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Fund an der BahnlinieRätselraten um die sechste Weltkriegsbombe zwischen Urft und Sötenich

Lesezeit 4 Minuten
Nach der Sprengung einer Weltkriegsbombe liegt Stroh in der Nähe der Bahnlinie. Ein Feuerwehrmann beobachtet die Szenerie.

Das Stroh hat der Kampfmittelbeseitigungsdienst zur Dämmung bei der Sprengung einer Weltkriegsbombe genutzt. Durch die Detonation flog das Stroh bis in den gegenüberliegenden Hang am anderen Ufer der Urft.

Bei Brückenarbeiten an der Bahnstrecke zwischen Sötenich und Urft wurde im Bereich „An der Spick“ erneut eine Weltkriegsbombe gefunden.

14.30 Uhr. Die Glocken im Kirchturm von St. Matthias in Sötenich schlagen. Auf dem Dorfplatz steht Bürgermeister Hermann-Josef Esser und schaut gespannt in Richtung des stillgelegten Zementwerks.

In diesen Minuten soll an einer ehemaligen Bahnbrücke nahe des Werks eine 50 Kilo schwere Weltkriegsbombe gesprengt werden. Doch außer Motorenbrummen und dem Dröhnen eines Generators ist nichts zu hören. Nach fünf Minuten geht Esser in den Wagen der Einsatzleitung. Doch noch gibt es keine Neuigkeiten. Kurze Zeit später steckt Harald Heinen, Leiter der Feuerwehr Kall, den Kopf aus dem Wagen: „Die Sprengung erfolgt in zwei Minuten.“ Doch es dauert noch etwas länger. Um 14.42 Uhr dann der erlösende Anruf: Die Sprengung war erfolgreich. Gehört hat man davon in Sötenich nichts.

Schon mehrere deutsche Weltkriegs-Bomben bei Sötenich gefunden

„Es hat gut gerummst hier“, berichtet wenig später Stefan Höreth vom Kampfmittelbeseitigungsdienst am Ort der Sprengung. Aber es habe alles einwandfrei geklappt. Zusammen mit Christoph Wassenberg hat er die Bombe gesprengt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden in Sötenich sind. In den vergangenen Jahren wurden an genau derselben Stelle bereits fünf weitere Weltkriegsbomben gefunden. Zwei habe die Flut freigespült, berichtet Bürgermeister Esser, die anderen drei seien bei Erdarbeiten im Zuge des Wiederaufbaus der Bahnstrecke gefunden worden. Die vergangenen fünf Bomben seien allerdings allesamt ohne oder mit einem intakten Zünder gefunden worden, berichten Esser und Heinen. Man haben sie entschärfen und transportieren können, so Höreth. Das war diesmal anders.

Drei Mitglieder der Einsatzleitung bei einer Besprechung vor der Bombensprengung.

Besprechung im Wagen der Einsatzleitung: Harald Heinen (links) geht mit seinem Team die geplanten Straßensperrungen durch.

An der 50 Kilo schweren, deutschen Fliegerbombe seien nur noch Fragmente des Zünders vorhanden gewesen. Dadurch sei ein Transport zu gefährlich, so Höreth weiter. Deshalb musste gesprengt werden. Um 11.45 Uhr rückte der Kampfmittelbeseitigungsdienst am Dienstagmittag in Sötenich an. Etwas mehr als drei Stunden dauerte der Einsatz. Zur Dämmung der Explosion nutzten Höreth und sein Kollege Stroh und Sand – beides sei praktischerweise schon vor Ort gewesen. Wegen der Brandgefahr nutze er eigentlich kein Stroh, berichtet Höreth. Aber dieses sei so nass gewesen, dass keine Gefahr bestanden habe.

Bewohner eines einzelnen Hauses mussten evakuiert werden

Nach der Sprengung ergab sich so ein etwas bizarres Bild: Im Umkreis der Detonation hatte sich überall Stroh auf dem Schnee verteilt, sogar bis ans andere Ufer der Urft war es geflogen.

Evakuiert werden mussten am Dienstag nur die Bewohner eines einzelnen Hauses, das recht nah am Fundort der Bombe steht. Das Gebäude trug bei der Sprengung keinen Schaden davon. Ansonsten gebe es im Evakuierungsradius von 300 Metern zum Glück keine Wohnbebauung, berichtet Harald Heinen. Auch die Kläranlage befindet sich außerhalb des Radius.

Die Feuerwehrleute des Löschzugs 1 der Feuerwehr Kall beschränkten sich daher auf Straßensperrungen. Ab 14.20 Uhr wurde die L 204 zwischen Sötenich und Urft inklusive der einmündenden Wirtschaftswege gesperrt. Schon eine gute halbe Stunde später rollte der Verkehr wieder.

Bombensprengungen verzögern Wiederaufbau der Bahnstrecke bei Kall

Daneben warnte die Feuerwehr über die Warnapp Nina und weitere Kanäle vor der Sprengung. Außerdem habe er die Deutsche Flugsicherung informiert, die für den Zeitraum der Sprengung den Luftraum über der Bombe gesperrt habe, so Heinen.

Auch bei den anderen Bombenfunden habe die Feuerwehr den Bereich absperren müssen, obwohl keine Sprengungen erfolgt seien. „Da ist immer noch Sprengstoff drin“, beschreibt Höreth die Gefahr. Durch diesen inzwischen vierten Einsatz des Kampfmittelbeseitigungsdienstes während der Bauarbeiten zum Wiederaufbau der Bahnlinie habe sich die Baumaßnahme schon um einige Tage verzögert, berichtet Esser. Schließlich muss die Baustelle ab Auffinden einer Bombe ruhen, bis der Kampfmittelbeseitigungsdienst fertig ist.

Dass so viele Bomben an einer Stelle gefunden wurden, erklärt sich Bürgermeister Esser so: „Es gibt die Vermutung, dass die Deutschen die Bomben hier vergraben haben, um die Bahnbrücke bei einem Rückzugsszenario sprengen zu können.“ Da es nur eine Vermutung sei, wisse man nicht, ob eventuell noch mehr Bomben in diesem Bereich liegen. „Ich will's nicht hoffen“, sagt Esser und seufzt.