Starke Nachfrage und wenig Personal: Bei Kunden des Straßenverkehrsamts in Euskirchen führt das zu Frust. Der Kreis verspricht Besserung.
StraßenverkehrsamtBei der Zulassungsstelle Euskirchen sind Termine weiter rar
Frust und Beleidigungen seien derzeit an der Tagesordnung, berichtet Susanne Aleksander, Chefin des Straßenverkehrsamts im Kreis Euskirchen. Der Grund: keine freien Termine, um Fahrzeuge zuzulassen, abzumelden oder technische Veränderungen eintragen zu lassen.
Zuletzt habe ein Kunde sogar sein Smartphone gegen die Scheibe der Zulassungsstelle geworfen, weil er ohne Termin zum Kreishaus gekommen und wieder nach Hause geschickt worden sei. Letztlich musste er nicht nur nach Hause, sondern auch raus aus dem Verwaltungsgebäude. „Wir haben ihm Hausverbot erteilt“, sagt Susanne Aleksander.
Der traurige Höhepunkt: Ein Smartphone flog gegen die Scheibe
Es sei der traurige Höhepunkt in den vergangenen Wochen gewesen, in denen der Druck auf dem Kessel immer größer wurde. Auch in der Redaktion dieser Zeitung gingen immer wieder Anrufe und E-Mails ein, mit denen Leserinnen und Leser auf die Terminproblematik aufmerksam machten.
Die Straßenverkehrsbehörde ist die meistbesuchte Abteilung der Kreisverwaltung. 60.000 Vorgänge werden laut Kreis pro Jahr abgewickelt. Zu den Ab- und Anmeldungen von Fahrzeugen kommen statistisch die Dienstleistungen hinzu, die seit einiger Zeit online abgewickelt werden können. Die Zahl der Online-Zugriffe auf das Serviceportal des Straßenverkehrsamts steige, sagt Susanne Aleksander: „Auch, weil die Termine für den Schalter knapp sind.“
Seit zwei Monaten ist der Andrang in Euskirchen besonders groß
Seit etwa zwei Monaten gebe es den Ansturm auf das Straßenverkehrsamt (SVA). Woran es liegt, kann die Chefin der Behörde nicht genau erklären. Aber sie versucht es: „Die Preise für Leasingfahrzeuge sind wohl recht günstig. Vielleicht liegt es daran.“ Oder daran, dass die Menschen keine Lust mehr auf Krisen hätten und sich wieder etwas gönnten, führt sie aus.
Vor der Corona-Pandemie habe es in jedem Frühjahr einen Anstieg bei den Terminanfragen im SVA gegeben, weil die Bürger im März und April ihre Saisonfahrzeuge wie Cabrios, Oldtimer, Wohnmobile oder Motorräder anmeldeten, so Aleksander. Nach Corona, der Flut und der Energiekrise sei dieses „Frühlingshoch“ aber ausgeblieben – bis jetzt.
Zu den stark gestiegenen Terminanfragen komme, dass die Personaldecke aktuell ziemlich ausgedünnt sei – beispielsweise krankheitsbedingt oder weil eine schwangere Mitarbeiterin wegen des Kundenkontakts ein Berufsverbot erhalten habe. „Viele Anfragen auf der einen Seite, weniger Personal auf der anderen – eine Kombination, die leider viele Unannehmlichkeiten für die Kunden, aber auch Mehrarbeit für unsere Mitarbeiter mit sich bringt“, sagt die SVA-Chefin.
Man sei aber nicht untätig gewesen. So habe man zum 1. Juli zwei neue Vollzeitstellen besetzen können. Ab August soll ein weiterer Mitarbeiter seinen Dienst antreten. „Wir haben immer wieder Initiativbewerbungen. In diesem Fall hatten wir mit den Kündigungsfristen Glück. Mit etwas Pech hätten die neuen Mitarbeitenden erst zum 1. September ihre Stellen bei uns antreten können“, sagt Aleksander.
Was der Kreis tut, um die Lage zu entschärfen
Doch die Personaldecke aufzustocken ist nicht alles, was der Kreis unternommen hat, um möglichst schnell wieder mehr Termine für die Bürger im Serviceportal anbieten zu können.
Bisher konnten und mussten Zulassungsdienste über das Buchungssystem im Serviceportal der Kreisverwaltung ihre Termine für das SVA vereinbaren. Und das taten sie auch – in großen Mengen. „Die haben sicherlich Personal abgestellt, um die Kontingente abzugreifen“, mutmaßt Aleksander: „Teilweise haben die Dienstleister bis zu 100 Termine täglich blockiert, 50 sind es bestimmt immer gewesen.“
Oft waren morgens schon alle Termine vergeben – das soll sich ändern
Das wird sich ab dem 1. Juni ändern. Was sich nicht ändern wird: Drei Wochen im Voraus sind Termine im SVA grundsätzlich buchbar. Immer um kurz nach Mitternacht werde um einen Tag im Kalender vorgerückt, sodass immer drei Wochen buchbar seien, erklärt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises Euskirchen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis waren dann in den Morgenstunden schon alle Termine ausgebucht – weil kurz nach Mitternacht die Dienstleister schon zugeschlagen haben.
Auf dieses Vorgehen hat der Kreis reagiert und dem Ganzen einen Riegel vorgeschoben. Zulassungsdienstleister können von Juni an über das Serviceportal keine Termine mehr buchen. Sie sind laut Aleksander über dieses System ausgeschlossen worden. Dennoch können die Dienstleister die Angebote für ihre Kunden aufrechterhalten – nur eben auf einem anderen Weg.
