wegen neu entscheiden kann. In einer detaillierten Ausarbeitung hat Bauamtsleiter Markus Rodenbüsch den aktuellen Stand der Kostenschätzungen vorgelegt.
Die Lage in Hellenthal
So seien die Kosten für die Sanierung des Schulgebäudes in Hellenthal von ursprünglich geschätzten 775.000 Euro mittlerweile durch die Steigerung der Baukosten und unvermuteter Mängel am Dachstuhl auf rund 1,9 Millionen Euro gestiegen. Hier sollten die Arbeiten bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, so dass die Hellenthaler Schüler dann wieder in das Gebäude zurückkehren könnten.
Die Lage in Reifferscheid
Anders in Reifferscheid. Dort sei nur eine Kernsanierung möglich. Sämtliche Wasser-, Strom- und Heizungsleitungen liegen teilweise nicht isoliert im Estrichbeton. Mittlerweile sei sicher, so Rodenbüsch, dass die komplette Dachkonstruktion erneuert werden muss. Im Jahr 2018 sei eine Kernsanierung auf rund 2,2 Millionen Euro taxiert worden. Angesichts der Erfahrungen, die etwa beim Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Udenbreth gemacht worden seien, sei von einer Verdoppelung der damals geschätzten Kosten auszugehen, so Rodenbüsch.
„Dann aber haben wir immer noch unzureichende Deckenhöhen, keine optimale Raumaufteilung und Barrierefreiheit nur im Anbau und im Erdgeschoss des Altbaus“, sagte er. Deshalb schlage die Verwaltung vor, einen Neubau in Angriff zu nehmen, dessen Kosten nach augenblicklichem Stand bei etwa zehn Millionen Euro liegen dürften.
Die Stimmung in der Politik
Die Gelegenheit, sich noch einmal über den Bürgerentscheid auszulassen, ließen die Fraktionen, die damals die Konzentration auf einen Standort befürwortet hatten, nicht verstreichen. Karl Reger für die Grünen und Frank Westerburg (UWV) plädierten für einen Neubau.
„Der Bürgerentscheid war der größte Schwachsinn“, sagte Heinz-Bert Weimbs (SPD) unmissverständlich. Doch SPD-Vertreter seien gute Demokraten: Für sie sei der Entscheid auch nach Ablauf der Bindungsfrist noch gültig. Deshalb werde die SPD einen Entschluss für einen Neubau nur fällen, wenn die CDU mit im Boot sitze. „Wenn wir für ein neues Schulgebäude stimmen, kommt die CDU und sagt: Wir haben damit nichts zu tun.“ Das werde seine Fraktion nicht mitmachen. „Dann können die Kinder in der Brackbude sitzen bleiben“, drohte er.
Bürger stimmten 2018 ab
Der Ratsbeschluss
Der Gemeinderat hatte am 12. April 2018 mit den Stimmen von SPD, UWV, FDP und Grünen beschlossen, die Grundschulstandorte Hellenthal und Reifferscheid zusammenzulegen und einen Neubau an der Hauptschule in Angriff zu nehmen. (sev)
Das Bürgerbegehren
Widerstand formierte sich dagegen, nicht nur von der in der Abstimmung unterlegenen CDU. Es formierte sich eine Bürgerinitiative, die ein Bürgerbegehren in Angriff nahm. 2081 Stimmen für einen Erhalt beider Standorte wurden am 20. Juli 2018 von der Initiatoren an die Gemeinde übergeben. Dieses Begehren wurde am 25. September 2018 vom Gemeinderat zurückgewiesen, weshalb ein Bürgerentscheid notwendig wurde. (sev)
Der Bürgerentscheid
Dieser wurde vom 17. November bis zum 16. Dezember 2018 durchgeführt und erreichte eine Beteiligung von 52,7 Prozent der Hellenthaler Bürger. 63,3 Prozent stimmten für den Erhalt beider Schulstandorte. In der Folge wurde mit der Planung der Sanierung der beiden Schulgebäude in Hellenthal und Reifferscheid begonnen. (sev)
Bedenken äußerte Heinz Willi Junker (CDU) – die Union hatte sich bereits 2018 für die Beibehaltung beider Standorte ausgesprochen. Er halte es für bedenklich, jetzt einen Neubau anzustreben – auch der könne teurer werden: „Wir wollen das nicht.“
Rodenbüsch erinnerte, dass es nicht um die Konzentration auf einen Standort gehe, sondern nur um die Frage, was mit dem Gebäude in Reifferscheid geschehen solle. Mehrfach ermahnte der Ausschussvorsitzende Peter Rauw die Politiker, eine Entscheidung zu treffen. Er erinnerte daran, dass bei der Sanierung eines Altbaus wie in Reifferscheid auch versteckte neue Mängel zutage treten könnten.
Ein Kompromiss-Versuch
In einem Kompromissvorschlag regte Junker an, noch einmal detaillierte Zahlen für einen Neubau ermitteln zu lassen: „Wir sind alle Laien und schlagen vor, die Kosten durch einen sachverständigen Architekten ermitteln zu lassen.“
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Sehr zum Unmut von Rodenbüsch, der darauf hinwies, dass eine genauere Berechnung nur in einer detaillierten Entwurfsplanung möglich sei: „Das würde bei einem Volumen von rund zehn Millionen Euro allein eine Million Euro kosten.“ Und man sei im Bereich EU-weiter Ausschreibungen: „Ansonsten kriegen Sie keine verlässlichen Zahlen.“
Wie geht es weiter?
Um die Lage zuerst in den Fraktionen zu besprechen, wurde das Thema in den Hauptausschuss verlegt, der am Dienstag, 17. Mai, 17 Uhr, tagt. „Da muss es eh beraten werden, weil dafür ein Haushaltsposten beschlossen werden muss“, erläuterte der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Michael Huppertz.