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ErziehungsberatungBegründerin stellt Marte Meo-Methode in Kall vor

Lesezeit 5 Minuten
Maria Aarts bei ihrem Vortrag

Maria Aarts, Begründerin der Marte Meo-Methode, war die Hauptreferentin beim dritten Marte Meo-Fachtag, der am Donnerstag im Hermann-Josef-Haus in Urft stattfand.

Marte Meo-Gründerin Maria Aarts setzt auf die Kombination von Struktur und Freiheit. So können Eltern ihre Kinder stark machen.

Die Ausstrahlung und Leidenschaft von Maria Aartz ist unübersehbar. Vor mehr als 40 Jahren entwickelte die Pädagogin aus den Niederlanden die Marte Meo-Methode und ist mittlerweile weltweit unterwegs, um Menschen darin zu unterweisen. Zur dritten Fachtagung war sie zu Gast im Hermann-Josef-Haus in Urft, um 130 Teilnehmern konkrete Arbeitsbeispiele zu geben. Am Rand der Tagung nahm sie sich Zeit, um Eltern Tipps für die Entwicklung ihrer Kinder zu geben.

Um die Entwicklung von Kindern optimal zu fördern, ist Balance gefragt

Dabei zeigte sie viel Verständnis für die Situation von Eltern, fand aber auch deutliche Worte. „Die Kommunikation mit Kleinstkindern ist elementar für ihre Entwicklung“, sagte sie unmissverständlich.

Ein Beispiel? Wenn ein Vater auf das Lächeln seines Babys mit einem Lächeln antworte und auf seine Lautäußerungen reagiere, merke das Kind dies und werde so zu weiteren Kontaktaufnahmen animiert, was wiederum für seine Entwicklung wichtig sei.

Denn Entwicklung ist das Zauberwort in Aarts Methode. Oft störten Eltern über ihr Verhalten diesen Prozess – durch Nichtbeachtung, aber auch durch Übertreibung. Ein Vater, der beim Spiel die tollsten Ideen einbringe, werde zwar vom Nachwuchs bewundert – jedoch könne das Kind Probleme bekommen, Freunde zu finden, weil es selbst keine Spielideen produziere. Deshalb ihr Rat: „Halte dich zurück im Spiel mit Kindern.“

„Die Deutschen neigen zu Verboten“

Besser sei es, das Kind machen zu lassen und seinen Ideen zu folgen. „Das ist aber toll, was du dir für deine Barbie ausgedacht hast“, wäre eine das Kind ermutigende Variante.

Dem Kind die Führung zu übergeben, gelte nicht in allen Situationen. „Folge in freien Situationen, leite in strukturellen Dingen, wenn man tut, was man tun soll“, so die Maxime der Pädagogin. Ein Beispiel: Zähneputzen. In solch einem Fall müsse deutlich angeleitet werden und nicht diskutiert.

Ähnlich sei es mit dem Zubettgehen, bei dem auch klare Regeln gegeben werden müssten. Doch auch hier steckt der Teufel im Detail. „Die Deutschen neigen zu Verboten“, so die Niederländerin. Sie bevorzuge Angebote und positives Lernen.

Eltern müssen lernen, Eltern zu sein

Wichtig sei, den Unterschied zwischen freien und strukturellen Situationen zu verstehen: „Eltern müssen erst ihre Fähigkeiten entwickeln, Eltern zu sein. Du musst ,willing and able’, also willens und in der Lage sein, Mama und Papa zu sein“, stellt sie klar. Wenn Kinder in ein Heim kommen, sei das oft eine Kompensation. In diesen Situationen sei es wichtig, die Eltern zu befähigen, ihre Rolle wieder zu übernehmen.