Dienstleister müssen beim Kreis Euskirchen jetzt andere Wege gehen
Die Zulassungsdienste haben die Möglichkeit, die erforderlichen Unterlagen täglich bis spätestens 8.30 Uhr im Büro A 088 – sozusagen am Hintereingang des Kreishauses – in einer Dokumententasche abzugeben. „Wir gewährleisten nicht, dass die Unterlagen noch am selben Tag abgearbeitet werden“, so Aleksander. Das sei den Dienstleistern aber egal. „So wie wir Kapazitäten haben, oder an einem Nachmittag, an dem kein Schalterdienst angeboten wird, arbeiten wir die Aufträge ab“, erklärt sie.
Die Serviceunternehmen können dann an drei Tagen in der Woche zu bestimmten Zeiten die Unterlagen abholen. „Zu diesen Zeiten können alle bis zur Abholung bearbeiteten Unterlagen mitgenommen werden. Sollten die gesamten Unterlagen vorher abgearbeitet sein, wird der Zulassungsdienst telefonisch informiert“, so die SVA-Chefin.
Das SVA Euskirchen arbeitet nur noch mit verbindlicher Terminabsprache
Apropos Telefon: Wer das Serviceportal der Kreisverwaltung nicht nutzen möchte, hat die Möglichkeit, eine Hotline zur Terminbuchung zu nutzen. Allerdings, sagt Aleksander, habe der Dienstleister am anderen Ende der Leitung auch nur die Möglichkeit, die freien Kapazitäten über das Serviceteil zu buchen.
Ohne Termin zur Kreisverwaltung zu kommen und zu warten, bis ein Termin frei wird, oder „mal so dazwischengeschoben zu werden“, ist seit drei Jahren nicht mehr möglich. Seit diesem Zeitraum setzt das SVA auf die verbindliche Terminvergabe.
Doch auch beim Kreis gilt „keine Regel ohne Ausnahme“ – auch wenn sich eine Art „Notfallvorsprache“ nicht bewährt habe, sagt Aleksander: „Notfälle sind immer sehr subjektiv. Wenn hier jemand steht, der unbedingt an einer Oldtimer-Rallye teilnehmen möchte, aber keinen Termin bekommt, ist das für ihn ein Notfall. Es gibt aber auch Menschen, denen droht der Verlust des Jobs, wenn sie kein Auto haben.“
Diese unterschiedlichen Definitionen eines Notfalls hätten immer wieder zu Diskussionen geführt. Also sei man beim Prozedere der Terminbuchungen geblieben. Aber, so Aleksander, für wirkliche Härtefälle, wenn es beispielsweise existenzbedrohend sei, werde immer eine Lösung gefunden.
An einem Samstag ließen zehn Kunden ihre Termine verfallen
Wäre es denn keine Lösung, den Bürgern mehr als drei Wochen Termin-Vorlaufzeit zu gewähren? „Nein“, sagt Aleksander: „Je länger die Vorlaufzeiten sind, desto mehr Termine werden wild gebucht. Dann erhalten die Leute aber doch vorher einen Termin oder es ändert sich sonst etwas. Dann wird der Termin nicht storniert und alle ärgern sich.“
Kürzlich seien samstags allein zehn Bürger nicht erschienen, ohne abzusagen. „Das ist natürlich bitter, weil andere die Termine sicher gerne wahrgenommen hätten“, so die SVA-Chefin.
Kreissprecher Andres fügt hinzu: „Die jetzige Situation, die jetzigen Wartezeiten sind definitiv nicht unser Anspruch. Wir brauchen aber noch etwas Zeit, um wieder in für die Kunden bessere Fahrwasser zu gelangen.“ Doch was bedeutet „noch etwas Zeit“? Geht es nach der SVA-Chefin, ist man im August wieder bei einer Vorlaufzeit von einer Woche bei der Terminbuchung.
Bis dahin sollen auch ehemalige Mitarbeiter der SVA helfen. So arbeite eine ehemalige Kollegin, die eigentlich in Rente sei, aktuell auf Mini-Job-Basis. Andere Mitarbeiter abzustellen, sei keine Alternative. Die Einarbeitungszeit betrage drei, vier Wochen, berichtet Aleksander: „Aber nur dann, wenn man vorher in einer ähnlichen Branche, beispielsweise in einem Autohaus, gearbeitet hat.“
Online günstiger als am Schalter
„Eine Abmeldung des Fahrzeugs ist eine Sache von zwei Minuten“, sagt Susanne Aleksander, Leiterin des Straßenverkehrsamts. Das sei eine Dienstleistung, für die Bürger eigentlich nicht mehr zur Kreisverwaltung kommen müssten. „Eine Außerbetriebsetzung ist online auch deutlich günstiger. Die Online-Abmeldung kostet 2,50 Euro. Am Schalter nehmen wir 16,50 Euro“, erklärt Aleksander.
Es gebe weitere Dienstleistungen, die online abrufbar seien, ohne dass man zum Kreishaus müsse. „Voraussetzung ist dafür aber, dass am Personalausweis die PIN-Funktion freigeschaltet ist oder dass man eine Elster-Identifizierungsnummer hat“, erklärt Aleksander. Man werde über die Homepage des Kreises Schritt für Schritt durch die gewünschte Dienstleistung geführt.
Eine Besonderheit seit September: Wenn man sein Auto online erfolgreich angemeldet hat, kann man sofort losfahren. „Man muss sich nur den vorläufigen Zulassungsbescheid ausdrucken. Damit kann man mit den Kennzeichen, die nicht gesiegelt sind, weil man das ja vor Ort im Kreishaus macht, für maximal zehn Tage fahren. Wir schicken innerhalb von zehn Tagen die Siegel zu, die dann nur noch aufgeklebt werden müssen“, so Aleksander. Die PIN für den Personalausweis erhält man per Post. Ansprechpartner ist die jeweilige Kommune. (tom)