Weil Daten fehlen, können Hochwasserschutzmaßnahmen in der Gemeinde Kall noch nicht umgesetzt werden. Das gilt auch für kleinere Projekte.
Drei Jahre nach der FlutWarum Bürger in Kall noch auf Hochwasserschutz warten müssen
Das war eine ernüchternde Nachricht für die Kaller Politik. Trotz aller Bemühungen wird es noch einige Zeit dauern, ehe mit der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen an den Gewässern in der Gemeinde begonnen werden kann.
„Erst einmal müssen die Hydraulik und die Hydrologie von Urft und Olef neu berechnet werden. Das wird einige Zeit kosten“, erklärte Bürgermeister Hermann-Josef Esser im Ausschuss für Entwicklung, Umwelt, Digitalisierung und öffentliche Sicherheit im Golbacher Bürgerhaus. Außerdem müssten alle Maßnahmen auch noch auf ihre Wirksamkeit und ihre Auswirkungen auf die Umwelt geprüft werden.
Die Verwaltung gab in der Ausschusssitzung einen Überblick über den Sachstand in puncto Hochwasser- und Starkregenschutz. Konkret ging es aber auch um Verbesserung des Hochwasserschutzes am Golbach und am Kallbach, die SPD, FDP und Grüne beantragt hatten. An der Wiederherstellung der Gewässer, so Eduard Zubiks von der Verwaltung, werde seit einiger Zeit gearbeitet.
Arbeiten am Gillesbach bei Urft sollen bis Juli abgeschlossen sein
Nach Angaben des Tiefbauers wird der erste Bauabschnitt am Gillesbach in Urft voraussichtlich in diesem Juli fertiggestellt. Zum Ende des zweiten Quartals sollen die Arbeiten an den Abschnitten eins und zwei des Kallbachs und anschließend am gesamten Golbach beginnen. Die Wiederherstellung der Abschnitte zwei und drei der Urft und des Abschnitts eins des Kuttenbaches sollen im Herbst oder Winter vergeben werden. Zubiks geht davon aus, dass die Projekte nicht vor 2027 abgeschlossen sein werden.
Beim Thema Starkregen werde auf Basis der neuen Gefahrenkarten des Kreises Euskirchen das Risikomanagement geplant und darauf aufbauend ein kommunales Handlungskonzept zum Hochwasserschutz erstellt. Anhand der Starkregengefahrenkarten werden aktuell der Bedarf und die Wirksamkeit potenzieller Präventivmaßnahmen geprüft, die ebenfalls durch den Wiederaufbaufonds gefördert werden sollen.
Bürgermeister Esser berichtete im Ausschuss vom jüngsten Treffen zum Thema Hochwasserschutz in Hellenthal, an dem neben der Bezirksregierung Köln der Wasserverband Eifel-Rur (WVER), die Kommunen und der Kreis sowie Vertreter des Forstamtes und der Landwirtschaft teilgenommen hatten. „Dabei haben die Kommunen ihre Ideen vorgestellt, die mithilfe von Fachbüros entstanden sind“, so Esser.
Für das Hochwasserschutzkonzept an Urft und Olef werde ab Anfang 2025 die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen unter Einbeziehung des hydraulischen und hydrologischen Modells geprüft. Erst danach könnten Aussagen zur Wirksamkeit oder weiteren Verfahrensschritten getroffen werden. „Außerdem müssen noch die Eingriffe in Natur und Umwelt geprüft werden“, sagte der Bürgermeister. „An der Urft sind wir durch die Bahnlinie sehr eingeengt“, betonte Zubiks.
Bürgermeister befürchtet, dass der Fördertopf nicht ausreicht
Auch die Bürokratie verhindere schnelle Lösungen. „Ein Bauwerk ab einer Dammhöhe von fünf Metern und einem Stauvolumen von 100 000 Kubikmeter gilt als Stausee. Dafür ist ein Planfeststellungsverfahren nötig.“ Der Bürgermeister äußerte zudem die Befürchtung, dass der Zehn-Milliarden-Euro-Topf des Landes NRW nicht ausreichen werde.
In Golbach befindet sich eine mögliche Fläche für eine Rückhaltung am Kallbach in Richtung Sistig. Unterhalb der potenziellen Rückhaltefläche mündet der Golbach in den Kallbach. Da nach Angaben der Verwaltung auch am Golbach Maßnahmen geplant sind, müssen die jeweiligen Beckenstandorte aufeinander abgeglichen sein, um negative Folgen wie eine Wellenüberlagerung der Spitzenabflüsse beider Rückhaltungen zu vermeiden. Diese Gesamtbetrachtung erfolgt im Rahmen des interkommunalen Hochwasserschutzes.
Steckbriefe zu den einzelnen Maßnahmen für Kall werden erstellt
Derzeit würden die Steckbriefe zu den einzelnen Maßnahmen durch das Planungsbüro PE Becker erstellt. Diese würden dann zur Prüfung bei der Unteren Wasserbehörde eingereicht und danach Fördermittel aus dem Wiederaufbaufonds bei der Bezirksregierung beantragt.
„Die Prozesse sind sehr langwierig. Wir müssen einen Plan entwickeln und dann die Maßnahmen priorisieren“, meinte Emmanuel Kunz (SPD). „Wir müssen das Richtige tun, denn wir haben nicht viele Schüsse frei“, sagte Dr. Manfred Wolter (FDP).
Am Ende wurde die Verwaltung beauftragt, mögliche Hochwasserschutzmaßnahmen am Golbach und am Kallbach nach Fertigstellung der dazugehörigen Steckbriefe zur Prüfung bei der Unteren Wasserbehörde einzureichen. Anschließend sollen die Planungen vorangetrieben werden, sofern die Maßnahmen nicht konträr zu denen des interkommunalen Hochwasserschutzes sind.