Die skurrile Ästhetik von Sabine Nussbaum war für einige Besucher recht verstörend. Maria Heister begleitete den Abend musikalisch.
Nichts für schwache NervenSabine Nussbaum präsentierte aufwühlende Bilder in Steinfeld
Sabine Nussbaum hat einen ausgesprochen skurrilen Sinn für Ästhetik. Inspiriert von der Schönheit, die sie in den Organen von toten Tieren sieht, setzte sie sich als Fotomodell in Szene, mit dabei allerhand Teile, die den meisten Betrachtern wohl eher befremdlich vorkommen dürften.
Jüngst präsentierte sie diese und eine Reihe anderer Bilder in der Bibliothek des Klosters Steinfeld. Musikalisch gestaltete Maria Heister die Veranstaltung. Die Klaviervirtuosin aus Bad Münstereifel-Mahlberg hatte passend zu den Fotografien ein anspruchsvolles und schönes Programm zusammengestellt.
Kall-Steinfeld: Sabine Nussbaum zeigte ihren skurrilen Sinn für Ästhetik
Der Abend war nichts für zarte Gemüter, denn Schwermut, Trauer, Aufbruch und etliche menschliche Absurditäten sprachen aus den Bildern. Unter dem Titel „...who are you today..?“ (Wer bin ich heute?), einem Langzeitprojekt des Husumer Fotografen Lothar Detert, hatten alle Facetten des Lebens Raum, allerdings überwogen hier eher die finsteren Kapitel.
Doch wie kommt Sabine Nussbaum als Landwirtin aus Kalenborn überhaupt an einen Fotografen aus Husum? Als leidenschaftliche Motorradfahrerin machte sie eine Reise nach Schleswig-Holstein. Kunstinteressiert, wie sie ist, landete sie im Husumer Haus der Fotografie, einem Museum für zeitgenössische Arbeiten, und lernte dort nicht nur die Werke Deterts kennen, sondern auch den Künstler persönlich.
Anschließend beauftragte sie ihn mit einer Reihe Fotografien, in denen sie sich mit ihren Werten und ihrer Persönlichkeit zum Ausdruck bringen konnte. Das Ergebnis war trotz der Erläuterungen für viele Besucher recht verstörend. Die Ästhetik geschlachteter, gerupfter Hühner, großer Rinderherzen und -augen, einer gewaltigen Zunge und Tierfüßen erschloss sich längst nicht jedem.
Ein Bild von geschlachtetem Geflügel inspirierte die Künstlerin
Das Bild mit dem Titel „Nicht fürs Leben, für die Pflegerinnen lernen wir“, war das Werk, was Sabine Nussbaum in Husum nach ihren Ausführungen als erstes ins Auge sprang und sie diesen Weg einschlagen ließ. Darauf steht ein irre dreinblickender Mann mit geschlachtetem Geflügel in den Händen in der Mitte von zwei nicht weniger verrückt wirkenden Krankenschwestern.
Das Schlachten gehört zur regelmäßigen Tätigkeit der Landwirtin aus dem Kreis Ahrweiler. Für sie sind die Tiere gar nicht wirklich tot, wie sie erklärte, denn sie werden ja zu Lebensmitteln. Dann konnte es ja losgehen.
Eine Fotoserie mit (Rinder-)Herz
Das Herz war ihr bei der Fotoserie offenbar ein besonders großes Anliegen, und sie wollte es jenseits der gängigen, verkitschten Bildnisse ganz natürlich darstellen. Auf dem Bild „Ein missglücktes Angebot“ schenkt sie, mit weißer Metzgerschürze bekleidet, einem Menschen ein Herz, allerdings nicht ihr eigenes, sondern das eines Rindes. Ein Missverständnis am Valentinstag.
Darüber hinaus ließ sie sich schick gekleidet und mit viel Schmuck behängt beim Wetzen eines Messers (Non serviam – ich diene nicht) oder leicht bekleidet mit totem Geflügel im Arm in großen Pappkartons sitzend (Kuscheltier der Einsamkeit) ablichten.
Stücke von Debussy und Chopin begleiteten die Werk-Vorstellung
Das Lieblingsbild der Pianistin Maria Heister aus der Detert-Sammlung war die „Venus“, ein zwar auch morbides, aber weniger brachiales, dafür umso eleganteres Werk. Dazu wählte sie ein Stück von Claude Debussy aus „Children's Corner“, in dem sie helle Leichtigkeit und Zerbrechlichkeit mit virtuoser Fülle verband.
Viel Traurigkeit und Schmerz sah Maria Heister in den Porträts, für die sich die Modelle keineswegs schick machten, sondern ihr ganz persönliches, tief bewegendes Anliegen zum Ausdruck brachten.
Maria Heister brachte ihre persönliche Note in die Musik
Eine Frau beispielsweise hatte Heilerde in ihrem traurigen Gesicht, damit sie heilen kann. Eine andere ließ sich die Augen verbinden und versank ganz in ihrem Inneren, ungeachtet, wie sie dabei aussah. Musikalisch fand die bekannte Pianistin diese Thematik im Walzer a-Moll op. 34 Nr. 2 von Frédéric Chopin wieder, der sanft melancholisch, aber dennoch spannend floss.
Besonders schön klang vom hauseigenen Schimmel-Flügel die Nocturne b-Moll op 9 Nr.1 von Chopin, ein recht ruhiges Stück in kühler Abendromantik. Lockere, dezente Verzierungen, gläserne Töne in hohen Lagen und die fließende und durchweg kraftvolle Interpretation trugen Maria Heisters persönliche Handschrift.
Am 11. Dezember spielt Maria Heister ein Konzert in der Aula des Gymnasiums am Turmhof in Mechernich.