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401-Millionen-VideokonferenzLandrat Ramers bringt seinen ersten Haushalt ein

Lesezeit 5 Minuten
Ramers Haushalt Konfernz

Vor 63 Zuschauern an den Endgeräten: Der Allgemeine Vertreter des Landrats, Manfred Poth (l.), bei seiner wohl letzten und Landrat Markus Ramers bei seiner ersten Haushaltseinbringung. Kämmerer Ingo Hessenius meisterte auch das Video-Format.

Kreis Euskirchen – Doppelte Premiere: Erstmals hat Landrat Markus Ramers (SPD) einen Haushalt in den Kreistag eingebracht und erstmals geschah das Ganze in einer Videokonferenz. Die erste Zahl des Zahlenwerks nannte Ramers sofort: 96. Mit so vielen Folien machte Kreiskämmerer Ingo Hessenius den Entwurf des Jahres 2021 auch für Laien verständlich. Grünen-Fraktionschef Jörg Grutke chattete sogleich begeistert: „Ein gelungenes Format und gewohnt prof. Präsentation.“

Wie viel Geld gibt der Kreis 2021 aus?

401 Millionen Euro an Aufwendungen hat Hessenius im Entwurf eingeplant (siehe auch „Die Top 10 der Ausgaben des Kreises“) . Davon können die Kreistagsmitglieder aber nur über 3,2 Millionen (0,8 Prozent) selbst bestimmen. Der Rest ist fix.

Warum darf der Kreistag so wenig bestimmen?

Weil über 71 Prozent der Ausgaben woanders entschieden wird: etwa in Köln beim Landschaftsverband Rheinland (LVR), der den Kreis in diesem Jahr mit 50,4 Millionen Euro zur Kasse bittet. Dafür tut der LVR sehr viel für Menschen mit Behinderungen und für die Kultur (etwa LVR-Freilichtmuseum Kommern, Tuchfabrik Kuchenheim) im Kreis. Unter dem Strich, so teilt der LVR regelmäßig mit, erhalte der Kreis an Leistung mehr, als er zahlt.

30,9 Millionen Euro fließen in den Bereich Soziales, der aber von der Bundesgesetzgebung bestimmt wird. Gleiches gilt für die Ausgaben im Jugendbereich, für den Kämmerer Hessenius 71 Millionen Euro im Etatentwurf eingeplant hat.

Über welches Geld darf der Kreistag bestimmen?

Über die sogenannten freiwilligen Leistungen, die aber so freiwillig nun auch nicht sind. Denn es ist schlicht unmöglich, dass der Kreistag etwa die 470 Millionen freiwilliger Betriebskostenzuweisungen für Kitas an die kommunalen Träger streichen würde. Zu diesen freiwilligen Ausgaben in einer Gesamthöhe der erwähnten 3,2 Millionen Euro gehören auch 326 000 Euro für Pflege- Betreuungs- und Unterstützungskräfte an den Schulen, 125 000 Euro Zuschuss für die Verbraucherzentrale oder 80 000 Euro für den Breitbandausbau – alles Projekte, für die sich die Politik mal entschieden hat und sie weder stoppen will noch kann.

Woher bekommt der Kreis das ganze Geld?

Von oben und von unten. Oben ist das Land, dass laut Hessenius’ Berechnungen 33,5 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen aus dem Steueraufkommen nach Euskirchen überweist.

Die Top 10 der Ausgaben des Kreises

1. Umlagebetrag an den Landschaftsverband: 50,4 Millionen Euro2. Kindertageseinrichtungen: 31 Millionen3. Hilfe zur Erziehung: 20,2 Millionen4. Ambulante Hilfe zur Erziehung: 9,9 Millionen5. Personalwirtschaft: 7,7 Millionen6. Leistungen für Pflegebedürftige: 7,4 Millionen7. Neubau und Unterhalt von Straßen: 7,4 Millionen8. Verkehrsunternehmen; 7,2 Millionen9. Pflegewohngeld: 6,7 Millionen Euro10. Grundsicherungsleistungen im Rahmen von Hartz IV: 6,3 Millionen

Unten sind die elf Städte und Gemeinden, die die Kreisumlage an den Kreis zahlen, weil der ja sehr viele Aufgaben für sie übernimmt. Da rechnet der Kämmerer mit 87,5 Millionen Euro. Somit müssen die Kommunen immerhin 3,34 Millionen Euro weniger zahlen als in 2020. Um die Städte und Gemeinden in diesen schwierigen Zeiten nicht so sehr zu belasten, schlagen Ramers und Hessenius vor, satte zehn Millionen Euro aus der Rücklage des Kreises zu nehmen. Die Anteile der Kommunen an der Kreisumlage richten sich im Übrigen nach deren Steuerkraft: Daher bezahlt das große Euskirchen 34,5 Prozent, das immer noch große Mechernich 13 Prozent, das kleine Nettersheim 3,4 und das noch kleinere Dahlem 2,1 Prozent von den 87,5 Millionen Euro.

Für das Jugendamt stellt der Kreis den Kommunen insgesamt 72,4 (plus 7,4) Millionen, für den ÖPNV 7,2 (plus 1,7) Millionen und für den Betrieb der Förderschulen 1,8 (plus 37 800) Euro in Rechnung.

Den Rest seiner Ausgaben finanziert der Kreis über kleinere Einnahmen: etwa 2,4 Millionen über Gebühren oder gewisse Zulagen von Land und Bund.

Welche Rolle spielt Corona im Etat 2021?

Das weiß so recht noch keiner. Fest steht, dass im Etatentwurf schon mal 4,24 Millionen Euro eingeplant sind: 3,6 Millionen sind für Personal- und Sachkosten vorgesehen. Rund 782 000 Euro fallen als pandemie-bedingte Personalkosten an, doch die tragen Bund und Land. Ohnehin ist noch nicht klar, wie mit den Schulden, die durch die Pandemie entstehen, umgegangen wird.

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Der Kreis kann sie bis 2025 als nichtig ansehen („isolieren“) und ab dann 50 Jahre lang abstottern. Er kann sie aber auch 2025 über die Rücklage ausgleichen. Weil bei fast allem, was der Kreis macht, die Städte und Kommunen über die Kreisumlage mit im Boot sitzen, hat Ramers den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zugesagt, dass sie bei dieser Entscheidung eingebunden werden.

Wie geht es nun weiter?

Kein Etat geht so aus dem Kreistag, wie er hineingeht. In den nächsten Wochen beraten die Fraktionen über den Entwurf – wohl auch das virtuell.

Ab März, so hofft Ramers, könne dann auch wieder in den Ausschüssen leibhaftig debattiert werden. Unterdessen bekommt Hessenius immer mehr Zahlen und Daten, die das Werk hier und da noch ein wenig verändern und die er dann in Form von sogenannten Veränderungslisten an die Politik weiterreicht.

Zudem steht der Kreis-Kämmerer den Fraktionen Rede und Antwort – und am 14. April entscheidet der Kreistag über den Haushalt 2021. Ab dann beginnt der Abgleich der Planungen mit der Wirklichkeit. Das Ganze hat Ingo Hessenius in den vergangenen Jahren immer gut gemeistert. In diesen Jahren wurde stets mit einem Überschuss abgeschlossen, der die Kreisumlage und damit die elf kreisangehörigen Städte und Gemeinden entlastete. Ob das auch 2021 gelingt? Über allem schwebt die Pandemie.