„Manipulativ“Ärger um Pläne für flutgeschädigtes Kaller Schwimmbad
Kall – Mit den Stimmen von CDU und SPD hat der Ausschuss für Entwicklung, Umwelt, Digitalisierung und öffentliche Sicherheit jetzt dafür gestimmt, dass das von der Flut beschädigte Hallenbad in Kall wieder saniert werden soll.
Grundlage für die Entscheidung war eine Übersicht, in der die Verwaltung verschiedene Varianten von der Sanierung bis zum Neubau gegenübergestellt hatte. Die sind für Dr. Guido Huppertz (Grüne) aber wenig aussagekräftig. „Die Übersicht ist manipulativ. Hier wird einseitig informiert, um ein gewisses Ergebnis zu erreichen“, lautet sein Vorwurf in Richtung Bürgermeister und Verwaltung.
Hallenbad in Kall: FDP forderte Prüfung von Neubau an anderer Stelle
Die FDP hatte beantragt, dass alternativ zur Sanierung der Neubau eines Bades an anderer Stelle geprüft werden solle. Der jetzige Standort sei hochwasseranfällig. Eine Möglichkeit sei auch der Bau eines Lehrschwimmbeckens mit einer Beckenlänge von rund 16 Metern. Dies bedeute geringere Investitions- und Betriebskosten. „Wir sind für das Bad, wollen aber, dass alle Optionen geprüft werden“, sagte Thomas Müller.
Die Verwaltung hatte in ihrer Übersicht die Kosten für eine Sanierung, einen Neubau des Bades sowie den Bau eines Lehrschwimmbeckens, beides an anderer Stelle, gegenübergestellt und Ausgaben von rund 5,5 Millionen, 7,9 Millionen und 6,5 Millionen Euro für die drei Varianten ermittelt. Während der Eigenanteil der Gemeinde bei einer Sanierung nur bei rund 2,6 Millionen Euro liege, sei er bei den Alternativen zwei und drei mit 9,2 beziehungsweise 7,8 Millionen Euro sogar höher als die Gesamtkosten, weil laut Bürgermeister Hermann-Josef Esser schon zugesagte Fördermittel im Rahmen des Programms „Kommunaler Klimaschutz NRW“ nicht ausbezahlt würden beziehungsweise zurückgezahlt werden müssten.
Bezirksregierung Köln will Kaller Verwaltung Klimaschutz-Fördermittel streichen
Die Förderung für die energetische Sanierung des Hallenbades sei an das Bestandsgebäude gebunden und würde bei einem Neubau an anderer Stelle wegfallen. Aber damit nicht genug: Weil die Sanierung des Bades bei der CO2 -Reduzierung der dickste Posten sei, habe die Bezirksregierung Köln erklärt, dass alle im Rahmen des Klimaschutz-Programms gewährten Förderungen gestrichen würden. Dazu gehören die Sanierung des Rathauses (rund 850 000 Euro), Mobilitätsmaßnahmen (130 000), Solarcarports (260 000) sowie Kosten für Personal, Gutachten und Beratung (240 000). Insgesamt kommen so mit den 1,3 Millionen Euro für das Schwimmbad 2,8 Millionen Euro zusammen.
„Dass bei einem Neubau des Bades auch alle anderen Projekte nicht bezuschusst werden, hätte ich gerne schriftlich von der Bezirksregierung“, meinte Huppertz. Auch dass, wie Esser in der Sitzung betonte, Abrisskosten und ein Neubau an anderer Stelle im Rahmen des Wiederaufbauprogramms Flut nicht gefördert würden, sei nicht richtig. „Außerdem fehlt eine detaillierte Übersicht über die zu erwartenden Betriebskosten und die Besucherzahlen“, kritisierte Huppertz.
Ärger um Kaller Schwimmbad: Kostenkalkulation kann um bis zu vier Millionen abweichen
„Alleine die bezifferbaren Kosten ergeben eine Differenz zu der Vorlage von 3,5 Millionen Euro. Dazu kommen dann noch Posten unbekannter Größe, die wiederum auch über eine oder mehrere Millionen ausmachen könnten.“ Der Ausschuss habe mehrheitlich einer Vorlage und damit einer Kostenkalkulation zugestimmt, die grob geschätzt um vier Millionen Euro oder noch mehr abweichen könne. „Die Rechnung hat klare Fehler und einige Mängel“, fasste Huppertz zusammen. Fraglich sei auch, ob ein Bad an alter Stelle noch versichert werden könne. „Vielleicht würden wir uns ja auch für eine Sanierung aussprechen, wenn wir reale Zahlen hätten“, meinte der Grüne.
Esser räumte einen Fehler in der Kostenübersicht ein: „Der Wegfall der Förderung von 1,3 Millionen Euro für die energetische Sanierung wurde bei den Neubauvarianten irrtümlich als Kosten hinzugerechnet. Aber auch wenn man diese Kosten abzieht, bleibt die Sanierung die preiswerteste Lösung.“
Dafür habe man auch keine Ausgaben für den Kauf eines Grundstücks eingeplant: „Die Gemeinde hat keine Grundstücke und, wenn, nur an der Peripherie. So ein Bad gehört aber in den Ort.“ Die Betriebskosten seien bei den drei Varianten ähnlich hoch. Die Besucherzahlen werde man nachreichen.
Viel wichtiger, so der Bürgermeister, sei ihm aber auch die menschliche Seite: „Die Gemeinde kann nicht ihre Zelte abbrechen und von Bürgern erwarten, dass sie ihre Häuser wieder aufbauen.“ Bei der Feuerwehr habe man den Standort verlegen müssen. Dem stimmte Frank Vellen (CDU) zu: „Wir können nicht Investoren raten, dort zu bauen, wenn sich die Gemeinde zurückzieht.“
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Sein Parteifreund Willi Frauenrath, stellvertretender Schulleiter am Hermann-Josef-Kolleg in Steinfeld, riet vom Bau eines Lehrschwimmbeckens ab, weil es für Schulen zu klein sei: „Bei größeren Klassen sitzt dann die Hälfte der Schüler auf der Bank und die andere Hälfte ist im Wasser.“