Belastung für Kinder, Lehrende, ElternPutins Krieg ist in den Schulen allgegenwärtig
Kreis Euskirchen – Der Krieg in der Ukraine ist auch in den Schulen im Kreis Euskirchen ein großes Thema – sei es in Pausengesprächen oder im Unterricht.
An der Marienschule in Euskirchen ist der Krieg in der Ukraine allgegenwärtig. In der Aula stapeln sich haltbare Lebensmittel, die Lehrer, Schüler und Eltern gespendet haben und am Wochenende vom Kinderhilfswerk „Little Lambs“ mit in die Ukraine genommen werden.
Im Foyer läuft das Schullogo, das mit einer Friedenstaube versehen und in die ukrainischen Landesfarben getaucht worden ist, in Dauerschleife über einen Monitor.
Schulleiter Michael Mombaur hat nach eigenen Auskunft bereits mehrere Anrufe von russischstämmigen Eltern erhalten, die sich Sorgen um ihre Kinder machen. „Sie haben mich darum gebeten, auf die Schülerschaft einzuwirken, damit die Russen nicht alle über einen Kamm geschoren werden. Das sei nicht der Krieg der Russen, sondern der von Putin“, berichtet Mombaur.
„Mit Fassungslosigkeit schauen wir auf die Ereignisse in der Ukraine. Als Europaschule, die sich dem Frieden und der Freiheit, der Toleranz und der Völkerverständigung verpflichtet fühlt, sind wir sehr betroffen von einem menschenverachtenden, zynischen Krieg, der grundlegende europäische Werte zerstören möchte“, Michael Mombauer, Schulleiter der Marienschule Euskirchen
Er hat auf der Startseite der Schulhomepage einen offenen Brief veröffentlicht. „Mit Fassungslosigkeit schauen wir auf die Ereignisse in der Ukraine. Als Europaschule, die sich dem Frieden und der Freiheit, der Toleranz und der Völkerverständigung verpflichtet fühlt, sind wir sehr betroffen von einem menschenverachtenden, zynischen Krieg, der grundlegende europäische Werte zerstören möchte“, schreibt Mombaur.
Schülerinnen und Schüler aus 25 Nationen
Eine Positionierung, die nicht bei allen Schülern gut angekommen sei, so der Schulleiter. Ins Detail gehen möchte der Schulleiter nicht, sagt aber: „Wir haben Schüler aus 25 Nationen bei uns. Wir sind Europaschule. Wir lassen uns von unserem Weg nicht abbringen.“
Vor wenigen Tagen habe er ein Gespräch mit einer russischen Mutter geführt, das ihm nahegegangen sei. „Sie erzählte mir, dass sie in Russland wegen ihres deutschen Namens als Nazi beschimpft worden sei und nun in Deutschland als Russin beschimpft werde“, so Mombaur.
Menschen in der Ukraine und Geflüchteten helfen
Die Schulleiterin der Gesamtschule Mechernich, Dagmar Wertenbruch, kann nicht über Konflikte unter den Schülerinnen und Schülern berichten. Vielmehr seien die Schüler aktiv geworden, wollen sich Aktionen überlegen, wie sie den Menschen in der Ukraine und den Geflüchteten helfen können und gleichzeitig ein Zeichen für Solidarität und Frieden setzen.
Allerdings hatten die Schülerinnen und Schüler aufgrund von beweglichen Ferientagen bis einschließlich Dienstag schulfrei.
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Im Unterricht werde das Thema vor allem in den Fächern Gesellschaftslehre, Sozialwissenschaften und Geschichte aufgegriffen, allerdings nicht anhand von Nachrichten behandelt. „Die Lehrer sprechen das Thema an und die Schüler äußern ihre Sorgen und Ängste“, sagt Wertenbruch. Vor allem Schülerinnen und Schüler mit eigener Fluchterfahrung „brechen in Tränen aus“, schildert Wertenbruch. Da versuchen die Lehrerinnen und Lehrer so gut es geht individuell zu unterstützen, sagt die Schulleiterin.In einer sechsten Klasse der Gesamtschule in Weilerswist spielt der Krieg im Unterricht eine Rolle. Klassenlehrer Michael Kolber und Referendarin Sophie Lobigs haben mit ihren Schülern Briefe und Botschaften verfasst. „Sie sollen zeigen, dass wir da sind. So wie man es eben macht, wenn Freunde in Not geraten“, erklärt Kolber.
