Andauernder LockdownEuskirchener Baumärkte führen Bestell- und Abholservice ein
Kreis Euskirchen – Es war wenige Tage vor Weihnachten, als der Lockdown verlängert wurde. Noch stärkere Einschränkungen wurden bekanntgegeben, darunter auch die Schließung der Baumärkte. Eine Maßnahme, die bei den Betroffenen auf wenig Verständnis stieß. Obwohl sie unter bestimmten Bedingungen sowohl Gewerbe- als auch Privatkunden mit Ware versorgen dürfen, äußern die Vertreter der Märkte auch nach dem Jahreswechsel teilweise klare Kritik.
„Im Frühjahr waren die Baumärkte offen, und die Infektionszahlen gingen runter. Jetzt sind die Baumärkte zu, aber die Zahlen steigen immer weiter – also kann es ja nicht an uns liegen“, stellt Mario Hack, Leiter des Baumarktes Fassbender und Tenten in Blankenheim, fest. Noch deutlichere Worte wählt Rudolf Trapp: „Es ist eine Katastrophe“, sagt der Leiter des Obi-Marktes in Kall unmissverständlich.
Dabei seien in den Märkten die Hygienemaßnahmen erneut verbessert worden: Alle Mitarbeiter tragen laut Hack FFP2-Masken. Im Februar werden noch zwei neue, infektionssichere Kassen aufgestellt. Ähnlich sieht es Rudolf Trapp. „Es ist unmöglich, sich im Geschäft anzustecken“, betont er. Der Lockdown sei vielleicht angesichts der Menschenmengen im städtischen Umfeld sinnvoll. „Aber in den ländlichen Bereichen gehen doch keine Massen einkaufen“, hat er beobachtet.
Langfristige Planungen
Ein Konzept sei bei den Anti-Corona-Maßnahmen für ihn nicht erkennbar, moniert Trapp. Und mehr: „Es gibt keinen in der Regierung, der ansatzweise Ahnung hat, wie es im Handel zugeht.“ Die Vertreter der Handelsorganisationen würden nicht angehört. Dabei stehe eines fest: „Der Handel braucht Planungssicherheit“, so Trapp.
Zur Zeit werde zum Beispiel die Ware geliefert, die vor einem Dreivierteljahr für das Frühjahrsgeschäft eingekauft worden sei – Campingmöbel oder Gartenbaustoffe beispielsweise. Die Lieferanten wollten direkt bezahlt werden, doch dem stehe kein Umsatz gegenüber. „Vorige Woche habe ich die Ware für das nächste Weihnachtsgeschäft bestellt“, gibt Trapp einen Eindruck von den Planungszeiträumen der Verantwortlichen im Einzelhandel.
Gewerbekunden
Mit den Richtlinien der Corona-Verordnung haben sich die Märkte arrangiert. Das heißt, dass der Großhandel weiter liefern kann und Gewerbekunden in den Markt dürfen, um sich für ihre Baustellen mit Material einzudecken. Wenn sie ihren Gewerbeschein vorlegen, können beispielsweise Handwerker ihren Bedarf im Markt decken. Aber es gibt eine Einschränkung: „Wir dürfen nicht jede Ware an sie verkaufen. Nur die, die ihrem Gewerbe entspricht“, erläutert Harald Stolz, Geschäftsführer der Hagebaumarkt-Märkte in Erftstadt und Euskirchen. Ein Dachdecker, der beispielsweise eine Gartenmontur kaufen wolle, müsse wie jeder Privatkunde den Abholservice nutzen.
Privatkunden
Privatkunden haben dagegen nur die Möglichkeit, Ware telefonisch oder online zu bestellen. Ob die Kunden ihre bestellte Ware am Markt abholen oder sie nach Hause liefern lassen – der Hagebaumarkt in Euskirchen lässt seinen Kunden die Wahl. Der Schleidener Mobau-Markt hat dafür Container aufgestellt. „Dort können die Kunden ihre bestellte Ware mit einem Zahlencode kontaktlos abholen“, erläutert Marktleiter Dominik Kratz.
Der Profi Baumarkt Klinkhammer in Bad Münstereifel bietet seit Anfang Januar ebenfalls einen Abholservice für Kunden an. Laut einer Mitarbeiterin, die namentlich nicht genannt werden möchte, ist der Service jedoch eingeschränkt. Eine Beratung wie vor dem Lockdown gibt es telefonisch nicht. Kunden, die bei den Mitarbeitern im Baumarkt anrufen, müssen genau wissen, welche Waren sie kaufen wollen.
