Metzgerei SchmitzFamilienunternehmen verzeichnet deutlichen Kundenzuwachs
- In dem Familienunternehmen wird noch selbst geschlachtet – darauf vertrauen die Kunden.
- Vor allem der Tönnies-Skandal hat einige wachgerüttelt.
- Familie Schmitz legt besonderen Wert auf die regionale Qualität des Fleischs und die Gesundheit der Tiere.
Euskirchen-Kirchheim – Die Vorstellung, eines Tages zu Hause keine frische Wurst mehr zu bekommen, war für Martin Schmitz derart schlimm, dass sich der heute 27-Jährige dazu entschied, Metzger zu werden. Wenn der Vater in Rente geht, will er den Familienbetrieb der Landschlachterei Josef Schmitz, der bereits in der dritten Generation seit der Gründung 1947 geführt wird, übernehmen. Für die Selbstständigkeit hat Schmitz junior mit 19 Jahren schon den Meister gemacht.
Im Betrieb ist der 27-Jährige für die Schweine-Wurst verantwortlich. In diesem Jahr sind es etwa 15 bis 20 Schweine in der Woche, die Schmitz im elterlichen Betrieb selbst betäubt, schlachtet, zerlegt und zu frischer Bratwurst, Fleischwurst und Grillfleisch verarbeitet. „Dann sind die Tiere sechs bis sieben Monate alt. Sie werden uns von einem Landwirt aus Kerpen-Buir geliefert“, berichtet er. „Wir arbeiten ausschließlich mit Fleisch aus der Region“, fügt sein Vater Josef Schmitz hinzu. Mit vielen der etwa 20 Landwirte aus dem Kreis, von denen die Familie die Tiere beziehe, arbeite er schon seit etlichen Jahren zusammen.
Regionale Nähe und Gesundheit der Tiere sind ein Muss
Dadurch, dass die Tiere größtenteils aus dem Kreis Euskirchen kommen, ist die Anfahrt zur Metzgerei kurz. Das ist laut Josef Schmitz sowohl gut für das Wohl der Tiere und auch für die Qualität des Fleisches. „Die Rinder hole ich immer selbst beim Landwirt ab. Ich weiß genau, wie ich mit dem Hänger fahren muss, damit sie sich nicht verletzen“, sagt er. Tiere in größerer Entfernung abzuholen oder sich bereits geschlachtete Exemplare liefern zu lassen, kommt für den Familienbetrieb nicht infrage.
Regionales Fleisch
Etwa 100 der 850 privaten Metzgereien in NRW, die dem Fleischerverband des Landes angehören, schlachten noch selbst, sagt der Landesinnungsmeister für das Fleischerhandwerk in NRW, Adalbert Wolf. Im Kreis Euskirchen sind es laut Albert Schneider, Obermeister der Fleischer-Innung Rureifel, noch drei Betriebe. Voraussetzung dafür sei die EU-Zulassung, die verschiedene Auflagen wie zum Beispiel zur Hygiene und den Räumlichkeiten in den Betrieben vorschreibe, so Fleisch-Experte Wolf.
Das Fleisch der Tiere, die in der Region geschlachtet worden seien, hebe sich durch seine Qualität von der Massenware im Supermarkt ab, sagt Wolf. Er sieht es auch als Vorteil an, dass die Tiere vor der Schlachtung keine 1000 Kilometer durch Europa gekarrt worden und daher mehr gestresst seien. Nahezu 100 Prozent seiner Kollegen in NRW arbeiteten mit Naturgewürzen, um dem Fleisch bei der Verarbeitung den richtigen Geschmack zu verleihen. Gewürzmischungen würden nach traditionellen Rezepten dem Fleisch zugegeben.
