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OleftalbahnDie Flitsch darf vorerst wieder fahren

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Dass es für die Bahn in Anstois arg eng würde, fiel beim Bau der Straße niemandem auf. Nun gilt dort Schritttempo.

Kall-Anstois – Die gute Nachricht für die Flitsch-Freunde: Der Saisonstart ist gerettet, die Flitsch darf ab Sonntag, 20. Mai, auf der Strecke der Oleftalbahn zwischen Kall und Hellenthal fahren. Allerdings: Die komplette Saison bis Ende Oktober ist noch nicht in trockenen Tüchern, da die Ausnahmegenehmigung bis Ende August befristet ist. Und es ist noch immer ungeklärt, wie das Problem der in Anstois zu nah an die Gleise gebauten Landstraße gelöst werden kann.

Wolf-Peter Rosenthal, Eisenbahnbetriebsleiter der Streckenbetreibers Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE), hatte sich beim Landesverkehrsminister um die Ausnahmegenehmigung bemüht, damit die Oleftalbahn fahren kann. Da diese nun bei der RSE eingetroffen ist, kann die Flitsch sonntags durch die Täler von Urft und Olef fahren. Walter Zienow, Geschäftsführer der RSE in Bonn, erklärte, dass damit die Streckensperrung aufgehoben ist, an die Genehmigung aber auch Bedingungen geknüpft sind.

Erstens: Die Flitsch darf fahren, bis die vom Landesbetrieb Straßen bei der Mastertmühle in Anstois errichtete Stützmauer der L 204 zurückgebaut ist, maximal bis 31. August. Da die Schuld an der Misere laut Zienow beim Landesbetrieb Straßen als Auftraggeber der Straßenverbreiterung und damit auch der Stützmauer liegt, sei der eben auch für den Rückbau zuständig. Zienow: „Sonst dürfen wir nach dem 31. August nicht mehr fahren.“

Zweitens: Die Flitsch muss vor dem rund 10 bis 15 Meter langen Engpass stehenbleiben. Ein ausgebildeter Posten steigt aus und prüft, ob alles in Ordnung ist. Der Engpass wird im Schritttempo passiert, der Posten steigt wieder ein, die Fahrt wird fortgesetzt.

Drittens: Eine entsprechende Beschilderung an der Strecke muss von der RSE angebracht werden.

24 Zentimeter

Weil der Landesbetrieb Straßen die sanierte L 204 in Höhe der Mastertmühle in Anstois zu nah an die Gleise gebaut hat, wurde die Strecke am Freitag, 27. April, vom Eisenbahn-Bundesamt gesperrt. Seitdem fielen daher einige gebuchte Sonderfahrten mit mehreren Hundert Gästen aus.

2,50 Meter muss der vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von der Stützmauer zur Gleismitte betragen. Recherchen des Landesbetriebs ergaben laut dessen Chef Gerhard Decker, dass exakt 24 Zentimeter fehlen. (bk)

Durch diesen Engpass wird die Fahrzeit natürlich länger. „Wahrscheinlich werden wir die Fahrpläne ändern müssen, damit wir die Anschlusszeiten in Kall einhalten können“, sagt Zienow. All das sei mit wesentlichem Mehraufwand, beispielsweise beim benötigten Personal, verbunden.

Laut Zienow und Wolfgang Heller von der Bahn- und Businitiative Schleidener Tal (BuBI) sind an den vergangenen beiden Samstagen Fahrten der Vulkan-Eifel-Bahn von Köln bis Hellenthal mit insgesamt rund 460 Passagieren ausgefallen. „Der RSE und BuBI sind also bereits wirtschaftliche Schäden entstanden“, so Heller.

Ausnahmegenehmigung könne nicht die endgültige Lösung sein

Eine Ausnahmegenehmigung könne natürlich nicht die endgültige Lösung sein. Es sei nämlich keineswegs so, dass die Oleftalbahn nur von einem Museumsbähnchen befahren werde. Es handele sich um eine öffentliche Strecke, auf der jeglicher Schienenverkehr jederzeit fahren könne. Sie werde von der Vulkan-Eifel-Bahn genutzt, unterschiedlichste Schienenfahrzeuge würden für Sonderfahrten eingesetzt, Güterverkehr ist möglich. Große Holztransporte etwa haben die Strecke bereits mehrfach befahren. Im vergangenen Jahr seien allein 4400 Fahrgäste an 22 Sonntagen plus rund 500 Fahrgäste der Vulkan-Eifel-Bahn bei zwei Sonderfahrten auf der Strecke unterwegs gewesen. Eine dauerhafte Langsamfahrstelle in Höhe Mastertmühle könne nicht hingenommen werden.

Gerhard Decker, Leiter der Euskirchener Niederlassung von Straßen NRW, will seiner Behörde jedoch die Schuld nicht so einfach in die Schuhe schieben lassen. Es handele sich um ein Vermessungsproblem. Bereits 2015 habe ein Vermessungsingenieur einen Grundplan angefertigt – die Daten der Bahn jedoch nicht aufnehmen lassen. Der Grund: Für Vermessungsarbeiten auf Bahnflächen hätte er eigens eine Genehmigung einholen müssen. Diese hätte dabei auch Sicherungsposten stellen müssen. Das erschien dem Vermesser laut Decker zu aufwendig, dieser habe die Lagedaten den Katasterunterlagen entnommen.

Bahnlinie nicht vermessen

Der mittlerweile verstorbene Vermessungskoordinator hatte jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man die Bahnlinie nicht vermessen habe. Dieser Hinweis wurde von Straßen NRW wohl übersehen, weshalb man ausschließlich aufgrund der eingereichten und damit fehlerhaften Vermessungsdaten geplant habe. „Wir haben uns als Straßenbehörde auf die Vermessung verlassen. Bei der Abnahme am 18. April ist aufgefallen, dass da 24 Zentimeter Lichtraumprofil fehlen“, sagt Decker. Wer vor Ort die fertiggestellte Baumaßnahme inspiziert, wundert sich aber , dass es niemand für nötig gefunden hat, an der Engstelle noch einmal nachzumessen.

Gerhard Decker sagte am Donnerstag erneut, seine Niederlassung habe keinen Fehler gemacht. Die Katasterpläne, die eine amtliche Datengrundlage darstellten, seien eben nicht genau gewesen. Wenn es hart auf hart komme, müsse er wieder rückbauen lassen. „Es wäre allerdings schade drum“, sagte der Behördenleiter.

Dann müsste man die Straße wieder um 50 Zentimeter verlegen, so wie sie früher lag. Decker: „Wir haben die Straße aber da nicht ohne Grund verschoben. Ich sträube mich gegen eine solche Maßnahme, das ist zurzeit nicht nötig. Ich muss da mit dem Verkehrsministerium und der Bahn mal in Ruhe überlegen.“

Er sei nun gespannt, auf welche Entscheidung sich Verkehrsministerium und Bahn einigten.

Am heutigen Freitag startet gegen 14.50 Uhr eine gecharterte Flitsch, die wegen des Radrennens Triptyque Ardennais nur bis Blumenthal fährt. Die erste reguläre Fahrt startet am kommenden Sonntag, 20. Mai, um 9.51 Uhr in Hellenthal. www.oleftalbahn.de