Nach ihrer Erfahrung sei es einfacher, Kinder in ihre Familie zurückzubringen, wenn diese etwa eine Behinderung haben, als wenn den Eltern die elterlichen Fähigkeiten fehlen, sagt Aarts: „Das Problem ist, dass Eltern oft keine Gelegenheit hatten, diese zu erlernen.“

Stärke und Willenskraft sind für Aarts auch die Antwort auf Probleme, die die Corona-Lockdowns für viele verursachten: „Menschen, die stark sind, entwickeln eigene Lösungen.“ Die Strukturlosigkeit dieser Zeit sei für alle schwierig gewesen, auch für sie: „Das ermöglicht aber, sich selbst neu einzuordnen.“

Pandemie habe bereits vorhandene Entwicklungsstörungen bei Kindern offengelegt

Strukturen nennt sie als unterstützende Möglichkeit: immer zur gleichen Zeit aufstehen, die Ordnung aufrechterhalten. Doch sie kann der Corona-Zeit auch Positives abgewinnen: „Viele Menschen haben den Wert von Kontakten gelernt, haben über Zoom kommuniziert. Auch ich habe das gelernt.“

Oft habe Corona Entwicklungsstörungen zutage gefördert, die unbemerkt bereits vorhanden gewesen seien. „Das Wichtige ist, dass Kinder Stärke lernen und Lösungen selbst entwickeln“, postuliert sie. Da helfe es, die Kinder in festen Grenzen selbst agieren zu lassen.

Ähnlich sei es mit traumatisierten Kindern nach der Flutkatastrophe. Traumatherapeuten seien bei der Bewältigung wichtig. Und: „Schwierigkeiten bieten die Möglichkeit für neue Lösungen und dafür, sich weiterzuentwickeln.“ Das Entwickeln von Lösungen sei wichtig für das ganze Leben.


Die Methode Marte Meo

Marte Meo (zu Deutsch: Aus eigener Kraft) ist eine Methode, mit der die Entwicklung von Menschen, vor allem von Kindern, unterstützt werden soll. Dabei liegt das Hauptaugenmerk nicht auf der Arbeit mit den Kindern, sondern vor allem auf der Ausbildung und Befähigung der Eltern, die Entwicklung ihrer Kinder zu fördern.

Initiatorin ist die 72-jährige Pädagogin Maria Aarts, die 1974 die Grundzüge der Methodik entwickelte, als sie spezialisiert mit autistischen Kindern arbeitete. Anstoß war die Frage einer Mutter, warum es der Therapeutin gelinge, Kontakt zu ihrem Kind aufzunehmen, aber nicht ihr selbst.

Analyse der Eltern-Kind-Kommunikation durch Auswertung von Videoaufzeichnungen

Der Schwerpunkt der Arbeit ist eine Videointeraktionsanalyse, in der die Kommunikation von Eltern mit ihren Kindern im Detail analysiert wird. So können Eltern ihr Verhalten und die Reaktion der Kinder sehen und ihre verbale und non-verbale Kommunikation ändern. Wichtig sei dabei auch das soziale Umfeld der Menschen. Doch das Konzept habe auch seine Grenzen – zum Beispiel, wenn das Problem nicht in der Entwicklung eines Menschen liege oder die Personen nicht könnten oder wollten.

Weltweit arbeiten rund 150.000 zertifizierte Therapeuten in 53 Ländern mit dem Konzept. Dabei werden die Methoden auch den lokalen Gegebenheiten angepasst, denn andere Länder hätten oft andere Probleme, wie die Initiatorin sagt. „Marte Meo nimmt den Menschen dort, wo er ist, und gibt kein Ziel vor“, so Aarts.

Das Hermann-Josef-Haus in Urft ist seit 2019 eines von vier internationalen Marte Meo-Kompetenzzentren. Eingeführt in die Arbeit der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung wurde die Methodik im Jahr 2005 von Christa Thelen, die mittlerweile lizenzierte Supervisorin für den Jugendhilfebereich ist.


Marte Meo-Kurse für Eltern und Co.

Eine dreiteilige Schulung in Marte Meo zur Entwicklungsunterstützung von Kleinkindern bietet das Awo-Familienzentrum in Mechernich an den Dienstagen, 2., 9. und 16. Mai jeweils zwischen 9 und 11 Uhr in der früheren Barbaraschule, Emil-Kreuser-Straße 28/Im Sande, an. Die Leitung hat die lizenzierte Marte-Meo-Supervisorin Christa Thelen.

Der Kurs ist kostenfrei und umfasst drei zweistündige Termine. Bei Bedarf kann in der Einrichtung eine Kinderbetreuung angeboten werden. Außerdem kann der Kurs auch von anderen wichtigen Bezugspersonen des Kindes, zum Beispiel den Großeltern, besucht werden.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, eine Anmeldung unter Tel. 02443/ 31321 erforderlich. (eb)