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Krachmacher sind nicht willkommenRegionale Initiative gegen den Motorradlärm

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Lärmmessanlagen samt Display wurden an der B266 bei Einruhr und an der Kermeterhochstraße L15 installiert. Laut Nationalparkverwaltung zeigen sie Wirkung.

Kreis Euskirchen – Die Stimmung im Ratssaal im ersten Stock des Simmerather Rathauses war ernst. „Der Motorradlärm hat ein Maß angenommen, das Bürger nicht mehr hinnehmen wollen und können“, sagte der Hausherr, Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns. Gemeinsam mit sechs Kollegen aus Eifeler Kommunen stellte er die neue, bundesweite Initiative „Silent Rider“ vor, die zum Ziel hat, auch die Belastungen der Anwohner an bei Motorradfahrern beliebten Eifelstrecken zu vermindern.

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Immer mehr Bürger beklagten sich über Lärm

Mit Hermanns sowie seinen Bürgermeister-Kollegen Wilfried Pracht (Nettersheim), Ingo Pfennings (Schleiden), Axel Buch (Hürtgenwald), Peter Cremer (Heimbach) und den Allgemeinen Vertretern Ulrich Ley (Bad Münstereifel) und Dieter Weber (Nideggen) waren die Vertreter von sieben Anrainerkommunen des Nationalparks nach Simmerath gekommen.

Sie sind federführend in der Initiative „Region Nationalpark Eifel gegen Motorradlärm“. Ebenfalls Mitglieder sind die Kreise Euskirchen und Düren sowie die Städteregion Aachen, die Polizei in der jeweiligen Region und der Nationalpark Eifel mit seinem Förderverein.Immer mehr Bürger beklagten sich bei den Bürgermeistern über den Lärm der Motorradfahrer, erklärte Hermanns. Beispiele für die Probleme, die sich durch die lautstarken Zweiräder ergeben, konnte jeder der Behördenvertreter nennen.

Vertreter von sieben Kommunen stellten die Kampagne „Silent Rider“ vor.

Kein falscher Zungenschlag

Da die Probleme aber nur über die Änderung von Bundesgesetzen oder EU-Regelungen zu lösen seien, seien kleinräumige Lösungen nicht zielführend. „Wir glauben, dass es nur bei einer bundesweiten Initiative gelingen kann“, so Hermanns. Am Montag trafen sich in Düren Vertreter von rund 50 Kommunen und Institutionen, um sich über das Konzept auszutauschen, dass die sieben Kommunen entwickelt haben.

Ein Forderungskatalog, der aus zehn Punkten besteht, ist genauso Teil des Aktionsplans wie ein Marketingkonzept, mit dem man auf die Motorradfahrer zugehen will. „Wir wollen den falschen Zungenschlag vermeiden, dass wir gegen Motorradfahrer sind“, betonte Hermanns. Die Eifel sei eine touristische Region, in der alle herzlich willkommen seien – auch Motorradfahrer. „Wer nicht willkommen ist, das sind Raser und Heizer“, sagte er weiter.

Auch der Bundesverband der Motorradfahrer beteiligt sich an der Initiative

Das Konzept, das von einer Kommunikationsagentur ausgearbeitet wurde, umfasst Plakate, eine Internetseite und Aktionen wie ein „Silent-Rider-Festival“, bei dem eine Ausfahrt an einem „Tag des leisen Fahrens“ geplant ist. „Das können sieben kleine Gemeinden finanziell nicht alleine leisten“, sagte Hermanns. Deshalb sei beabsichtigt, dass bis zu den Sommerferien 40 Kommunen und Institutionen ihre Absicht signalisieren, sich zu beteiligen. „20 haben bis jetzt ihre Bereitschaft bekundet“, sagte Hermanns.

Bemerkenswert sei, so betonte Pfennings, dass auch der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) dabei sei und eine Zusammenarbeit signalisiert habe. „Wir unterstützen die Kampagne, auch in finanzieller Hinsicht“, bestätigte Michael Lenzen, Vorsitzender des BVDM, der viel strengere Lärmmessungen bei der Zulassung der Motorräder forderte, aber auch Kritik an dem Forderungskatalog hatte. So sehe er die Frontkennzeichen kritisch: „Alleine schon wegen der Befestigung.“

Die Forderungen

Zehn Punkte umfasst der Forderungskatalog. Neben allgemeinen Forderungen wie der nach leiseren Motorrädern oder einer abgestimmten Lärmschutzpolitik auf europäischer und nationaler Ebene gibt es auch Konkretes. So sollten etwa die EU-weiten Grenzwerte massiv verschärft werden.

Mit der Technik der Kräder befassen sich mehrere Punkte. So bedürfe es neuer Verfahren bei der EU-Typprüfung, die die tatsächliche Geräuschentwicklung besser berücksichtigen.

Die Strafen für Manipulationen sollten drastisch verschärft werden. Gefordert wird die Einführung einer „Geräuschmessung light“, bei der die Polizei vor Ort die Geräuschentwicklung eines Auspuffs messen kann. Im Falle einer nachgewiesenen Manipulation müsse die Konsequenz eine sofortige Stilllegung des Fahrzeugs sein – auch, wenn es noch an Ort und Stelle wieder in ordnungsgemäßen Zustand versetzt werde. „Es kann nicht sein, dass vorsätzlich manipulierte Fahrzeuge einfach so wegkommen“, mahnte Hermanns.

Ein Frontkennzeichen solle genauso eingeführt werden wie eine allgemeine Halterhaftung. „Es ist die Frage, ob das juristisch möglich ist“, so Hermanns. Zumindest sollte eine Kostentragungspflicht, wie sie beim ruhenden Verkehr bestehe, eingeführt werden. Bisher haben Behörden Probleme, Bußgelder wegen überhöhter Geschwindigkeit zu verhängen, wenn der Fahrer nicht eindeutig festgestellt werden kann.

Die Anonymisierung durch den Helm sei eine rechtsfreie Zone, die beseitigt werden müsse. Dies sei durch Kennzeichen vorne oder persönliches Helmkennzeichen möglich. „Die wenigsten Autofahrer fahren mit Helm oder Sturmhaube“, zog Hermann einen Vergleich. (sev)