Die Filialleitung des Hellweg-Baumarktes in Kommern wollte sich gegenüber dieser Zeitung nicht äußern. Das Unternehmen informiert auf seiner Internetseite über den Lockdown-Service: Hellweg bietet seinen Kunden an, vorbestellte Waren abzuholen. Wer zuhause werken möchte, ruft beim Kommerner Baumarkt an, füllt auf diesem Weg seinen Einkaufskorb – und holt es dann am Markt ab. Einige Hellweg-Märkte bieten auch einen Lieferservice an – der in Kommern gehört jedoch nicht dazu.
Kreative Lösungen
Dass die Privatkunden nicht in die Märkte dürfen, um sich Ware auszusuchen, bringt zuweilen ganz spezielle Probleme mit sich. Und die Märkte versuchen, diese auf möglichst kreative Art zu lösen – etwa, wenn daheim etwas kaputt geht und der Austausch nicht aufgeschoben werden kann. „Wenn jemand anruft und zum Beispiel einen Ersatz für einen kaputten Siphon braucht, bitten wir ihn, das defekte Teil mitzubringen“, erzählt Hack.
An der Kasse werde dann verglichen, ob das Ersatzteil, dass die Mitarbeitern aufgrund der Bestellung bereitgelegt haben, auch tatsächlich mit dem Original übereinstimme.
Bauherren
Doch schwieriger sei es für die Häuslebauer und Renovierer unter den Privatkunden, bei denen nun die Gestaltung der Innenräume ansteht. Wenn der Rohbau fertig ist und die Bauherren gerne Fliesen, Laminat oder eine Wandfarbe aussuchen würden, haben sie Pech: Sie dürfen nicht in die Märkte und sich über das Angebot informieren. „Wenn wir helfen können, helfen wir, aber auch uns sind die Hände gebunden“, so Hack. Die Kunden seien natürlich verärgert, da sie mit ihrem Bau nicht weiterkommen.
Pflanzenabteilungen
Viele Baumärkte bieten neben Material für Handwerker und Baustellenbedarf auch Pflanzen an. Das Gartencenter beschert auch dem Euskirchener Hagebaumarkt einen massiven Verlust. Verderbliche Ware wie Tiernahrung und Pflanzen dürfen zwar laut Gesetzgeber auch an Kunden im Markt verkauft werden. Das sei aber schwierig zu verwirklichen, berichtet Geschäftsführer Stolz: „Wir haben deshalb Mitte Dezember alles für den halben Preis verkauft.“ Und das habe den Markt „richtig Geld gekostet“. Übrig seien jetzt nur wenige Zimmerpflanzen.
Hohe Kosten, kaum Umsatz
Das, was er seinen Kunden jetzt bieten könne, sei höchstens ein Service, stellt Rudolf Trapp klar. „Das deckt nicht einmal ansatzweise die Kosten“, betont er. Die Lage ist auch bei Mobau Dörr und Reif in Schleiden und bei Fassbender-Tenten in Blankenheim kaum anders. So berichtet Dominik Kratz, dass in dem Schleidener Markt zur Zeit etwa 15 Prozent des normalen Umsatzes gemacht würden. Zufrieden ist auch Hagebaumarkt-Geschäftsführer Stolz nicht, obwohl er einen Weg gefunden hat, seine Waren zu verkaufen. Der jetzige Umsatz sei „ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Geschätzte acht bis zehn Prozent des normalen Umsatzes mache er nur.
Staatliche Hilfen hat keiner der befragten Märkte beantragt, schließlich, da sind sich die Marktleiter einig, sei im Vorjahr ein guter Umsatz gemacht worden. Doch für die Zukunft sieht Trapp etwa ernsthafte Probleme auf den Markt zukommen.
Kurzarbeit
„Bei mir werden einzelne Bereiche im Januar in Kurzarbeit gehen“, kündigt Obi-Marktleiter Trapp an. Wenn der Lockdown im Februar weitergehe, befürchtet er, dass es eng werde. Doch klein beigeben will er auf keinen Fall: „Wir im Einzelhandel sind es gewohnt zu kämpfen“, betont Trapp.
Beim Mobau in Schleiden sei genug zu tun und keine Kurzarbeit in Sicht. „Wir mussten etwa zu Jahresbeginn alle Preisschilder wegen der Änderung des Mehrwertsteuersatzes austauschen“, so Kratz.
Auch bei Fassbender-Tenten in Blankenheim ist davon noch keine Rede. Bis Ende Januar seien sogar noch drei neue Stellen geschaffen worden, berichtet Mario Hack. „Wir sehen bewusst positiv in die Zukunft“, sagt er.
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Harald Stolz will sich trotz schwieriger Lage für die insgesamt 120 Mitarbeiter in den beiden Filialen einsetzen. Sie will er so lange wie möglich aus der Kurzarbeit heraushalten. Er verleiht der Hoffnung, die wohl sehr viele Geschäftsleute teilen, Ausdruck: „Dass wir am 1. Februar wieder wie gewohnt öffnen können.“