Durch die Pandemie des Coronavirus seien mehr Kunden zum lokalen Metzger nebenan gegangen. Da sind sich die beiden Fleisch-Experten sicher. Wolf spricht in NRW von einem Kundenanstieg von 20 bis 30 Prozent. „In der Corona-Zeit hat man gesehen, welche Vorteile die lokalen Metzger bieten. Wir waren immer für unsere Kunden da und haben sie als verlässlicher Partner mit Wurst und Fleisch versorgt. Das hat bei vielen Kunden einen guten Eindruck gemacht“, sagt Schneider. Und weiter: „Viele haben gemerkt, dass wir vielleicht doch von der Qualität eine gute Alternative zum Supermarkt sind und es sich lohnt, im Fachgeschäft einzukaufen. Ich habe die große Hoffnung, dass das nun zu der Anerkennung führt, die wir lokalen Metzger längst verdient haben.“
Auch Wolf hofft, dass der Trend sich fortsetzt: „Ich wünsche mir, dass wir es in Deutschland den Franzosen oder Skandinaviern gleichtun und die Qualität des Fleischs mehr Wert ist.“(smh)
Zu wichtig sei ihnen die regionale Qualität des Fleischs und die Gesundheit der Tiere. „Wenn wir von einem neuen Bauern in der Region Tiere bekommen, fahren mein Sohn und ich immer vorher hin und gucken, wie die Tiere gehalten werden“, so Schmitz.
„Wir wollen selbst sehen, woher unser Fleisch kommt“
„Für mich steht nicht an erster Stelle, ob die Tiere Bio sind oder nur im Freien waren. Das sind sie sowieso im Winter nie. Ich schaue mir an, ob das Tier gesund und zutraulich ist. Die Wurst muss am Ende ja auch bezahlbar sein“, ergänzt Martin Schmitz. Dabei sei es heutzutage für Metzger viel günstiger, nicht mehr selbst zu schlachten. „Wir wollen aber selbst sehen, woher unser Fleisch kommt“, so Martin Schmitz. Den Bauern zahle man dafür gerne etwas mehr, als man in größeren Schlachtbetrieben für das Kilo Fleisch zahlen würde. Das koste etwa 20 bis 30 Prozent mehr. Auch alle Auflagen zur eigenen Schlachtung zu erfüllen, sei kostspielig.
Die Schlachtung der Tiere bedeute auch, dass in der Verkaufstheke irgendwann Schluss sei. „Wir können nur so viel Wurst produzieren, wie wir Fleisch kriegen“, sagt Josef Schmitz. Dafür könne er als Metzger genau auf die Bedürfnisse seiner Kunden eingehen und jederzeit nachweisen, woher das Fleisch in der Wurst stammt und was dort drin ist. „Nur das Fleisch, das wir selber essen würden, verkaufen wir auch an unsere Kunden“, so der 51-Jährige.
Zufluchtsort für Allergiker
„Wir nutzen keine Gewürzmischungen und arbeiten mit so wenig Zusatzstoffen wie möglich“, erzählt Ramona Schmitz, die Frau im Hause der Metzgerfamilie. Sie bedient die Kunden an der Ladentheke. „Unser Kochschinken fällt zwar nach unserem traditionellen Rezept immer noch auseinander, dafür ist er aber sehr saftig und naturbelassen“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Laut Martin Schmitz gibt es wenige Zusatzstoffe, auf die man nicht verzichten könne, etwa um die Wurst zu konservieren.
Weil die Familie genau wisse, was in der Wurst ist, kämen auch viele Allergiker in die Metzgerei. „Wenn jemand eine ganz spezielle Wurst braucht, weil er Zutaten nicht verträgt, schauen wir immer, was man da machen kann“, so die 48-Jährige.
Neue Kunden durch Corona und Tönnies
Durch die Corona-Pandemie und auch den Fleischskandal um Tönnies seien tatsächlich mehr Kunden in die Metzgerei gekommen. Schließlich seien die Leute wegen der Pandemie häufiger zuhause gewesen und hätten mehr gekocht, so Josef Schmitz. Der Tönnies-Skandal habe einige wachgerüttelt.
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„Auf der anderen Seite sind uns wegen Corona aber auch Einnahmen weggebrochen, die wir durch unsere Verkaufsstände auf Märkten oder den Party-Service erzielt hätten“, erklärt er. Dazu, den Fleischbetrieb auch auf den Party-Service sowie das Markt- und Imbissgeschäft auszuweiten, sei die Familie vor Jahren gezwungen gewesen, „um zu überleben“, so der 51-Jährige. Schließlich habe es in Kirchheim früher noch vier Metzger gegeben. Heute gebe es nur noch ihren Betrieb. Den kleinen Metzgereien werde es oft schwer gemacht.
Sohn Martin hofft, dass die neuen Kunden auch langfristig an der lokalen Wurst der Metzger-Familie interessiert sind – unabhängig von Fleischskandalen und Pandemien. „So Wellen von neuen Kunden gibt es nach Skandalen immer wieder. Nur leider haben die uns dann auch schnell wieder vergessen“, so der 27-Jährige.