Landwirtschaft im Kreis Euskirchen„Wir wollen Lösungen zeigen, nicht nur klagen“
Kreis Euskirchen/Dom-Esch – Eines der zentralen Probleme, mit dem die Landwirtschaft in diesem Jahr zu kämpfen hat, wird schon auf dem Weg zum Hof von Familie Frisch in Dom-Esch deutlich: Der Landwirt, der gerade mit seinem Schlepper einen abgeernteten Acker in der Nähe von Euskirchen bearbeitet, wirbelt eine mächtige Staubwolke hinter seiner Maschine auf. Die Trockenheit hat den gesamten Berufsstand in den vergangenen Jahren vor immer wieder neue Herausforderungen gestellt – und das ist in diesem Jahr nicht anders.
Bewässerung wird immer wichtiger
„Ohne Beregnung könnten wir die Pflanzen, die jetzt noch in der Erde sind, nicht am Leben halten“, sagt Willi Frisch, der zusammen mit seinem Sohn Moritz den 160 Hektar großen Betrieb bewirtschaftet. „Bei den Kartoffeln müssen wir wahrscheinlich sogar kurz vor der Ernte noch einmal beregnen, denn die Erde ist teilweise so hart, dass sie sonst bei der Ernte Beschädigungen an den Kartoffeln verursachen könnte“, macht Moritz Frisch deutlich.
Landwirtschaft im Kreis Euskirchen
Im Kreis Euskirchen gibt es aktuell noch rund 1100 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von jeweils mehr als fünf Hektar, informiert Paul-Heinz Müller, Geschäftsführer der Kreisbauernschaft.Der Großteil der Betriebe wird im Nebenerwerb geführt: „Nur etwa 40 Prozent der Bauern sind im Haupterwerb tätig“, sagt Helmut Dahmen.
Stark zurückgegangen ist die Zahl der Schweinehalter: Während es vor 30 Jahren noch 60 große Betriebe mit insgesamt rund 20 000 Schweinen im Kreis gegeben habe, sei die Zahl aktuell auf nur noch drei größere Produzenten mit derzeit 2500 Schweinen geschrumpft. „Die Kapazitäten, die bei uns abgebaut werden, werden zum Beispiel in Spanien neu gebaut“, beklagt Heinrich Weidenfeld. (thw)
Die zunehmende Trockenheit ist aber nur eines von vielen Problemen, das die Bauern in diesen Tagen beklagen: „Die Landwirtschaft hat mit einer noch nie dagewesenen Kostenexplosion in fast allen Bereichen zu kämpfen“, betont Helmut Dahmen, der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Euskirchen: „Dünger ist 300 bis 400 Prozent teurer geworden, Futtermittel um 100 Prozent und Energie ebenfalls um 50 bis 100 Prozent.“ Gerade beim Dünger sei zudem auch die Verfügbarkeit ein großes Problem.
Lösungsvorschläge aufgezeigt
„Wir wollen aber Lösungen aufzeigen, nicht nur kühmen“, tritt Dahmen dem Vorurteil entgegen, die Mitglieder seines Berufsstandes würden sich gerne und ausgiebig über ihre wirtschaftliche Situation beklagen.
Ein zentraler Punkt ist daher für den Chef der Bauern im Kreis Euskirchen, dass es zu keiner weiteren Ausweitung der Produktionsbeschränkungen für die Landwirtschaft kommen dürfe: „Es ist gut, dass Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir in der aktuellen Situation die geplante Stilllegung von vier Prozent der Ackerfläche zurückgenommen hat, aber das muss auch dauerhaft erfolgen“, sagte Dahmen.
Die deutsche Landwirtschaft produziere auf höchstem Niveau. Um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen, regte er weitere Maßnahmen an: So sollte zum Beispiel durch die weiterverarbeitende Industrie eine Absenkung des Mindestproteingehaltes für Brotgetreide akzeptiert werden.
Dadurch könnte, wie von der Politik gefordert, der Einsatz von Düngemitteln reduziert werden – gleichzeitig würde sich laut Dahmen dadurch die Erntemenge, die für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stünde, vergrößern: „Wir wollen ja mehr für die Menschen produzieren, nicht nur für die Tiere oder den Tank.“
„Pflanzenschutz unverzichtbar"
Den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sieht Dahmen als unverzichtbar an: „Für unseren Kreis bedeutet das, dass wir sonst auf etwa 35 bis 40 Prozent der Ackerflächen keine nachhaltige landwirtschaftliche Bewirtschaftung durchführen könnten.“
Außerdem wünscht sich die Kreisbauernschaft ein beschleunigtes und auf europäischer Ebene einheitliches Zulassungsverfahren. Es könne nicht angehen, dass alle vom gemeinsamen Markt profitierten, in Deutschland aber strengere Regeln beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angelegt würden als in Polen oder Spanien.
Viele Probleme für Tierhalter
„Das gilt in gleicher Weise natürlich auch für bauliche Vorschriften oder die Höhe der Löhne“, kritisiert Heinrich Weidenfeld aus Kommern, der mit einigen Berufskollegen aus dem Kreisgebiet ebenfalls zum Ortstermin nach Dom-Esch gekommen war.
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Vor besonderen Herausforderungen sehen sich die tierhaltenden Betriebe, deren Zahl auch im Kreis immer weiter zurückgeht: Veränderte Konsumenten-Bedürfnisse träfen hier auf die sich verändernden gesetzlichen Bestimmungen zur Tierhaltung, was zum Beispiel den Bau neuer Ställe notwendig mache. „Zehn Prozent der Tierhalter im Kreis Euskirchen geben pro Jahr auf.
Den Betrieben fehlt in der aktuell schwierigen Einkommenssituation einfach der Mut für Investitionen“, sagt Dahmen. „Aber wer soll zum Beispiel den Vertragsnaturschutz machen, wenn es die Landwirte nicht mehr gibt?“, fragt Dahmen. Eine Lösung für dieses Problem hat er nicht.