Kneipen im Kreis in der Corona-ZeitKein Bier und kein Klaav am Tresen
- Thekenverzehr ist nach wie vor verboten. Gerade für kleine Dorfkneipen natürlich ein echter Nackenschlag,
- Wir haben uns im Kreis umgehört und mit verschiedenen Kneipenbesitzern gesprochen.
- Und es sind sich alle einig: Kneipe ist Theke!
Kreis Euskirchen – Die Restaurants machen unter strengen Hygieneauflagen und den bekannten Abstandsregeln wieder auf – und das dürfen theoretisch auch die kleinen Dorfkneipen, wenn sie Tische haben. Dennoch bleiben hier die Türen oft weiter zu: Thekenverzehr ist nach wie vor nicht erlaubt. Doch was soll das für eine Kneipe sein, ohne Bier und Klaav am Tresen?
Niko Falkenberg wundert sich: „Alle posaunen raus, dass sie wieder öffnen. Ich will aber erst mal abwarten, ob das Ordnungsamt unser Hygiene- und Abstandskonzept überhaupt abnimmt.“ Der Pächter des „Maat Stüffje“ am Alter Markt in Euskirchen, zögert noch. Nach wochenlanger Sperre blieb seine Kneipe gestern weiter zu.
Dabei hat er Tische und Bestuhlung – die Voraussetzung für die Wiedereröffnung als gastronomischer Betrieb –, doch Falkenberg bleibt skeptisch: „Am Tresen darf keiner sitzen, an den Tischen ja wohl nur maximal zwei Leute mit Sicherheitsabstand. Das wird nicht funktionieren.“ Anders ausgedrückt: Von den rund 250 Sitzplätzen, die er im 75 Quadratmeter großen Gastraum und vor allem bei schönem Wetter im Außenbereich vor seinem „Stüffje“ hat, bleibt knapp ein Drittel verfügbar. Ob sich der Kneipenbetrieb überhaupt lohnen würde?
Falkenberg glaubt eher nicht, er würde öffnen, um „im Gespräch zu bleiben, und die Gäste haben ja schon seit Wochen Tische reserviert für den Fall der Fälle“. Doch zuvor müsste er neues Personal finden. Zwei festangestellte Studentinnen hat er zwei Monate lang trotz Schließung weiterbezahlt. Jetzt sind sie gekündigt und haben sich neue Jobs gesucht. So bliebe die Arbeit an ihm und Mutter Claudia, selbst jahrelang „Stüffje“-Gastronomin, hängen.
Stammplatz am Treseneck fällt weg
Ein anderes Problem wird Falkenberg aber wohl nicht lösen können: „Am Wochenende ist hier Party. Dann soll ich Stammgästen den Zutritt verwehren, weil die maximal erlaubte Besucherzahl schon erreicht ist?“
Das alles kann er sich so wenig vorstellen wie Stammgast Jürgen, der gerade mal vorbeischaut, weil die Kneipentür offen ist. Jetzt muss er also immer noch auf seinen geliebten Stammplatz im Treseneck am Fenster verzichten. „Ich bin so vier, fünf Mal die Woche hier und treffe meine Thekenfreunde“, so Jürgen, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Er hört sich unter der Mund-Nasen-Schutzmaske irgendwie etwas heimatlos an.
„Wie auf einer Baustelle“
Manfred Prinz in Mutscheid wird es gerade etwas blümerant, wenn er daran denkt, „dass ich jetzt hier überall Flatterband spannen soll, um die Abstandsregeln einzuhalten. Wie auf einer Baustelle. In meiner Kneipe?“ Und am Tresen kein Bier trinken? Nein, das komme für ihn nicht infrage, da lasse er die altehrwürdige Gastwirtschaft Prinz, die er seit 1992 führt, lieber weiter zu. Und wie das denn aussehen solle: „Dann rufe ich also rüber zum Tisch, wenn das Bier gezapft ist, der Gast holt sich das Bier ab und sitzt wieder am Tisch, alleine?“
Das gehe alles nicht, jedenfalls nicht mit ihm, meint der 68-Jährige. „Und das will ich auch meinen Gästen nicht zumuten.“ Selbst wenn sie ihn schon seit Wochen anrufen oder auf der Straße ansprechen, wann er endlich wieder aufmacht.
Prinz vertröstet sie dann. Und wenn die Corona-Auflagen noch viel, viel länger dauern? „Na gut“, meint der Kneipier und blickt sinnend den leeren Tresen entlang, „ich wollte ja irgendwann auch mal aufhören. Aber das entscheide ich und nicht Corona!“ Trost bekommt er kurze Zeit später von Stammgast und Kumpel Peter Kump aus Rupperath: „Komm Manni, jetzt gehen wir einfach in den Keller und trinken uns da einen Stubbi.“
Kneipe ist an der Theke
„Es ist doch so: Ich habe da ein kleines Räumchen mit fünf Tischen. Da sitzen die Männ, wenn sie ein Skatturnier ausspielen. Aber sonst?“ Reinhold „Käsper“ Schwarz, Inhaber des „Meiershof“ in Freilingen, hat sich seine Gedanken gemacht. Nein, 90 Prozent des Umsatzes werde nicht im Räumchen nebenan, sondern ganz klar am großen U-förmigen Tresen gemacht. Die Tische im Nebenzimmer, die er jetzt lediglich freigeben dürfe, würden den Aufwand des Neustarts nicht lohnen. Und die drei Stehtische im Gastraum? Eher Dekoration. Kneipe ist an der Theke – so war es auch immer im „Meiershof“.
Er habe sich mit seiner Frau aber auch die umfangreichen Hygieneanforderungen bei einer Wiedereröffnung angesehen: Man müsse etwa die Toiletten nach jedem Gast neu desinfizieren – bis hin zu den Türgriffen. Und dann das mit den Gläsern: Nach Gebrauch künftig unter 60 Grad heißem Wasser spülen! Bei laufendem Kneipenbetrieb?
Da ist das Wasser normalerweise kalt. Also müsste „Käsper“ erst eine Gläserspülmaschine hinter dem Tresen installieren. Die Liste der Auflagen lässt sich fortsetzen. Da könne er von Glück reden, dass der „Meiershof“ sein Eigentum, er zudem Rentner und die Corona-Soforthilfe für Kleinbetriebe wie den seinen überwiesen sei.
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„Der Clemens hat auch gesagt: Ich lasse zu.“ „Käsper“ hält es jetzt erst einmal wie der Kollege Clemens Schröder vom „Hobbywirt“ in Hüngersdorf: Ihre Kneipen bleiben geschlossen. Der Freilinger Wirt hofft, dass vielleicht im Herbst alles etwas entspannter sein wird. Dann, vielleicht im September, wird es aber für die diesjährige umsatzstarke Freilinger Bierwoche am „Meiershof“ schon zu spät sein: Die Sause wurde schon abgesagt.