Hilfe für FlutopferASB eröffnet Traumazentrum in Euskirchen
Euskirchen – Die Folie auf dem Fenster in der ersten Etage fällt kaum auf. Schwach ist die Aufschrift „ASB“ zu lesen. Auch die seelischen Schäden, die die Flut vom 14. Juli 2021 bei den Betroffenen hinterlassen hat, sind nur selten auf den ersten Blick sichtbar. Häufig liegen sie im Verborgenen und kommen erst dann ans Licht, wenn es regnet und die Pegel der Bäche und Flüsse wieder steigen. „Der Bedarf an Unterstützung ist enorm“, sagt Michael Sonntag vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Der ASB wird in der kommenden Woche an der Veybachstraße 31 die Beratungsstelle für Fluthilfe eröffnen.
In der ersten Etage, oberhalb des Sonnenstudios am Europa-Kreisel, soll laut Sonntag noch mehr als eine Art Traumazentrum entstehen. „Wir bieten beispielsweise auch Wiederaufbau-Hilfen an“, sagt der ASB-Mitarbeiter. So könne der ASB auch Rechtshilfe und Unterstützung in einer Flutimmobilie leisten – beispielsweise durch die kostenfreie Ausleihe von Trocknungs- und Heizgeräten.
Kooperation mit Hilfswerk
„Wir können sogar den Menschen, die Trockner und keine Elementarversicherung haben, Strompauschalen zahlen und ihnen so viele Sorgen nehmen“, erklärt Sonntag. Möglich mache das die Kooperation mit dem Hilfsnetzwerk „Aktion Deutschland Hilft“. Durch diese Zusammenarbeit könne auch die Hilfe im „Trauma-Beratungszentrum“ kostenfrei angeboten werden, so Sonntag.
Diese Hilfe hätte der ASB nach eigener Auskunft am liebsten bereits früher ermöglicht. „Wir haben schlicht über Monate hinweg keine geeignete Immobilie gefunden“, so Sonntag. Die am Europa-Kreisel war durch die Flutkatastrophe ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden. Da nun beispielsweise der Aufzug wieder in Betrieb sei, könne man in der kommenden Woche mit einem so genannten Soft-Opening starten. Gesprächs- und Beratungstermine seien nach telefonischer Absprache möglich.
Hilfszentrum Schleiden
Eigenmittel und Förderung
Der Auftrag der Schleidener Politik ist eindeutig. Sie hat Bürgermeister Ingo Pfennings einstimmig damit beauftragt, eine Vereinbarung mit den Gemeinden Hellenthal und Kall zu schließen, um gemeinsam ein Traumazentrum im bereits bestehenden Hilfszentrum Schleidener Tal in Gemünd zu gründen. Finanziert werden soll das Projekt mit Eigenmitteln und einer 90-prozentigen Förderung des NRW-Heimatministeriums. Das Hilfszentrum im Schleidener Tal wird von den Maltesern, der Stadt Schleiden, der Caritas, der Arbeiterwohlfahrt und weiteren Akteuren geleitet. Es dient als Anlaufstelle und Treffpunkt für die von der Flut betroffenen Menschen in der Eifel. Mit dem Traumazentrum soll die langfristige Unterstützung gesichert werden. (tom)
Ab dem 1. April wird laut Sonntag jeden Tag mindestens eine Mitarbeiterin in Euskirchen sein. Insgesamt umfasse das ASB-Team in der Kreisstadt sechs Mitarbeiter. Dazu gehöre auch eine Traumatherapeutin, die sich um seelische Folgen für Hochwasser-Betroffene kümmern soll. „Wir möchten ein niederschwelliges Angebot für die Menschen im Kreis schaffen“, so Sonntag.
Enorme Zahl an Betroffenen
Nach einer Risikoanalyse und den bisherigen Erfahrungen verschiedener psychologischer Hilfsorganisationen sind rund 5000 bis 8000 Menschen im Kreis Euskirchen nach der Flut auf psychologische Unterstützung angewiesen. Die Zahl der statistisch zu erwartenden Posttraumatischen Belastungsstörungen liegt bei rund 200 Betroffenen.
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Diese Hochrechnungen sind laut Frank C. Waldschmidt, der das Hilfszentrum im Schleidener Tal leitet, deckungsgleich mit den Erfahrungswerten nach dem Elbhochwasser im Jahr 2002.