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Keine Priorisierung, kein ImpfstoffFrust im Kreis Euskirchen wegen Lieferproblemen

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Ein Schild weist auf das Regionale Impfzentrum des Kreises Euskirchen hin. (Archivbild)

Euskirchen – Die Befürchtungen waren enorm, doch das große Chaos blieb aus. Nur vereinzelt kamen am Montag Menschen ohne Termin zum Impfzentrum in der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik. Impfangebote für alle, ohne Priorisierung – das hatten Bund und Länder für die Zeit ab Montag zugesagt.

Impfpriorisierung aufgehoben: nicht mehr Andrang als sonst im Kreis Euskirchen

Was davon zu halten war, hatte sich offenkundig herumgesprochen. Es kamen nicht mehr Unangemeldete als an anderen Tagen auch, teilte Kreispressesprecher Wolfgang Andres mit. Auch die Anrufe beim DRK-Bürgertelefon hielten sich in Grenzen. „Die große Berichterstattung rund um die Thematik ,Jeder kann sich impfen lassen, allerdings gibt's keinen Impfstoff’ ist offensichtlich angekommen“, zog Andres am Montagnachmittag Bilanz. Präventionsparadox mal anders!

Dennoch: Der Frust über die „große“ Politik bei den Verantwortlichen vor Ort ist groß. „Wenn man eine Kneipe aufmacht, muss man Getränke haben“, schimpft Landrat Markus Ramers. Kopfschütteln auch bei Frank Gummelt. „Spahn hat sein Versprechen gehalten, dass jeder Deutsche bis zum Sommer ein Impfangebot bekommt. Es ist nur kein Impfstoff da“, so der Leitende Impfarzt im Regionalen Impfzentrum des Kreises mit einem Schuss Galgenhumor.

Termine fürs Impfzentrum nur über die KV-Hotline

„Wir haben die Befürchtung, dass die Leute uns in Marmagen die Tür einrennen und bei den Hausärzten noch mehr“, schwante Ramers noch am Sonntag Böses. „Wir haben eine klare Vorgabe vom Land, bis Mitte Juni nur Zweitimpfungen zu machen“, stellte er klar.

Der Termin für die Prio-Aufhebung sei daher denkbar schlecht gewählt: „Wir haben noch Leute in der Priorisierung, die nun Sorge haben, dass sie keine Impfung mehr bekommen.“ Theoretisch, so Ramers, hätte sich am Montag jede und jeder um einen Impftermin bemühen können – jedoch gibt es keine Termine. „Schwer erträglich“ sei das.

Udo Crespin, Cheforganisator im Impfzentrum, stellte nochmals klar: Termine fürs Impfzentrum gebe es ausschließlich über die Telefonnummer 116117 der Kassenärztlichen Vereinigung: „Es lohnt sich nicht, zum Impfzentrum zu kommen.“ Es gehe nicht ums Wollen, es gehe ums Können.

Impfen im Kreis Euskirchen: Sicherheitsmaßnahmen vorsorglich verstärkt

„Wir müssen die Leute abweisen“, kündigte Crespin an. Vorsorglich wurden am Sonntag sogar die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt, damit niemand in der Nacht womöglich ein Zelt vor dem Impfzentrum aufstellt.

Dabei werde möglichst früh auf die Menschen zugegangen, um sie zur Umkehr zu bewegen, erläuterte Crespin: „Mehr können wir nicht tun. Jede Diskussion ist sinnlos.“ Er sorge sich vor allem, dass die Helfer vor Ort beschimpft werden könnten: „Dabei machen die Leute nur ihren Job, die können nicht anders.“

Kritik äußerte auch Dr. Thomas Schwanke. Der Allgemeinmediziner aus Euskirchen monierte: „Die ganzen Entscheidungen der letzten Wochen müssen wir ausbaden.“ Der vom Landrat prognostizierte Ansturm auf die Arztpraxen sei am Montag bei ihm allerdings ausgeblieben: „Meine Patienten haben offenbar verstanden, dass es keinen Impfstoff gibt.“

Probleme bei Impfstofflieferungen an niedergelassene Ärzte

Ihn ärgert, dass die Politiker, die die Entscheidungen treffen, offenbar nicht wissen, wie der Alltag in einer Arztpraxis sei. Das gelte auch für die Impfung von Jugendlichen, die Gesundheitsminister Jens Spahn entgegen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission freigeben will. „Diese Entscheidung sollten keine Politiker, sondern Ärzte und Wissenschaftler treffen“, so Schwanke.