Eine Kundgebung der Schülervertretung (SV) hat es noch nicht gegeben. Schulleiter Stephan Steinhoff will die SV aber unterstützen, sollte ein solcher Wunsch aufkommen. „Nach Pandemie und Flut werden wir mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert. Und wieder sind die Lehrer genauso betroffen wie Schülerinnen und Schüler“, sagt Steinhoff.
Bezirksschülervertretung
„Für uns sind drei Dinge ganz wichtig: Aufklären, unterstützen, Zeichen setzen“, sagt Ida Görlitz, stellvertretende Vorsitzende der Bezirksschülervertretung. Die Schülervertretung werde alle Schulen aufrufen, sich im Unterricht mit dem Krieg in der Ukraine auseinanderzusetzen. Das solle dazu dienen, ein Bewusstsein für Fake-News zu schaffen. „Wir werden sämtliche Solidaritätsaktionen unterstützen“, so Görlitz. (tom)
In der Grundschule Flamersheim gibt es laut Schulleiter Sebastian Wexel mindestens eine Schülerin aus der ersten Klasse, deren Großeltern in der Ukraine leben. „Das Mädchen und die Familie ist ziemlich durch den Wind“, sagt der bedrückte Schulleiter. Es habe eine Klassengespräch gegeben, in dem die Situation des Mädchens thematisiert worden sei. „Die Mitschülerinnen und Mitschüler können das kaum nachvollziehen und verstehen“, sagt Wexel.
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Die Realschule Schleiden versucht das Thema Krieg in der Ukraine mit in den Unterricht einzubauen, wo es passt. So habe sich beispielsweise die 10. Klasse im Geschichtsunterricht mit dem Kalten Krieg, dem Warschauer Pakt und den Interessen Putins beschäftigt, berichtet Schulleitern Birgit Barrelmeyer.
Realschule Schleiden: „Wir moderieren die Themen und lassen den Austausch zu.“
Vor allem die Zusammenhänge des Konflikts, die unterschiedlichen Positionen, Bündnissysteme wie die Nato und ob Deutschland auch betroffen seien könnte, würden derzeit interessieren. „Wir moderieren die Themen und lassen den Austausch zu.“ Dazu gehöre aber auch, den Freiraum für andere Dinge zu schaffen und den Kindern den richtigen und bewussten Umgang mit Nachrichten zu vermitteln.
„Den ganzen Tag Nachrichten zu schauen, ist zu viel des Guten, besonders unter psychischen Aspekten“, so Barrelmeyer.
Kinder mit Fluchterfahrungen aus Syrien sehr betroffen
Barrelmeyer bemerkt, dass vor allem Kinder mit eigener Fluchterfahrung aus Syrien sehr aufmerksam hinschauen und betroffen sind. „Die Ereignisse, die die Kinder erfahren haben, sind einfach sehr prägend.“
Von einer ruhigen Situation berichtet Georg Jöbkes vom Johannes-Sturmius-Gymnasium in Schleiden. Wenn der Wunsch unter den Schülerinnen und Schülern besteht, werde das Thema von den Lehrern aufgegriffen und sie würden informieren. Aber das Thema werde mit einer „gewissen Gelassenheit“ angegangen, so Jöbkes.
Keine Konflikte schüren
Die Schülervertretung bespreche derzeit, ob eine Solidaritätsaktion in der Schule gestartet werden soll. Da es aber auch Schülerinnen und Schüler mit russischem Backround gebe, sei man da vorsichtig und wolle keine Konflikte schüren.
Thomas Müller leitet in Euskirchen die Gesamtschule. „Wir haben den Kollegen freigestellt, wie sie mit dem Thema umgehen. Je nachdem, was sie in der Klasse spüren“, sagt Müller, der auf der Schulhomepage ebenfalls eine Stellungnahme verfasst hat. Konflikte innerhalb der Schulgemeinschaft habe es bisher nicht gegeben.