Corona im Kreis EuskirchenDie Gefährdungsstufe eins ist erreicht
- Der Kreis Euskirchen hat die erste Gefährdungsstufe erreicht: Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 35.
- Die Zahl ist relevant für die Beurteilung des Infektionsgeschehens.
- Sollte die Zahl der Neuinfektionen weiter steigen, werden auch im Kreis härtere Maßnahmen wie eine Sperrstunde greifen. Eine Übersicht.
Kreis Euskirchen – Sowas nennt man dann wohl eine dynamische Entwicklung. Dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen im Kreis Euskirchen innerhalb kurzer Zeit die 35 überschreiten würde, hatte Landrat Günter Rosenke bereits am Freitagnachmittag vorausgesagt. Da lag der Inzidenzwert noch bei 25,8.
Schon am Samstagvormittag war es dann fast soweit: Rosenke vermeldete einen Wert von 33,5. „Wir hatten Samstag und Sonntag jeweils 15 neue Fälle. Dadurch ist die Inzidenz von 35 überschritten“, teilte Gesundheitsamtsleiter Christina Ramolla am Sonntagnachmittag mit.
An diesem Montag fallen bei der Bemessung des Inzidenzwerts einige Patienten aus der Vorwoche aus der Zählung wieder heraus, wodurch „wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach weiter plus/minus 35 halten werden“, so der Amtsarzt. Ab einer Inzidenz von 35 gilt die Gefährdungsstufe eins, die Stufe zwei ab einer Inzidenz von 50.
Genauere Zahlen konnte Ramolla am Sonntag noch nicht nennen: Die statistische Auswertung musste zurückstehen, wichtiger war es zunächst, die Betroffenen über ihre Testergebnisse zu informieren und die Kontakte zu ermitteln.
Mehr Wochenendbetrieb
Dafür wurde der Wochenend-Betrieb in der Abteilung Gesundheit beim Kreis wieder hochgefahren. Sieben Mitarbeiter waren am Samstag am Start, für Sonntag erwartete Ramolla die gleiche Anzahl. „Die Telefonkette läuft gerade“, sagte er am Sonntagmorgen: „Es ist wieder so wie im Frühjahr.“
Nach und nach liefen die Mitteilungen aus den Labors im Gesundheitsamt ein. „Die kommen meistens in zwei Schüben, einer um 11 Uhr, ein weiterer gegen 15 Uhr“, erklärte Ramolla. Der erste Schub vom Samstag machte bereits klar, wohin die Reise geht. 33,5! Noch brisanter, so Rosenke: „Die Stadt Euskirchen hat bereits den Wert von 52,9 erreicht.“ Weilerswist lag bereits am Samstag bei einer Inzidenz von 45,1, Kall bei 36.
Freiwillige Vorsorge
Daher, so Rosenke, sollten sich die Bürgerinnen und Bürger in Euskirchen und Weilerswist schon jetzt nach den Regeln verhalten, die bei einem Inzidenzwert von 50 gelten (siehe auch „Appelle scheinen zu wirken...“). Der Hintergrund: Verpflichtend sind die strikten Maßnahmen erst, wenn die kritischen Inzidenzwerte von 35 beziehungsweise 50 für den gesamten Kreis erreicht werden.
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Dass dieser Wert noch unter 50 ist, liegt an den niedrigen Zahlen beispielsweise in Blankenheim (am Freitag akut infiziert 0), Dahlem, Hellenthal (je 2), Nettersheim (1) und Schleiden (2). Diese Zahlen sagen für den gesamten Kreis, in dem vergleichsweise wenig Menschen auf großer Fläche leben, wenig über die Ansteckungsgefahren in den enger besiedelten Kommunen Euskirchen und Weilerswist aus.
Sperrstunde und Alkoholverbot
Die Maßnahmen, die ab einem Inzidenzwert von 50 greifen, bedeuten unter anderem eine Sperrstunde für Gaststätten und ein generelles Alkoholverkaufsverbot zwischen 23 und 6 Uhr. Zudem dürfen private Feiern im öffentlichen Raum – Hochzeiten, Geburtstage und Jubiläen – nur noch mit höchstens zehn Personen stattfinden. Im öffentlichen Raum und in der Gastronomie dürfen maximal fünf Personen zusammenkommen.
Masken sollen überall dort getragen werden, wo regelmäßig eine Unterschreitung des Mindestabstands von eineinhalb Metern zu erwarten ist.
Appelle scheinen zu wirken
Die Appelle des Landrats und anderer Politiker in Land und Bund zeigten offenbar Wirkung, wie ein Gang am Samstagabend durch die Euskirchener Kernstadt zeigt: Eine Sperrstunde gibt es dort zwar (noch) nicht, dennoch wirkt die Stadt wie ausgestorben.
Gegen 20.20 Uhr sind kaum Menschen in der Fußgängerzone unterwegs. Der Schmelztiegel des Lebens ist in diesen Minuten vor und im Maat-Stüffje. Vor der Kneipe stehen ein paar junge Männer, die übers Rauchen philosophieren, während sie eine rauchen – alles andere wäre ja auch inkonsequent. „Ich rauche immer nur, wenn ich betrunken bin“, sagt einer.
Sein Kumpel entgegnet: „Ich könnte jederzeit aufhören. Möchte es aber nicht.“ Triviale Kommunikation in einer Zeit, die eben genau das nicht ist: gewöhnlich. So ziehen die jungen Männer nach dem letzten Zug an der Kippe ihren Mund-Nasen-Schutz auf und gehen zurück ins Maat-Stüffje. Auf der Liste haben sie ihren richtigen Namen eingetragen, versichern sie.
„Alles andere wäre ja Quatsch. Natürlich müsste man in der jetzigen Zeit nicht unbedingt in eine Kneipe gehen. Wenn man es aber tut, dann wenigstens mit einem konsequenten Schutz“, sagt der 24-Jährige, während er die zwei Stufen zum „Maat“ hinaufgeht und die Tür aufzieht. Plötzlich ist sie weg – die Trivialität in der Sprache.
„Wenn ein zweiter Lockdown kommt, wäre das für alle beschissen. Deshalb passen wir auf. Um zu Hause zu sitzen, sind wir aber zu jung“, fügt sein Kumpel hinzu. Ein paar Meter weiter, an der Ecke zur Vuvenstraße schaut die Bedienung der Cocktailbar „Che’s“ fast schon sehnsüchtig aus dem Fenster in Richtung Alter Markt. Nichts los. Auch ohne Sperrstunde. (tom)