Auch bei den Impfstoff-Lieferungen für die Niedergelassenen hapert’s. Frank Gummelt, der seine Hausarztpraxis in Mechernich führt, beschreibt den Alltag in Pandemiezeiten so: „Ich bekomme am Donnerstag eine Zusage für Impfstoff, der am Dienstag wieder storniert wird.“

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Unterdessen stünden inzwischen 850 Namen von Impfwilligen auf seiner Warteliste. Und dann der Aufwand! Sechs Seiten Dokumente, zwei Unterschriften vom Impfling, eine vom Arzt. Eine Kraft in seiner Praxis sei ausschließlich damit beschäftigt, mit dem Menschen zu telefonieren, Termine zu machen, die Dokumente auszugeben und die Termine wieder abzusagen, wenn mal wieder zu wenig Impfstoff komme.

Mancher Anrufer reagiere darauf zudem verbal aggressiv. „Wenn wir bei der Grippeimpfung so einen Zinnober machen würden, ginge das gar nicht“, klagt Gummelt. Doch das Grundproblem sei der nicht verfügbare Impfstoff. „Wir haben im Impfzentrum zur Zeit eine Tagesleistung von knapp 700 Impfungen. Wir hatten aber schon 1400 am Tag“, so Gummelt: „Das ist schon bitter.“

47 Prozent der Menschen im Kreis Euskirchen erstgeimpft

Immerhin wurden nach Auskunft des Kreises bis Montag 134 533 Corona-Impfungen im Impfzentrum in Marmagen, von mobilen Teams und von Hausärzten verabreicht: 91 374 Menschen (47,02 Prozent) im Kreis haben demnach die Erstimpfung erhalten, 42 959 (22,1 Prozent) Erst- und Zweitimpfung.

Landrat ehrt Mitarbeiter vom Impfzentrum

Es war ein Moment des Innehaltens. An jedem Tag seit dem 8. Februar, als das Impfzentrum in Marmagen den Betrieb aufnahm, kommen dort Menschen an, um geimpft zu werden. Grund genug also, um nach vier Monaten einmal denen zu danken, die den Laden am Laufen halten und die Impflinge betreuen, fand Landrat Markus Ramers.

130 der in Marmagen tätigen 420 Mitarbeiter waren zur Ehrung gekommen. Einem Vertreter jeder der Organisationen übergab Ramers einen Stapel Urkunden für die Helfer. „Sie sind die, die in der Arena stehen und nicht an der Seitenlinie kritisieren“, dankte er den Helfern von DLRG, Malteser-Hilfsdienst, DRK, THW, Bundeswehr, Feuerwehren und Führungsstab, Kassenärztlicher Vereinigung, Apothekerkammer, Medizinischen Fachangestellten und dem Security-Dienst ESD aus Erftstadt und Kreis Euskirchen.

„Es gab keine Vorgaben, es gab keine Pläne, trotzdem ist es gelungen“, sagte er. Es seien mehr als 70000 Impfungen verabreicht worden, obwohl insgesamt 74 Impfverordnungen immer wieder die Planung über den Haufen geworfen hätten. Auch wenn nun Haus- und Betriebsärzte mitarbeiten, bleibe das Impfzentrum der einzige öffentliche und gleichberechtigte Zugang zu Impfungen. Auch nach Aufhebung der Priorisierung werde das so bleiben. „Wir sind weiter auf Ihre Mitarbeit angewiesen“, sagte er.

„Das ist hier wie eine große Familie“, sagte Michaela Müller vom Malteser Hilfsdienst. Sie lobte die gute Zusammenarbeit unter den Organisationen. Viele Menschen bedankten sich bei den Helfern, auch wenn sie aufgeregt gewesen seien. „Man macht es mit Herzblut“, sagte sie.

„Äußerst positiv“ empfindet Michael Gerretz von der Feuerwehr Euskirchen die Tätigkeit in Marmagen. Acht bis zehnmal im Monat sei er dort, um für die Menschen da zu sein. „Ich habe mich damals verpflichtet, der Bevölkerung zu helfen“, sagte er.

Bis 30. September soll das Impfzentrum auf jeden Fall noch in Betrieb sein, vielleicht sogar bis 31. Dezember. „Ich bringe zu der Abschiedsfeier ein Fässchen Bier mit“, versprach Ramers. (sev)