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Bilanz 2024Der Arbeitsmarkt im Kreis Euskirchen trotzt allen Krisen

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt das Gebäude der Agentur für Arbeit in Brühl.

Die Agentur für Arbeit in Brühl (Foto) und das Jobcenter legen Wert darauf, Leute fit zu machen für den Arbeitsmarkt.

Die Agentur für Arbeit Brühl blickt auf das zurückliegende Jahr: Auffällig ist der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit im Kreis Euskirchen.

Wie lässt sich im Rückblick auf das vergangene Jahr der Arbeitsmarkt im Kreis Euskirchen bewerten? Anja Daub, „Geschäftsführerin operativ“ in der Agentur für Arbeit Brühl, berichtet von erfreulichen, aber auch von negativen Entwicklungen. Trotz konjunktureller Unsicherheiten, hervorgerufen durch die Energiekrise und die Kriege in der Ukraine und in Nahost, zeigte sich der hiesige Arbeitsmarkt widerstandsfähig, lautet Daubs Fazit.

Die Arbeitslosenquote lag im Kreis Euskirchen im Schnitt bei 5,8 Prozent

Die Arbeitslosenquote belief sich 2024 im Durchschnitt auf 5,8 Prozent – nach 5,6 Prozent im Jahr davor. Am höchsten war sie im Februar, im Juli (jeweils 6,0) und im August (6,1), bevor sie sich zum Jahresende bei 5,7 Prozent einpendelte. Im Vergleich zu NRW (7,5) stand der Kreis mit seinem Durchschnittswert von 5,8 Prozent recht gut da. Allerdings gab es auch deutlich bessere Zeiten, wie Daub ergänzt: 2019, vor der Pandemie, betrug die Durchschnittsquote 4,9 Prozent.

2024 waren im Kreis Euskirchen durchschnittlich 6287 Menschen arbeitslos gemeldet – 301 oder 5,0 Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. Die Zahl der Arbeitslosen, die Leistungen durch das Jobcenter Eu-Aktiv erhielten, stieg um 202 (plus 5,2 Prozent) auf 4048.

Ein aussagekräftiger Indikator ist für die Agentur stets die Zahl derjenigen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Sie stieg im Kreis im Vergleich zu 2023 leicht, um 186, auf 59.790 und lag damit so hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist im Kreis Euskirchen auffallend hoch

Auffällig hoch fiel der Anstieg bei der Jugendarbeitslosigkeit aus. Unter diesem Begriff werden Betroffene im Alter von 15 bis 24 Jahren erfasst. Während ihre Zahl in NRW um 8,6 Prozent wuchs, erhöhte sie sich im Kreis Euskirchen um 15,4 Prozent auf 583.

„Das ist eine schlechte Entwicklung. Die Jugendlichen sind unsere Fachkräfte von morgen“, betont Anja Daub und spricht von einem Potenzial, das die Arbeitgeber für sich nutzen sollten. Junge Menschen auszubilden und anschließend stetig weiter zu fördern, sei „die beste Investition in die Zukunft“.

Anja Daub ist Geschäftsführerin operativ der Agentur für Arbeit in Brühl. Sie hält eine gelbe Aktenmappe in den Händen und steht an einer Glastür mit drei Logos der Arbeitsagentur.

Eine Bilanz des vergangenen Jahres zog Anja Daub, „Geschäftsführerin operativ“ in der Agentur für Arbeit Brühl.

Dass die Zahl der jungen Leute ohne Arbeitsstelle zum dritten Mal in Folge gestiegen ist, führt die Geschäftsführerin hauptsächlich auf zwei Gründe zurück: Zum einen hätten viele ausländische Jugendliche in letzter Zeit ihren Integrationskursus abgeschlossen und würden nun in der Arbeitslosenstatistik erfasst. Zum anderen – „da müssen wir ehrlich sein“, so Daub – seien unter den Betroffenen viele Schulabgänger, die in der Pandemie weder Praktika absolviert hätten noch in den Genuss einer Berufsberatung in der Schule gekommen seien: „Ihnen fehlt dadurch die Orientierung.“

Diejenigen, die sich bei der Agentur melden, würden dort intensiv betreut, versichert Daub.

Gute Integration, aber zahlreiche Menschen ausländischer Herkunft ohne Job

Die Zahl der Arbeitslosen im Kreis mit ausländischer Herkunft hat nach Angaben der Brühler Agentur weiter zugelegt, um 191 oder 10,8 Prozent. Bei Geflüchteten gelte wie bei den jungen Arbeitslosen, dass viele in den zurückliegenden Monaten ihre Integrationskurse abgeschlossen hätten und nun dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden, erklärt Geschäftsführerin Daub.

Gleichzeitig unterstreicht sie: „Die Integration geflüchteter Menschen kam 2024 gut voran.“ So seien im März – jüngere Zahlen lägen nicht vor – 332 Ukrainerinnen und Ukrainer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen. Das seien 143 mehr als ein Jahr zuvor. Bei den Flüchtlingen aus den acht Hauptherkunftsländern stieg die Zahl um 75 auf 991. „Das ist ein guter Erfolg“, sagt Daub mit Blick auf beide Gruppen.

Die Langzeitarbeitslosigkeit steigt, die Nachfrage sinkt

Entgegen dem Trend in NRW hat die durchschnittliche Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr ohne Stelle waren, deutlich zugenommen. Sie lag im Kreis bei 2279 und damit um 136 oder 6,3 Prozent höher als 2023. Landesweit betrug die Steigerung 4,8 Prozent.

Der Agentur für Arbeit Brühl und dem Jobcenter Eu-aktiv wurden im vergangenen Jahr 3122 freie Stellen zur Besetzung gemeldet, 674 weniger als 2023. Ein wichtiger Grund dafür seien konjunkturelle Unsicherheiten, so Daub. Hinzu komme, dass viele Stellen nicht besetzt werden könnten, weil es an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern fehle. Deshalb legten die Agentur und das Jobcenter Wert darauf, Leute fit zu machen für den Arbeitsmarkt. „Die Anforderungen werden immer höher, deshalb wird die berufliche Qualifikation immer wichtiger.“

Für die kommenden zwei Monate rechnet die Brühler Agentur allein schon saisonbedingt mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Anja Daub geht gleichwohl davon aus, dass der Arbeitsmarkt im Kreis Euskirchen robust bleibt. Man dürfe die Situation aber nicht zu locker sehen.

Mehr denn je gelte es, „zukunftsorientiert in die Fachkräftesicherung zu investieren“. Wichtige Themen seien Weiterbildung, die Potenziale arbeitsloser Menschen, die duale Ausbildung junger Leute und die Integration von Geflüchteten.