Bei dem fünften Skulpturen-Workshop der Heimbacher Kunstakademie entstehen im Heimbachtal aus Baumstämmen Adler, Kerze und Labrador.
HolzkunstBei Skulpturen-Workshop im Heimbachtal entstehen Adler und Kerze
„In situ“ wird es in der Kunst genannt, wenn der Künstler nicht in seinem Atelier aktiv ist, sondern dort arbeitet, wo sich entweder sein Motiv oder sein Material befindet. Wie im Heimbacher Wald, wo am Samstag der fünfte Workshop begann, der dort die Holzbildhauerei zum Thema hatte.
Fichten, die dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind, waren etwas höher abgesägt worden als normalerweise üblich und standen so den eifrigen Schülern der Kunstakademie zur Verfügung. „Normalerweise werden die Baumstämme in die Akademie geliefert, jetzt kommt die Akademie direkt in den Wald“, sagte Holger Hagedorn, der mit Ernesto Marques den Workshop leitete.
Entwickelt haben das Konzert Revierförsterin Ute Hass und Akademiedirektor Prof. Dr. Frank Günther Zehnder. Es ist der fünfte derartige Kurs der Heimbacher Kunstakademie, und so hat sich der Waldweg im Heimbachtal zu einer Entdeckertour entwickelt. Wer dort unterwegs ist, wird immer wieder unversehens mit Kunst konfrontiert.
Aus beschädigten Stämmen entstehen Thermometer oder menschliche Figuren
Mitten im Wald verändert sich das Bild, da hat der Mensch die Gestaltung wieder in seine Verantwortung übernommen und eröffnet damit eine komplett neue Sicht auf den Wald und seine wirtschaftliche und ökologische Bedeutung für den Menschen. Da ist aus den beschädigten Stämmen ein Thermometer, eine menschliche Figur oder auch einmal die Burg Hengebach entstanden.
Auf einmal wird deutlich, auch wenn die Natur so unberührt und machtvoll erscheint, wie sehr der Mensch gerade in den Wirtschaftswald eingreift und ihm seine Lebensart aufzwingt. Volker Viktor war am Samstagmorgen als Erster vor Ort. „Die anderen treffen sich noch in der Kunstakademie und kommen dann hoch“, sagte er. Er selbst hatte sich den Umweg gespart und war direkt an seinen Arbeitsplatz gegangen. Er wohnt schließlich im Heimbachtal und hat daher die kürzeste Anreise zu seinem Waldatelier.
Rund 40 Teilnehmer arbeiteten bereits an 25 Baumstämmen
Von Anfang an war Viktor bei dem Projekt dabei, das im April dieses Jahres mit dem ersten Kurs gestartet ist. „Ich habe die Teilnahme als Geburtstagsgeschenk erhalten“, berichtete er. Immer wieder war er seitdem unter Anleitung unterschiedlicher Dozenten bei den Workshops dabei. Bisher haben neben Hagedorn und Marques Ralph Kleiner, Adrian Lenz und Sven Rünger die Kurse geleitet.
Rund 40 Teilnehmer haben seitdem etwa 25 Baumstämme bearbeitet, teilte Marielle Bruno de Sá von der Kunstakademie Heimbach mit, nachdem sie mit den Dozenten und anderen Teilnehmern des Kurses im Wald eingetroffen war. Noch viel mehr sollen in den nächsten Jahren dazukommen, denn entlang des kompletten Rundwegs von rund 1,2 Kilometern Länge im Heimbacher Wald sollen die Stämme bearbeitet werden, sodass die Holzkunst-Route entsteht.
Rund zehn Jahre lang werden die bearbeiteten Stämme zu sehen sein, bevor die Natur sich das tote Holz wieder zurückholt und der Kreislauf des Lebens von Neuem startet. „In jeder Krise steckt eben auch eine Chance; wir ergreifen die Chance, im nachwachsenden Wald Kunst zu machen“, zitierte Hagedorn eine alte Weisheit.
Denn nicht nur der Borkenkäfer hat in dem Areal, in dem die Kunstschaffenden aus der Akademie unterwegs sind, seine Spuren hinterlassen. Auch die Wassermassen des Heimbachs, die den Ort vor zwei Jahren überspülten, hatten hier ihren zerstörerischen Ursprung. „Sensationell, wie das jedes Mal anders aussieht“, freute sich Hagedorn auf die künstlerische Arbeit in der Natur.
Die Dozenten schneiden die Figuren mit der Motorsäge grob vor
Mit der Motorsäge schnitten die Dozenten grob die Form vor, die ihren Studenten vorschwebte. Diese machten sich dann an die Feinarbeit. Drei Teilnehmer hatte der Kurs an diesem Morgen, einige hätten wegen Krankheit absagen müssen, so Bruno de Sá. So stehen auch einige unvollendete Skulpturen im Wald.
Volker Viktor machte sich daran, die Kerze, die aus dem vom ihm erwählten Baumstamm erwachsen ist, fertigzustellen, während Vera Philipp aus Eschweiler begann, dem roh gesägten Adler, den sie sich hat schneiden lassen, die richtige Form zu geben. 20 Kurse habe sie bereits an der Heimbacher Kunstakademie belegt, und auch im Wald ist sie nicht zum ersten Mal. „Ich habe die Hengebachburg gemacht“, sagte sie stolz über ihr erstes Werk, das 200 Meter weiter bachabwärts am Wegesrand zu sehen ist.
Und diesmal „soll es eine Eule werden“, kündigte sie an. Zum ersten Mal dabei war Rita Porwol. „Ich male sonst in Öl und Aquarell“, sagte die Heimbacherin. Nun soll zum ersten Mal Holz ihr Material werden. Sie wählte sich einen Stamm, in dem sie den Kopf des Labradors ihres Sohnes sieht. Die Fläche kenne sie gut, hier sei sie oft mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann gewandert. „So etwas macht mir Spaß“, freute sie sich auf die Arbeit im Waldatelier.