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„Ich dachte, die will mich vergiften“28-Jähriger nach Mord an Großmutter vor Gericht

Lesezeit 4 Minuten

Der 28-jährige Beschuldigte (Mitte) aus dem Kaller Gemeindegebiet soll seine Großmutter getötet haben. Am Montag begann in Aachen das Gerichtsverfahren.

Aachen/Sötenich – Im Kaller Ortsteil Sötenich löste die Tat einen regelrechten Schock aus: Ein 28-Jähriger soll dort am 17. Oktober 2019 seine 76 Jahre alte Großmutter erschlagen haben. Nun wird der Fall vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Aachen juristisch aufgearbeitet. Sieben Zeugen waren zum Auftakt des Verfahrens am Montag geladen, darunter die Polizeibeamten, die den Beschuldigten vernommen hatten, zudem ein Rechtsmediziner.

Die ebenfalls geladenen Eltern machten gleich zu Beginn der Verhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Sie blieben danach als Zuschauer. Die Mutter wurde zweimal verwarnt, da sie während der Aussage eines Polizisten laut dazwischenrief.

Beschuldigter ist in einem psychiatrischen Krankenhaus

Zu Beginn verlas Staatsanwältin Anna Kraft die Antragsschrift. Dem Beschuldigten aus dem Gemeindegebiet Kall werde vorgeworfen, „im Zustand der Schuldunfähigkeit“ seine Großmutter getötet zu haben. Laut einem Gutachten bestehe bei ihm der Verdacht einer drogeninduzierten Psychose, weshalb er in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen sei.

Der Vorsitzende Richter Roland Klösgen schilderte den Werdegang des Beschuldigten, der seit dem 24. Oktober in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist. Der 28-Jährige habe eine gute Kindheit gehabt. Die Großmutter habe eine große Rolle in seinem Leben gespielt. Nach dem Besuch der Grund- und der Hauptschule habe der jetzt Beschuldigte unter anderem für einen Sicherheitsdienst und in einer Kaller Firma gearbeitet. Seit 2016 sei er allerdings keiner Beschäftigung mehr nachgegangen.

Der Beschuldigte habe bei seinen Eltern gelebt, die auch für seinen Lebensunterhalt gesorgt hätten. Mit 16 habe er angefangen, Cannabis-Produkte zu konsumieren, von 2018 an auch Kokainblätter. Letztere habe er einmal im Monat zu sich genommen, Cannabis täglich. Mit dem Drogenkonsum habe er nicht wegen persönlicher Probleme begonnen, sondern weil er dies mit Freunden habe ausprobieren wollen. Alle diese Angaben bestätigte der 28-Jährige im Gespräch mit dem Richter.

Kall: Beschuldigter misstraute seiner Großmutter

Anschließend befragte der Vorsitzende ihn zu den Geschehnissen rund um die Tat im Oktober. Etwa ein Jahr zuvor habe er angefangen, seiner Großmutter zu misstrauen, bestätigte der Beschuldigte. „Ich dachte, die will mich vergiften“, sagte er. Wie er darauf gekommen sei, wisse er nicht. Inzwischen sei ihm klar, dass er sich das eingebildet habe.

Zwei Tage vor der Tat sei der Beschuldigte nackt in den Wald gelaufen, führte Klösgen weiter aus. Der 28-Jährige bestätigte auch dies. „Ich hatte Verfolgungswahn“, sagte er: „Vor der Oma hatte ich am meisten Angst.“ Am Tattag habe er wieder gedacht, er werde verfolgt. Deshalb habe er sich kurz im Schuppen seines Bruders eingeschlossen. Dort habe ein Hammer gelegen, den er genommen habe – die spätere Tatwaffe.

Anschließend habe er in sein Zimmer zurückkehren wollen, sei dann aber doch zu seiner Oma gegangen, so der Beschuldigte. Er habe sie mit seinen Vermutungen konfrontiert, dass sie ihn umbringen wolle. Danach hätten sie gestritten. „Und irgendwann habe ich dann zugeschlagen“, sagte er.

Der Täter schlägt mehrfach zu

Bereits der erste Schlag auf den Kopf sei tödlich gewesen, erklärte später der Rechtsmediziner Dr. Thomas Kamphausen. Dennoch habe der Täter noch weitere Male zugeschlagen. Wie viele Schläge es genau gewesen seien, könne nicht mehr rekonstruiert werden, so Kamphausen. Er sprach von einer exzessiven Gewalteinwirkung und „Übertötung“.

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Zudem sagte er aus, dass im Blut des Beschuldigten eine hohe Konzentration von Cannabinoiden und ein Abbauprodukt von Kokain nachgewiesen worden seien. Die Cannabinoide seien akut, also wenige Stunden vor der Blutabgabe, genommen worden. Der Kokainkonsum habe längere Zeit vor der Tat stattgefunden, so der Rechtsmediziner.

Bonner Polizisten sprechen von schwerer Befragung

Die beiden Bonner Polizisten, die den Mann vernommen hatten, sagten aus, dass es sich um eine sehr schwierige Befragung gehandelt habe. Der Beschuldigte habe kaum Aussagen gemacht. Beide Beamte berichteten, dass sie eine derart schwierige Vernehmung zuvor nicht erlebt hätten. Psychische Auffälligkeiten hätten sie allerdings nicht bemerkt.

Der Beschuldigte saß während der insgesamt dreistündigen Verhandlung ruhig neben seinem Verteidiger. Oft schaute er nach unten, mal zum Richter, mal zu seinen Eltern. Während der Aussage eines Polizisten, der ihn vernommen hatte, weinte er. Seine Mutter brachte ihm aus dem Zuschauerraum ein Taschentuch. Was er sich nun vorstelle, wie es mit ihm weitergehe, fragte der Richter. Er müsse in ein psychiatrisches Krankenhaus, sagte der Beschuldigte. Und wie er dazu stehe, wollte der Richter wissen. „Da, denke ich mal, gehöre ich auch hin.“

Das Verfahren wird am 12. März fortgesetzt.